Die Sportwagenhersteller haben es nicht leicht. Jahrelang riss man ihnen neue Modelle ohne nennenswerte Mühen aus den Händen. Wurde ein Modell frisch aufgelegt, wurde er geradezu wild nachgefragt, denn schließlich war das schärfere Design zumeist mit einem nennenswerten Leistungsnachschlag gekoppelt. Höher, schneller, weiter und neuer – das war’s. Doch nennenswert strengere Vorschriften in Sachen Verbrauch und Schadstoffausstoß machen es den Entwicklern immer schwerer. Mit mehr Leistung allein ist es längst nicht mehr getan. Porsche hat aus der Not eine Tugend gemacht und 2013 mit seinem 918 Spyder einen beeindruckenden Supersportler mit Hybridantrieb auf den Markt gebracht. Die limitierte Serie ist längst zu einem millionenteuren Sammlerobjekt geworden. Die Hybridtechnik des 918ers verleiht ab diesem Herbst auch dem Porsche Panamera Flügel. Dem Topmodell Panamera Turbo – mit 550 PS mehr als potent motorisiert – werden durch ein Elektromodul Flügel verliehen.
Denn der doppelt aufgeladene Vierliter-V8-Motor bekommt über das achtstufige Doppelkupplungsgetriebe tatkräftige Unterstützung von einem Elektromotor, der stimmungsvolle 100 kW / 136 PS für den gewünschten Vortrieb besteuert. Bei der Höchstgeschwindigkeit von 310 km/h bedeutet das kein nennenswertes Plus und auch beim Imagespurt 0 auf Tempo 100 ist der Turbo S E-Hybrid nur geringfügig schneller als der 550-PS-Standard-Turbo. Doch je nach Fahrweise kann man im Stecker-Hybriden 25 bis 50 Kilometer rein elektrisch unterwegs sein. „Das erste Mal ist ein Hybridmodell an der Spitze unserer Produktpalette“, sagt Projektleiter Gernot Göllner, „das ist daher auch für uns etwas Neues. Mit ihm beginnt ein neues Zeitalter von Hybriden bei Porsche. Wir konnten die Technologie des 918 Spyder in den Panamera bringen und sind so Best in Class auf der Rennstrecke und auf der Straße.“ So viel Hightech hat seinen Preis. Der Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid kostet mit nennenswerten Lücken in der Ausstattungsliste mindestens 185.736 Euro. Wer sich für die besonders luxuriöse Edelvariante des Executive entscheidet, kratzt an der 200.000-Euro-Marke.
Gewaltiges Übergewicht
Das Technikpaket, das der Fahrer am Steuer genießt, kann sich dafür jedoch allemal sehen lassen. Die gemeinsame Arbeit von Verbrenner und Elektromotor lässt die Gesamtleistung auf 500 kW / 680 PS und gigantische 850 Nm maximales Drehmoment steigen. Im Unterboden des Laderaums sind acht Batteriemodule mit jeweils 13 Lithium-Ionen-Zellen verbaut. Das Ladevolumen reduziert sich im Vergleich zu den reinen Verbrennermodellen daher auf 405 Liter. Wer die im Verhältnis 40:20:40 teilbaren Einzelsitze im Fond umklappt, kann als Gepäckvolumen immerhin auf 1.395 Liter erhöhen.
Der Punsch, den das viertürige Coupé seinen Insassen bietet, ist imposant, mächtig und mehr als beeindruckend. Doch gibt es einen wirklich erfahrbaren Unterschied zum normalen Panamera Turbo, der mit 550 PS und 770 Nm maximalem Drehmoment ebenfalls keine Gefangenen macht? Nein. Denn auch wenn der Elektromotor das ohnehin kleine Turboloch mit seinem Tatendrang überspielt und kräftig boostet, sind die Unterschiede überschaubar; im realen Alltagsbetrieb bei der Fahrdynamik nicht zu spüren. Das liegt insbesondere an dem gewaltigen Übergewicht, das der E-Hybrid mit sich herumträgt. Die Normalversion wiegt gigantische 2,3 Tonnen; die Executive-Variante gar über 2,4 Tonnen. In dieser Liga ist sonst ein Range Rover unterwegs. Und so sehr sich die elektronischen Helfer auch Mühen, Regelsysteme, Wankverhinderer, Allradantrieb und Hinterachslenkung im Grenzbereich ernsthafte Wunder vollbringen – der Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid ist viel zu schwer. Allein das Batteriepaket zieht den Body-Mass-Index mit zusätzlichen 130 Kilogramm herunter. Insgesamt hat der Koloss durch den Elektrorucksack über 300 Kilogramm mehr auf den Rippen.
Wer sich den elektrisierten Turbo S in die eigene Einfahrt holen will, mag wohl ein Statement setzen, mit geldgrünen Logos oder einem offiziellen Normverbrauch von 2,9 Litern glänzen, der mit der Realität wenig zu tun hat. Er kann je nach auserwähltem Fahrprogramm bis zu 50 Kilometer rein elektrisch in Innenstädte rollen und diese ebenfalls elektrisch mit maximal 140 km/h auch wieder verlassen. Elektrisch cruisen ist eine tolle Sache – leise und nach wie vor eine Schau für Insassen und Publikum. Doch dafür gibt es schließlich noch die normale Hybridvariante, die sich ebenfalls an der Steckdose aufladen lässt. Mit seinen 462 PS ist der alles andere als ein müder Krieger und sorgt mit seiner nahezu lautlosen Schleichfahrt immer noch für offene Münder. Der 14 kWh-Akku ist an einer 230 Volt Steckdose nach sechs Stunden wieder voll aufgeladen. In dieser Zeit ist man im Turbo S e-Hybrid-Kraftmaxen luxuriös einmal von München nach Frankfurt gefeuert – und wieder zurück. Das dürfte den meisten wichtiger als ein Elektrobetrieb sein. In China oder den USA dürfte das dagegen ganz anders aussehen.