Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten, doch nicht jeder fahrbare Untersatz erfreut das Auge. Ein Beispiel, das einem da in den Sinn kommt, ist der vieräugige Fiat Multipla, der so skurril aussieht, dass er es sogar in das weltberühmte New Yorker Museum of Modern Art geschafft hat. Ob es der Megané soweit bringt, wird die Zukunft zeigen. Allerdings steht der Franzosen-Golf gut und satt auf der Straße. Das fängt schon bei den Proportionen an. Die vierte Generation des Megané ist sechs Zentimeter länger als der Vorgänger; dabei tiefer, breiter und hat einen längeren Radstand mit kürzeren Überhängen. Diese Kombination ist sowas, wie der goldene Schnitt beim Automobil-Design, um ein Fahrzeug schon im Stand dynamisch und sportlich wirken zu lassen.
Unterstützt wird das Ganze noch durch die Lichtgrafik: Vorne strahlt das aus dem Talisman bekannte Säbelzahntiger-C und hinten ein geschwungenes Lichterband, die sich über das ganze Heck zieht und dem Hinterteil ein schicke Note verleiht. Das Ganze schaut nicht nur ansprechend aus, sondern leuchtet die Fahrbahn auch hell aus. Mittlerweile ist für den Megané zeitgemäße Voll-LED-Technik erhältlich. Wenn man den Innenraum auf sich wirken lässt, ist das Bemühen der Franzosen, neue Maßstäbe zu setzen, allgegenwärtig. Insbesondere das Thema Illumination wird zelebrieren und so differenziert sich der Megané vom Rest der Golf-Klasse. Die Ambiente-Beleuchtung strahlt ein bisschen heller, als bei den anderen Konkurrenten.
Massagesitze vorne eifern dem übermächtigen Gegner Golf 7 oder dem neuesten Opel Astra nach und komplettieren die fahrbare Wohlfühlzone. Die Gemeinsamkeiten mit dem Innenraum des größeren Bruders Talisman, mit dem sich der Megané die Technik teilt, fallen sofort ins Auge. Vor allem der senkrechtstehende iPad-ähnliche-8,7-Zoll-Touchscreen die zentrale Kommunikationszentrale. Auch das Bedienkonzept ist identisch, genauso eingängig, wenn auch nicht ganz so intuitiv, wie etwa bei einem BMW oder Audi. Die Assistenzsysteme, darunter adaptiver Tempomat, Fernlicht-Assistent und Toter-Winkel-Warner, sind ebenfalls von anderen Renault-Modellen bekannt. Ein dickes Minus gibt es allerdings für die Tatsache, dass das momentan weder ein Android- noch ein Apple-Smartphone in die Bedienung eingegliedert werden kann. Das soll sich bald ändern „Wir arbeiten an einer Lösung. Es wird ein Update geben“, verspricht die Produkt-Direktorin des C-Segments bei Renault Delphine de Andria.
Rings um den Bildschirm befinden sich Knöpfe, mit denen sich einige Funktionen direkt anwählen lassen. Sobald der Sport-R.S-Button gedrückt wird, spannt der 151 kW / 205 PS-starke Megané GT die Muskeln, die digital animierten Rund-Instrumente färben sich bedrohlich rot, die Gasannahme wird unmittelbarer und das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe wechselt die Fahrstufen schneller. Die Kombination mit dem 1.6-Liter-Turbo-Motor funktioniert gut, offenbart aber eine leichte Schwäche beim Ansprechverhalten. Ein Blick auf das Datenblatt unterstreicht das persönliche Empfinden: Das maximale Drehmoment von 280 Newtonmetern steht erst ab 2.400 U/min zur Verfügung. Auch wenn der Megané GT mehr Drehzahlen braucht, ist der Verbrauch mit 6,0 Litern annehmbar.
Obwohl der 1.467 Kilogramm schwere Megané nach 7,1 Sekunden Landstraßen-Tempo 100 erreicht und bis 230 km/h weitersprinten kann, fehlt dem zwangsbeatmeten Triebwerk der richtige Punch, um kräftig durchzuziehen. Vor allem bei höheren Drehzahlen wirkt das Aggregat zugeschnürt. Die Lenkung ist zwar präzise und direkt, aber kein perfekter Mediator des Zustands der Fahrbahnoberfläche an die Fingerspitzen. In den Kurven bleibt der Megané GT neutral und lenkt dank der Allradlenkung willig ein. Wenn es Richtung Grenzbereich geht, zeigt der Franzose eine gutmütige Tendenz zum Untersteuern, die allerdings auch die Thematik einbremst.
Die Kurvenjagd lässt sich auch in der zweiten Reihe genießen. Hinten haben die Kopf und Beine genug Platz, dass es sich auch groß gewachsene Mitteleuropäer einigermaßen bequem machen können. Beim Kofferraumvolumen hat der Renault gegenüber dem Golf GTI (380 bis 1.270 Liter) mit einem Fassungsvermögen von 384 bis 1.247 Litern ganz knapp das Nachsehen, dazu behindert eine hohe Ladekante über die das Gepäck gewuchtet werden muss, das Befüllen des Gepäckabteils. Mit einem Basispreis von 29.090 Euro orientiert sich der Megane ebenfalls am Golf GTI. Der hat zwar 15-Extra-PS, kostet mit mindestens 29.225,00 Euro auch etwas mehr. Außer bei dem Topmodell gibt bereits beim Marktstart im März nächsten Jahres noch weitere Alternativen. Zusätzlich zu den drei Benzinern (74 kW / 100 PS bis 151 kW / 205 PS) stehen noch drei Diesel-Leistungsstufen (81 kW / 110 PS bis 96 kW / 131 PS) zur Auswahl. Im Juni nächsten Jahres kommt noch ein Topdiiesel mit 121 kW / 165 PS und Anfang 2017 wird ein Diesel-Hybrid die Kunden mit einem Durchschnittsverbrauch von weniger als drei Liter pro 100 Kilometer locken.
Wolfgang Gomoll; press-inform