Beim Zulieferer spricht man von nichts Geringerem als einer Neudefinition der Messung der Bremsperformance von Pkw-Reifen. Die Basis dazu bildet das Prüffahrzeug AVA (Analytic Vehicle AIBA). Übersetzt und ohne Akronym handelt es sich dabei um eine automatische, wetterunabhängige Bremsanalyse. Die Unabhängigkeit von Witterungsbedingungen sichert dabei eine 350 Meter lange, vollklimatisierte Hightech-Halle mit auswechselbaren Fahrbahnbelägen. Die Reifenentwickler können im nahe Hannover gelegenen Jeversen ihre Tests auch unabhängig von fahrzeug- oder modellspezifischen Eigenschaften durchführen.
Um die Leistungsfähigkeit von Reifen weiterzuentwickeln, gilt es Einblick in deren Bremsperformance wie auch in die Kraftübertragung zwischen Reifen und Fahrbahnoberfläche zu erhalten. Wichtig ist Boris Mergell zufolge, der die Forschung und Entwicklung des Reifenbereichs leitet, das Verhalten während des Kurvenfahrens oder bei Richtungswechseln. AVA nimmt dazu technologisch Anleihen bei Achterbahnen und deren elektromagnetischen Linearantrieben. Ein solcher beschleunigt das Testmobil bei Continental auf eine Prüfgeschwindigkeit von 65 km/h. Dann erfolgen mehrere vollautomatisierte Bremstestmanöver. Das Antriebssystem des AVA ist mit zwei elektrisch angetriebenen Achsen ausgestattet, die von einer Hochleistungsbatterie versorgt werden. Das eingebaute Bremssystem verfügt über Brake-by-Wire-Technologie aus dem Automotive-Bereich. Anders als bei herkömmlichen hydraulischen Bremssystemen wird das Bremssignal hier auf elektronischem Weg übermittelt.
25 Millionen Prüfstands- und Testkilometer jährlich
AVA kommt im Automated Indoor Braking Analyzer zum Einsatz, der 2012 in Betrieb genommenen wurde. Auf der dortigen 75 Meter langen Teststrecke können Bremstests auf unterschiedlichen Straßenbelägen stattfinden. Die Hightech-Halle verfügt im klimatisierten Teil über bis zu fünf Fahrbahnen, die hydraulisch gewechselt werden können. In der wetterunabhängigen Einrichtung können bis zu 100.000 Bremsversuche jährlich auf trockener, nasser und sogar vereister Fahrbahn durchgeführt werden. Die Anlage ist in eine 350 Meter lange, bis zu 30 Meter breite Halle integriert.
Wie das Unternehmen meldet, legen neue Reifenmodelle vor dem eigentlichen Produktionsstart jährlich rund 25 Millionen Kilometer auf Prüfständen und Teststrecken zurück. Dieser enorme Aufwand sei das Fundament für die Qualität der Reifen, heißt es bei Continental. Im vergangenen Jahr stellten die Hannoveraner Tests mit Hilfe eines dynamischen Fahrsimulators vor, wodurch sich rund 10.000 Reifen pro Jahr einsparen lassen.