Einmal im Jahr findet auf dem Areal der Geheimnis umwitterten Teststrecke in Ehra-Lessin der große „Jahrmarkt“ der Konzern-Forschung statt, bei dem den Führungskräften die neusten Technologien präsentiert werden. Im Nachgang an die dreitägige Veranstaltung hatten dann noch rund 50 Journalisten die Gelegenheit, sich zumindest einen Einblick zu verschaffen, was sich in Wolfsburg hinter ansonsten verschlossenen Labortüren tut.
Lighthouse-Projekt läuft seit vier Jahren
Erstmals auch auf der Teststrecke zu erleben waren dabei die Protoypen von zwei vielversprechenden Motorentwicklungen, mit denen aktuelle Verbrauchswerte signifikant reduziert werden können, beim Benziner um über 20 Prozent, beim Diesel gar um 25 bis 30 Prozent. Das wohl bemerkt unter Real-Drive-Gesichtspunkten.
Beide Entwicklungen wurden vor vier Jahren, also noch vor Bekanntwerden des Abgasskandals im Rahmen des C02-Lighthouse-Projektes gestartet und haben das Ziel, eben di e C02-Emissionen nochmals deutlich zu drücken.
Einspritzdruck von 3.000 bar
Auch auf der Diesel-Seite haben Motorenforscher das Potenzial für weitere Verbrauchsreduzierung ausgelotet. Dabei war gleichzeitig wichtig, die NOx-Emissionen im Praxisbetrieb nachhaltig zu senken. Beides sei in überzeugender Weise gelungen, heißt es von VW-Seite. Basis des Dieselmotors bildet ein Dreizylinder mit 1,5 Liter Hubraum. Er ist mit einem weiterentwickelten Brennraum und neuen Kolben sowie vollvariablem Ventiltrieb an Ein- und Auslassseite, umfangreichen Paketen zur Reibungsreduktion, Wärmespeicher und variablem Kühlkreislauf ausgestattet. Der Einspritzdruck liegt hier bei kaum noch vorstellbaren 3.000 bar. Für weitere Vorteile sorgt ein mit 48 Volt betriebener elektrischer Booster sowie ein 48V-Hybridsystem. Das Einsparpotenzial ist mehr als beachtlich: Mit 25-30 Prozent reduzierten CO2-Emissionen habe man einen aktuellen Golf mit diesem Triebwerk auf der Normrunde bewegt. Für den Konzern besonders vielversprechend: Die gezeigten Technologien lassen sich dabei uneingeschränkt auf andere Pkw-Diesel übertragen. Gegenüber AUTOMOBIL PRODUKTION sagte Entwicklungsvorstand Ulrich Eichhorn, dass dieser Motor eine wichtige Rolle bei einem Revival des Diesel spielen könne.
Allerdings hält man sich beim Autobauer derzeit stark zurück bezüglich weiterer Perspektiven auch dieses Motors. Angesichts der keineswegs ausgestandenen Folgen des Dieselskandals sehe man aktuell keine Chance, das Thema in der Öffentlichkeit zu platzieren: „VW braucht derzeit nicht mit neuen Dieselzhemen zu kommen“, sagt ein Sprecher hinter vorgehaltener Hand in resignativer Selbsterkenntnis.
Nicht weniger vielversprechend lesen sich die Resultate mit Blick auf das parallel laufende Lighthouse-Projekt für den Benziner bei dem man - zunächst ohne Rücksicht auf Kosten – alle derzeit denkbaren Effizienztechnologien integriert. Als Forschungsmotor entstanden ist hier ein hochverdichteter Ottomotor mit variablem Verdichtungsverhältnis, zentral positionierten Einspritzventilen, einer voll variablen Ventilsteuerung an Ein- und Auslassseite, gekühlter Abgasrückführung und einem Otto-Partikelfilter. Das dazugehörige 48 Volt-Hybridsystem arbeitet mit einem zehn Kilowatt starken Elektro-Motor. Das Potenzial ist beträchtlich: Um über 20 Prozent kann dieser Antriebstrang den CO2-Ausstoß gegenüber einem vergleichbar motorisierten Fahrzeug reduzieren.
Ob die Projekte den Sprung von der Forschung in die Entwicklung schaffen, wird jetzt in einer nächsten Stufe ermittelt. Knackpunkt könnten die Kosten sein, wie sich angesichts der extrem aufwändigen Technologien erahnen lässt. VW gibt sich noch zugeknöpft, man spricht aber von Ergebnissen, die eine weitere Entwicklung lohnenswert erscheinen lassen.