Die Hiobsbotschaften für Dieselfahrer reißen nicht ab. Nach dem VW-Dieselskandal ist die Motorengattung der Selbstzünder immer weiter in Verruf geraten. Begriffe, wie "Stinker-Diesel" oder "Umweltverpester" machen die Runde. Jetzt werfen deutsche Metropolen wie Stuttgart oder München das Menetekel der Diesel-Fahrverbote an die Wand. Im Fokus stehen vor allem Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 5. Galten diese Selbstzünder vor ein paar Jahren als Muster an energietechnologischer Effizienz, sind sie nun als NOx-Sünder in Verruf geraten.
Selbst der ADAC rät momentan davon ab, einen Diesel zu kaufen: "Unsere Empfehlung ist, mit einem Neuwagenkauf eventuell noch zu warten, bis im Herbst Modelle mit dem Standard Euro 6D auf den Markt kommen", erklärte der Vizepräsident des Automobilclubs Ulrich Klaus Becker gegenüber der Wochenzeitung "Die Zeit". Heißt also nichts anderes, als dass die Besitzer von Euro 5- und sogar Euro 6-Dieselmodellen in (naher) Zukunft mit ihren Fahrzeugen auf dem Abstellgleis landen. Die EU rechnet sogar mit dem baldigen Aus für Dieselfahrzeuge. "Solange das Thema der möglichen Fahrverbote, wie ein Damoklesschwert über dem Deutschen Markt hängt, werden die Diesel-Käufe weiter zurückgehen", sagt Professor Stefan Bratzel Direktor des Center of Automotive Management (CAM).
Übrigens sind selbst die bislang als unantastbar geltenden Euro 6-Diesel nicht zu 100 Prozent vor der Aussperrung sicher. Reinhard Kolke, Leiter Test und Technik beim ADAC erklärte gegenüber dem TV-Sender mdr: "Es gibt in der Tat auch schon entsprechende Gerichtsverfahren gegen Kommunen. In denen wurde diskutiert, ob die Möglichkeit besteht, alle Diesel auszusperren". Allerdings scheint die Gefahr, dass diese Schadstoffklasse in den Städten außen vor ist, relativ gering zu sein. Schließlich sollen Nachrüstlösungen, die eine Harnstoff-Einspritzung beinhalten, die Emissionen zuverlässig auf das geforderte Maß zu reduzieren. Weniger effiziente Lösungen, wie eine reine Software-Nachrüstung wird die Dieselproblematik nicht lösen. "Das wäre eine reine Symptom-Bekämpfung, so bekommt das Diesel-Thema nicht vom Tisch. Dazu ist die öffentliche Meinung viel zu aufgeheizt", meint Automobil-Experte Stefan Bratzel.
Partieller Preisrutsch
Derweil brechen die Verkäufe von Dieselfahrzeugen ein. Im Mai sanken die Neuzulassungen laut dem Kraftfahrzeug-Bundesamt (KBA) um 0,9 auf 40,4 Prozent. Einst lagen diese Werte bei Deutschlands vormaligen Lieblingsmotor bei über 50 Prozent. Auch beim Gebrauchtwagenmarkt steigt der Druck auf die Modelle mit Selbstzünder-Triebwerk. Deutschlands größte Automobilbörse "mobile.de" verzeichnete bis zum 22. Mai 11,5 Prozent mehr Diesel-Inserate als im Vorjahr, gepaart mit einem partiellen Preisrutsch, der bei manchen Modellen sogar bis zu sieben Prozent ausmacht. Zudem fiel der Durchschnittspreis für einen Golf Diesel um rund 1.000 Euro und der eines 3er BMWs gar um 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vom VW Tiguan wurden in der Online-Autohandelsplattform zu diesem Zeitpunkt 40 Prozent mehr Exemplare als noch vor einem Jahr angeboten - und das im Schnitt um 5,4 Prozent günstiger. "Die Verunsicherung der Endverbraucher über die Zukunft des Diesels erreicht besorgniserregende Dimensionen", befürchtet DAT-Geschäftsführer Jens Nietzschmann. Die Konsequenz: Die Restwerte der Dieselfahrzeuge befinden sich im Sinkflug.
Doch die Diskussion rund um den Dieselmotor und das VW "Dieselgate" sind nicht die einzigen Gründe für das Abrutschen des Diesel-Gebrauchtwagenpreises. Ein ganz wichtiger Faktor ist laut Maarten Baljet, Director Sales & Consulting bei bähr & fess forecasts GmbH, die sich auf Restwert-Vorhersagen spezialisiert haben, eine Angebotsschwemme bei gebrauchten Dieselfahrzeugen. Schließlich werden diese Automobile hauptsächlich von Firmen als Dienstwagen gekauft und fluten jetzt den Gebrauchtwagenmarkt, das trägt zur schlechten Restwertprognose bei.
Die Frage lautet nun, was tun? Panikverkäufe sind sicher das falsche Mittel, da die Hersteller an Nachrüstlösungen arbeiten. Beim Kauf eines Diesels rät Maarten Baljet dazu, ein klares Fahrprofil zu erstellen, bei dem unter anderem folgende Punkte berücksichtigt werden: Was ist die zu erwartende Laufleistung? Fahre ich mit dem Auto überhaupt in eine Großstadt, bei der ein Fahrverbot droht? Wie lange wird das Auto gefahren? Und: wie teuer ist das Fahrzeug? Letztendlich sollte man das Restwert-Risiko, das aktuell mit einem Diesel verknüpft ist, in den Preis miteinbeziehen. Die Mehrheit Deutschen scheinen diesen Rat zu beherzigen, wenngleich die Zahl der Diesel-Skeptiker steigt. Studien der Deutsche Automobil Treuhand GmbH (DAT) zufolge, will jeder vierte Autofahrer seinen Diesel sofort loswerden, während 67 Prozent abwarten.