Der Absatz von Elektrofahrzeugen hat sich im ersten Halbjahr 2018 deutlich abgeschwächt. Gab es im Vergleichszeitraum 2017 einen Abstieg um immerhin 54 Prozent, so reduzierte sich das europaweiteZulassungsplus in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf 33 Prozent. Unverändert bleiben Deutschland und Großbritannien die beiden größten europäischen Märkte für Elektroautos. Obwohl immer mehr Elektrofahrzeuge angeboten werden, ist die Nachfrage verhalten. Die Interessenten monieren die unverändert hohen Verkaufspreise, denn viele der Elektroautos, die in den kommenden Jahren in den Markt kommen, kosten deutlich mehr als vergleichbare Verbrenner. Dies liegt insbesondere daran, dass die Zellkosten noch immer die Hauptkostenkomponente von Elektroautos sind. So tun sich Fahrzeuge der Oberklasse leichter, Käufer zu finden. Startet ein 110 PS starkes Kompaktklassemodell mit Verbrenner wie der Nissan Pulsar aktuell bei knapp 19.000 Euro, ist ein Nissan Leaf mit ähnlichem Alltagsnutzen erst für 32.000 Euro zu bekommen. Nicht anders sieht es bei Opel (Astra - Ampera E), BMW (1er - i3) oder Renault (Zoe - Clio) aus, wo die Preisunterschiede bisweilen beim Faktor zwei liegen. Das kann auch die nur mäßig in Anspruch genommene Elektroprämie nicht ausgleichen.
Neben den hohen Aufpreisen für die Elektroantriebe legen Reichweiten und Ladenetz vielen potenziellen Käufern noch immer Stirnfalten. Auch wenn sich das Ladenetz sehr langsam verbessert und Serienfahrzeuge mit Reichweiten von 400 Kilometern und mehr locken, sieht es im Alltag nicht nur bei kalten Temperaturen oft anders aus. Mit schnellem Autobahntempo von Köln nach Frankfurt zieht so manches Akkupaket leer, während der Fahrer eines Dieselkombis bei gleichem Tempo noch ein paar hundert Kilometer in der Hinterhand hat. Die aktuell in den Fahrzeugen verbauten Akkupakete mit Lithium-Ionen-Technik werden keinen Reichweitensprung mehr bringen. Dieser steht erst ab 2024 / 2025 an, wenn die ersten Autohersteller auf Feststoffakkus setzen wollen. Vor der Kommerzialisierung gäbe es jedoch noch erhebliche Hindernisse zu überwinden, ehe diese Akkutechnologie in Serienfahrzeugen eingesetzt werden könnte. Nach Ansicht des ausgeschiedenen BMW-Vertriebsvorstands Ian Robertson wird die Batterietechnologie mittelfristig ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal zwischen den Autoherstellern werden. "Wir glauben, dass die nächsten Entwicklungsschritte Batterien von einer Ware in etwas verwandeln werden, das einen technischen Vorteil bringt", so Robertson, "letztendlich wird sich dieser Vorteil wahrscheinlich wieder ausgleichen, aber es wird einen Zeitraum geben, in dem die Batteriekapazität ein bestimmender Faktor in der Wahl wird."
Festkörperbatterien haben einen immensen potenziellen Vorteil gegenüber der derzeit dominierenden Lithium-Ionen-Batteriechemie. Sie haben das Potenzial, eine deutlich größere Energiedichte in einzelne Zellen zu packen, während sie gleichzeitig kompakter und im Laufe der Zeit billiger als herkömmliche Lithium-Ionen-Zellen sind. BMW hat eine technologische Allianz mit Toyota, die die Entwicklung moderner EV-Batteriechemien mit Schwerpunkt auf Lithium-Ionen umfasst. Toyota hat bereits angekündigt, bis 2025 Feststoffbatterien in Serienfahrzeugen anbieten zu wollen. Derzeit sind die Japaner in vielen ihrer Hybridfahrzeuge noch mit Nickel-Metallhydridtechnik unterwegs.
Renault Nissan investiert
Auch die Markenallianz von Renault-Nissan-Mitsubishi arbeitet wie viele Autohersteller und Zulieferer mit Hochdruck daran, in den elektrischen Konzernfahrzeugen bis zum Jahre 2025 die neuen Festkörperbatterien einbauen zu können. Die Technologie verspricht größere Reichweiten bei geringerer Akkumasse zu günstigeren Preisen. Die europäische Industrie hat die Batterieentwicklung für Hybrid- und Elektrofahrzeuge weitgehend verschlafen. Diesen Vorsprung nun noch aufzuholen, scheint unwahrscheinlich. "Es macht keinen Sinn, der heutigen Technologie nachzuspüren", sagt BMW Betriebsrats Peter Cammerer. Stattdessen sollte man sich auf die "Post-Lithium-Ära" vorbereiten, indem die deutsche Industrie ihre gemeinsamen Anstrengungen auf vielversprechende Natrium- oder Magnesium-Ionen-Batterietechnologien konzentriere. Zulieferer Bosch stimmt dieser Einschätzung zu und verzichtet auf den Bau von Lithium-Ionen-Batteriezellen. Das Unternehmen hatte eine Studie durchgeführt, wonach bis 2030 20 Milliarden Euro investiert werden müssten, um ein Fünftel des europäischen Marktes zu erobern.
"Die Technologie verspricht im Vergleich zu aktuellen Lithium-Ionen-Batterien enorme Vorteile hinsichtlich Kosten, Dichte und thermischer Stabilität", sagt Gilles Normand, bei der Renault Group für Elektrofahrzeuge verantwortlich, "es gibt viele Herausforderungen, aber wir machen sehr gute Fortschritte mit dem Ziel, sie bis 2025 auf den Markt zu bringen." Die Allianz von Renault-Nissan-Mitsubishi ist einer von vielen Autoherstellern, die diese Batterietechnologie seit einiger Zeit erforschen. Dazu gehört unter anderem auch BMW, die sich mittlerweile mit Solid Power verbündet haben, während Toyota mit Panasonic kooperiert. Der japanische Autohersteller Honda arbeitet derweil eigenständig an der Entwicklung von Feststoffbatterien.
Hyundai Cradle, zum südkoreanischen Autohersteller Hyundai gehörig, stieg jüngst bei Ionic Materials, einem amerikanischen Start-up-Unternehmen für Feststoff-Batterien, ein. Durch die Partnerschaft will Hyundai die Entwicklung seiner Batterietechnologie bei den kommenden Festkörperbatterien vorantreiben. "Die bahnbrechende Technologie von Ionic Materials könnte die Batterietechnologie heute deutlich verbessern", sagt John Suh, Vizepräsident von Hyundai Cradle, "wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass unsere Autos die saubersten und effizientesten Lösungen bieten. Unsere Investition in Ionic Materials wird uns an der Spitze der Batterieentwicklung halten und es uns ermöglichen, umweltfreundlichere Fahrzeuge zu bauen." Ionic Materials hat ein Kunststoffpolymer entwickelt, um die entflammbaren Flüssigelektrolyten der aktuellen Lithium-Ionen-Batterien zu ersetzen. Dadurch wären die zukünftigen Festkörperbatterien nicht nur sicherer und günstiger, sondern vielmehr könnten diese in einem breiteren Temperaturfenster arbeiten. Anfang des Jahres war bereits bereits Alliance Ventures, ein Ableger der Renault-Nissan-Allianz, bei Ionic Materials einstiegen. Doch bis die ersten Akkus in Serienautos verbaut sind, werden noch einige Jahre vergehen.