Innenraum des Fahrzeugs / Hightech-Textilien gewinnen im Autobau an Bedeutung

Ohne Textilmaterialien ist der Innenraum von Fahrzeugen kaum noch vorstellbar. Gleichzeitig übernehmen Gewebe, Vlies und Fäden weitaus mehr Rollen als auf den ersten Blick sichtbar. (Bild: Faurecia)

Textilien spielen im Automobilbau eine kontinuierlich wichtigere Rolle. Zum Einsatz kommen diese als Natur- oder Chemiefasern in einer Vielzahl von Formaten und  Anwendungen - im Fahrzeuginnenraum, Reifencord, bei Verkleidungen, in Sitzen sowieso. Dazu kommen textilbasierte Filter, Funktions- und Sicherheitssysteme, die längst über Sicherheitsgurte und Airbags hinausreichen. Inklusive Geräuschreduzierung und Isolierung beträgt der faserbasierte Werkstoffanteil pro Pkw im Schnitt 30 bis 35 Kilogramm. Tendenz: steigend.

Autobranche ist Hauptabnehmer für technische Textilien

Der Fahrzeugmarkt ist bereits heute der bedeutendste Abnehmer für technische Textilien - mit einem stattlichen Weltmarktanteil deutscher Hersteller von laut Forschungskuratorium Textil aktuell gut 25 Prozent. Zu den Schlüsselentwicklern und -anbietern am Weltmarkt zählt die Freudenberg-Gruppe. Der Technologiekonzern und Textilgigant bedient dabei den Transportbereich insgesamt – Luft- und Seefahrt, Hersteller von Schienen- und Nutzfahrzeugen und Pkw. Dichtungs-, Schwingungs- oder Filtrationstechnik, Vliesstoffprodukte aber auch langlebige Lager, Spezialschmierstoffe oder Oberflächen- und Galvanotechnik unterstützen die Funktionssicherheit, steigern die mobile Effizienz und tragen zum Komfort der Fahrzeuge bei und schützen ferner die Gesundheit der Insassen.

Textilien sorgen für saubere Luft im Fahrzeug

Der zunehmenden Sensibilisierung für Gesundheitsrisiken durch Feinstaub, Allergene, gasförmigen Schadstoffe oder Viren, die aus der Umwelt in den Fahrzeuginnenraum geraten, begegnet der Mobilitätsausstatter mit Zentralsitz in Weinheim unter anderem mit dem Mikropartikelfilter MicronAir Blue. Das System basiert auf einem neuartigen Verbundmaterial, das verschiedene Filtereigenschaften kombiniert. Synthetische Fasern mit unterschiedlicher Dichte werden verwendet, um grobe bis ultrafeine Partikel abzufangen.

„Die zuverlässige Adsorption von Gerüchen und Gasen wird durch eine einzigartig gestaltete Aktivkohleschicht gewährleistet“, erläutern die Produktverantwortlichen. „Zusätzlich zur Aktivkohleschicht ist der Filter mit einer Funktionsschicht ausgestattet, die Allergene hocheffizient und dauerhaft denaturiert“, demonstriert man vor Ort in Weinheim. Die mit Nano-silberfreien, langzeitstabile Additiven ausgerüsteten Filter sind für Fertigungsstandorte  innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) bereits zugelassen. Für den US-Markt dürfte der Launch zu erwarten sein, wenn die anstehende Registrierung bei der United States Environmental Protection Agency (US EPA) abgeschlossen ist.

Hightech-Textilien bringen Licht an den Autohimmel

Integrierte Schalter und Sensoren, elektrisch leitende und gar selbstleuchtende Materialien – Textilforschung und –industrie arbeiten mit Hochdruck an der nächsten Generation faserbasierter Hightech-Lösungen für mehr Effizienz und verbesserte Leistungsmerkmale. Und die diversen Cluster haben umwälzende Ergebnisse vorzuweisen, vielfach Gamechanger für automobiles Design und Produktentwicklung.

Aus Chemnitz stammt etwa die Nachrüstidee zum Tuning des Autohimmels: die Ingenieure des Sächsischen Textilforschungsinstituts entwickelten jüngst eine Matte aus 3D-Spezialvlies mit integrierten Lichtwellenleitern. Grundlage bildet die mit optischen Fasern bestickte OptiKnit-Struktur. Deren lichtleitenden und abstrahlenden Fasern werden an eine Lichtquelle angeschlossen. Mit deren Reflexion und Brechung über den Fasermantel wird die gesamte Fläche mit diffusem Wohlfühllicht beleuchtet. Der patentierte Maschen-Vlieswirkstoff bietet sich übrigens auch für die Auskleidung von Radkästen an.

Textile Lichteffekte und Funktionen direkt in den Autoinnenraum bringt auch der Tübinger Textilzulieferer Rökona mit seinen Neuentwicklungen Interfabrics und Lumi Fabrics an den Start. Dazu wurden leitfähige Fäden aus Kohlenstofffasern in Gewirke aus Polyester eingearbeitet. Sie leuchten aktiv und übernehmen mehr Funktionen: „Türverkleidungen, Dachhimmel, Sitze, Mittelkonsole – im Auto sind überall Textilien, die man für Interaktionen aktivieren kann“, sagt Rökona-Geschäftsführer Arved Westerkamp. So sollen sich künftig Spiegel, Fenster oder Beleuchtung direkt über textile Oberflächen im Auto bedienen lassen. Per Gestik und Mimik steuerbare Textilien seien serienreif, versichert der Unternehmer.

Smarte Textilien ersetzen die Heizung

Domaine der baden-württembergischen Ansmann AG sind Batterie- und Ladetechnik sowie Detaillösungen rund um E-Mobilität. Zuletzt lancierte der Zulieferer eine drahtlose Heizfolie mit konstanter Wärmeverteilung. Laut Unternehmensangaben ist die Folie überhitzungssicher und kann auf jede beliebige Form zugeschnitten, geknickt oder gefaltet werden.

Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit in Darmstadt erarbeitete die Ansmann AG unter anderem ein Batteriegehäuse aus naturfaserverstärkten Kunststoffen für den Großserien-Leichtbau, das zunächst bei Lithium-Ionen-Systemen zum Einsatz kommen soll.   

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