Der Mann im weißen Hemd ist vom neuen Audi TT begeistert. Als der Ingolstädter Sportler an ihm vorbeifährt, dreht er sich und schaut dem Auto noch lange nach. Das ist nicht die einzige Gelegenheit, bei der der TT für knackende Halswirbel sorgt. Die schärferen Formen der dritten Generation mit dem dreidimensionalen Kühlergrill und den schmalen blitzenden LED-Scheinwerfern kommen offenbar gut an. Das gilt auch für den Innenraum. Der bietet, was die Verarbeitung angeht, die typisch solide Audi-Kost und das ist in diesem Zusammenhang durchaus positiv gemeint. Allzu fummelige Elemente, wie die Jet-Luftaustrittsdüsen beim Audi A3 haben die Interieur-Designer verbessert. Jetzt ist es aber etwas aufwendiger, bis der Luftstrom genau da landet, wo man ihn haben will: erst die Düsen auswählen (tief, mittel oder hoch) und dann die Richtung mit dem Drehkranz definieren.
Allerdings kann nur der Fahrer die Temperatur regeln. Ein Resultat des neuen Purismus des Mobiliars. Ein zentrales Display sucht man beim TT vergebens. Also eben mal dem Beifahrer darum bitten, die Adresse ins Navigationssystem einzugeben, ist nicht. Der Co-Pilot hat auch nicht die Chance sich während der Fahrt mit dem Radioprogramm zu beschäftigen und das sorgt allemal für Ärgernisse, wenn man nicht allein unterwegs ist. Beim TT folgt die Form der Funktion und da dreht sich alles um das digitale Display in der Instrumententafel, das Audi fast schon so feiert, wie die Neuerfindung des Quattro-Antriebs. Dank der Rechen-Power, die aus dem Zusammenspiel mit den Grafik-Spezialisten von Nvidia resultiert, ist der Anblick der virtuellen Instrumente gelungen. Erstmals sind Drehzahlmesser und Tacho gestochen scharf und gleichen ihren analogen Pendants. Doch so gut das Display auch ist ? nur eines hinter dem Lenkrad ist zu wenig des Guten. Daher dringend nachbessern und wieder ein zweiten in der Mittelkonsole einführen, dann sind die Informationen auch übersichtlicher.
Denn das allzu verschachtelte Bedienkonzept hat seine Schwächen. Den Ingolstädter Mensch-Maschinen-Spezialisten gelingt es nicht, die Handhabung ihrer Menüs intuitiv zu gestalten. Die kontextorientierte Handhabung beziehungsweise die Simulation der rechten Maustaste ist nicht lupenrein umgesetzt. Durch die Reiterstruktur und die Fokussierung auf den einen großen Bildschirm, muss sich der Fahrer mit Hilfe unterschiedlicher Tasten am Lenkrad und den Drehknopf durch mehrere Menüs klicken. Das Speichern der Lieblings-Radiosender geht nicht so leicht von der Hand, wie etwa bei BMW. Es fehlen auch Pull-Down- oder Pull-Up-Menüs, die schnellen Zugriff auf diese Radiostationen bieten, wenn gerade die Navigation läuft und die Karte im Display angezeigt wird. Die Verkehrszeichenerkennung funktioniert nicht immer einwandfrei: So zeigte der Bildschirm bei einem Autobahnstück der A9 Richtung Norden beharrlich 70 km/h an, obwohl das Fahrzeug sich bereits auf der Autobahn befand, auf der eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h herrschte.
Der Blick auf dieses Grafikspektakel kommt aus einer zu hohen Sitzposition – in dem schnittigen Audi TT steckt doch mehr VW Golf, als man optisch ahnt. Die Sportsitze sind zwar bequem, aber bestehen im Grunde aus einem Stück, eine ideale Anpassung der Kopfstützen ist daher nicht möglich und die Seitenwangen lassen sich überhaupt nicht verstellen. Der 2.0-Liter-TDI-Motor macht dagegen wirklich Laune. Die Kraft der 135 kW / 184 PS und des maximalen Drehmoments von 380 Newtonmetern, reichen völlig aus, um Spaß zu haben. Das Triebwerk schiebt mächtig und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 241 km/h kann man auch auf den Autobahnen gut auf der linken Spur mithalten. Der Antritt ist mit 7,1 Sekunden von null auf 100 km/h ist ebenfalls energisch genug. Allerdings macht sich durch die Kombination des aufgeladenen Diesels und der Sechsgang-Handschaltung ein deutlich spürbares Turboloch unterhalb von 2.000 U/min bemerkbar.
Dagegen überzeugt das Fahrwerk in Bezug auf die Fahrdynamik auf der ganzen Linie. Wenn man es nicht wüsste, würde man kaum glauben, dass man in einem Auto mit Frontantrieb sitzt, so souverän zieht der 1.265 Kilogramm schwere Zweisitzer seine Bahnen. Selbst enge Kurven bringen ihn nicht aus der Ruhe und mit der ausreichend präzisen Lenkung fährt man gern von der Autobahn ab und stürzt sich voller Freude auf die Landstraßen in der Umgebung. Nur beim sehr ambitionierten Herausbeschleunigen aus engen Kehren rüttelt und zerrt es etwas am Volant. Allzu starkes Untersteuern wie man es von den beiden Vorgängermodellen kannte, sind weitgehend abgestellt. Leider ist die Kombination aus Diesel, Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb nicht zu bekommen. Auf langen Strecken macht sich die sportliche Fahrwerksabstimmung durch ein etwas hölzernes Abrollen bemerkbar. Allerdings waren beim Testwagen breite 19-Zoll-Räder montiert, was dem Komfort nicht zuträglich ist. Der Testverbrauch lag bei 6,8 Litern und ist damit nennenswert höher, als die im Datenblatt versprochenen 4,2 Liter pro 100 Kilometer. Der Tank schluckt 50 Liter ? so bekommt der Fahrer den Tankwart nur selten zu Gesicht.
Wer mit einem Roadster zum Möbelhaus fährt, um Regale zu kaufen, steht offenbar auf Experimente. Doch das heißt nicht, dass man von jeder Einkaufstour mit leeren Händen zurückehrt. Der Kofferraum fasst 305 Liter und wenn man die Lehnen der Rückbänke umlegt, sind es sogar 712 Liter Volumen. Aber wir haben es hier mit einem zweisitzigen Coupé zu tun. Neben der hohen Ladekante (81 Zentimeter) fällt die Heckklappe stark nach hinten ab, was die Höhe des Gepäckabteils deutlich reduziert und es so unmöglich macht große Taschen dort unterzubringen. Die muss man schon nach vorne schieben, auf die Rückbank stellen oder eben die Lehnen umlegen. Aber wer einen Audi TT fährt, kann mit solchen Unwägbarkeiten locker leben. Das gilt auch für den Preis, denn der Basispreis von 35.900 Euro ist trotz alles andere als opulenter Serienausstattung alles andere als zu teuer. Sparen kann man allemal noch beim Dieselverbrauch. Für einen gut ausgestatteten Audi TT 2.0 TDI mit LED-Scheinwerfern, unverzichtbarer Navigation, beheizten Sportledersitzen und schmucken 19-Zöllern pendelt sich der Preis jedoch schneller als einem lieb ist, bei knapp 50.000 Euro ein.
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Wolfgang Gomoll / Stefan Grundhoff; press-inform