Der Recyclinganteil von Autos steigert sich von Jahr zu Jahr. Das umfasst nicht allein Stahl und Aluminium für Plattform oder Karosse, Kunststoffe und die Lieferkette, sondern mehr denn je auch den gesamten Innenraum. Einige Firmen setzen gerade bei edlen Fahrzeugen der Premiumliga auf Leder; andere ersetzen oder ergänzen dies gerade bei Elektrofahrzeugen durch nachhaltige Kunststoffe. Polestar beispielsweise lässt seinen Kunden beim schicken Polestar 4 ebenso die Wahl wie Audi bei seinem Elektromodell Etron GT oder BMW bei seinem neuen i5 / 5er. Porsche hält wie die anderen Luxushersteller aus Europa ebenfalls an Ledersitzen fest.
Die Stuttgarter legen ebenso wie die anderen Marken des Volkswagen Konzerns jedoch besonderen Wert darauf, dass die Tierhäute nachhaltig gefertigt werden. Porsche tritt daher gemeinsam mit den anderen Marken des VW Konzerns der Leather Working Group bei. Die gemeinnützige Organisation mit Sitz im britischen Milton Keynes setzt sich für Transparenz sowie einheitliche Umweltstandards in der Lederlieferkette ein. In den vergangenen Jahren hat die Leather Working Group mehr als 2.000 Mitgliedsunternehmen zertifiziert; das sind 25 Prozent der weltweiten Fertiglederproduktion. Die Mitglieder selbst stammen dabei aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette von Gerbereien über lederverarbeitende Industrien und Verbänden bis hin zu Händlern und Abnehmern.
„Leder ist für die Porsche Kunden ein Qualitätsmerkmal. Zusammen mit unseren Lieferanten setzen wir uns für international akzeptierte Standards ein. Wichtig sind dabei auch die Anlagen, in denen unser Leder hergestellt wird. Sie sollen eine Zertifizierung durch die LWG erhalten“, sagt Barbara Frenkel, Vorständin für Beschaffung bei Porsche. Ebenso wie die anderen Autohersteller auch setzen sich die Volkswagen-Marken für Nachhaltigkeit und Transparenz in der Lieferkette ein.
Anfang 2022 hat Porsche ein materialspezifisches Lastenheft für Leder erstellt, das alle Zulieferer seither einhalten müssen. Unter anderem muss das Herkunftsland der Rohware offengelegt werden und die Firmen maximales Tierwohl sowie eine verantwortungsvolle Lederproduktion garantieren. „Mit der Rückverfolgbarkeit der Lieferketten können Unternehmen sicherstellen, dass sie Leder auf verantwortungsvolle Weise beschaffen. Das steht im Kern unserer Bemühungen", sagt Christina Trautmann, Leiterin der Leather Working Group. „Wir freuen uns auf die aktive Teilnahme von Porsche und den Marken des Volkswagen Konzerns. Mit ihrer Unterstützung wollen wir die Entwicklung von Tools und Methoden vorantreiben, welche die Lederindustrie positiv beeinflussen können.“
Autozulieferer Faurecia zeigt, dass es auch ohne Leder geht. Der Innenraumbereich hat einen Autositz der nahen Zukunft entwickelt, der nachhaltiger denn je ist. Der Clou an dem neuen Faurecia-Sitz ist sein modulartiger Aufbau, denn statt einer sehr großen Anzahl von Komponenten besteht das automobile Sitzmöbel aus einer ungewohnt kleinen Anzahl. Haben moderne Komfortsitze mit Details wie Massagefunktion, Heizung, Belüftung und natürlich elektrischer Verstellung inklusive Memory bis zu 120 Module, so sind es in dem neu entwickelten Faurecia-Sitz gerade einmal derer zehn. Noch wichtiger: diese zehn Module lassen sich an nahezu jeden Fahrzeughersteller und fast jede Sitzrahmenplattform anpassen. Damit können mehrere Automodelle mit deutlich geringeren Vorlaufkosten abgedeckt werden.
Auch beim Thema Kosten geht es um Haltbarkeit und damit den immer wichtiger werdenden Aspekt der Nachhaltigkeit. Denn die modulare Architektur verlängert die Lebensdauer des Sitzes und ermöglicht das Recycling einzelner Module. Der neue Modulsitz macht es einfach, Teile wie Bezüge und Kissen auszutauschen oder mit Funktionen wie Massage, Lendenwirbelstütze, Sensorik, Klangerlebnis und anderen Komfortmodulen über die gesamte Lebensdauer des Sitzes in mehreren Fahrzeuggenerationen aufzurüsten. Der erste Serieneinsatz ist für das Jahr 2025 geplant. Über den Hersteller für den Ersteinsatz hält sich Faurecia aktuell noch bedeckt.
Dieser nachhaltige Ansatz reduziert den CO2-Fußabdruck von automobilen Sitzen durch Rationalisierung des Designs und einen entsprechend geringeren Materialverbrauch. Ergänzend werden die Materialien nachhaltiger als bislang, denn die Bestandteile werden recycelt, wiederverwertet oder stammen gleich aus biologischem Anbau. Zudem sorgen die Materialmischungen für ein vereinfachtes Recycling sowie eine einfachere Montage / Demontage der Sitze bis hin zur Konzentration der Fertigung von Modulen in regionalen Zentren, um den Sitz so nah wie möglich Produktionsort des Fahrzeugs zu montieren. All das sorgt letztlich für 55 Prozent weniger CO2-Emissionen und bis zu 40 Prozent mehr recycelte Inhalte als ein herkömmlich produzierter Autositz.
In den Fahrzeugsitzen kommen dabei die neuen Kunststoffe Auraloop und Ecorium zum Einsatz. Auraloop wurde gemeinsam von Faurecia und Indorama Ventures, weltweit führend in der Herstellung und im Recycling von PET, entwickelt, um die bekannten Schäume für Autositze zu ersetzen. Es besteht aus einer vollständig recyclebaren Struktur von Fasern auf Polyesterbasis und verringert den Kohlenstoff-Fußabdruck von Autositzpolstern, die derzeit aus Polyurethanschaum hergestellt werden, um die Hälfte. Zudem bringt es Vorteile bei Wärmekomfort und Haltbarkeit. Die offene Faserstruktur von Auraloops sowie die erhöhte Luftdurchlässigkeit im Vergleich zu normalen Polsterlösungen verbessert die Atmungsaktivität der Sitze, was eine bessere Wärmeregulierung der Insassen ermöglicht.
Ecorium hingegen ist ein von Faurecia entwickeltes Kunstmaterial als Ergänzung zu Echt- und Kunstleder mit geringem Kohlenstoff-Fußabdruck, das ab Ende des Jahres in ersten Serienmodellen von der Kompakt- bis zur Premiumklasse verbaut werden soll. Dabei ist das Material als Alternative zu Tier- oder Kunstleder nicht nur in Sitzen, sondern auch für Verkleidungen, Oberflächen, Instrumententafel oder Konsole einsetzbar.