Bei Porsche haben die Kunden üblicherweise Vorrang. Seit Generationen bekommen diese erst die neue Elfer-Generation zu fahren, während sich die Profis in Person der Rennfahrer meist knapp zwei Jahre gedulden müssen, ehe diese hinter das Steuer der neuen Generation kommen. So ist es auch beim aktuellen Porsche 911 der Variante 992, denn diese wird erst jetzt als GT3-Tourenwagenvariante vorgestellt.
17 Sekunden machen den nicht allzu kleinen und umso feineren Unterschied, denn ohne eine beeindruckende Rekordzeit auf der Nordschleife des Nürburgrings lässt sich eine neue Sportversion kaum publikumswirksam in Szene setzen. Der neue Porsche 911 GT3 umkreiste die 20,8 Kilometer lange Nordschleife des Nürburgrings in 6:59:927 Sekunden und somit einen Hauch unter der magischen Sieben-Minuten-Marke. Das sind jene 17 Sekunden schneller als der alles andere zahme Vorgänger der Generation 991, der seinerzeit die Zeit des erfolgreichen 997 pulverisiert hatte. So weit, so langweilig - oder eben so spannend - ganz wie man es betrachtet. Porsche legt dabei gleich noch einmal nach, denn Entwicklungspilot Lars Kern knackte die Sieben-Minuten-Marke mit dem neuen Rennboliden nicht nur einmal, sondern Markenbotschafter Jörg Bergmeister, mittlerweile ins hauseigene Entwicklerteam gewechselt, fuhr immer wieder Runden auf dem gleichen Niveau. Das soll Konstanz und Haltbarkeit des wild bespoilerten Rennwagens mit Straßenzulassung belegen.
Im Heck des neuen Porsche 911 GT3 der Generation 992 brüllt mit Hochdrehzahl ein alter Bekannter. Während die Serienelfer längst obligatorisch mit Turbopower unterwegs sind, arbeitet im GT3 auch weiterhin ein 4,0 Liter großer Sechszylinderboxer mit nur marginal erstarkten 375 kW / 510 PS. Die Maximaldrehzahl blieb mit 9.000 Touren ebenfalls unverändert und beim maximalen Drehmoment ist der Zuwachs von 460 auf 470 Nm kaum spürbar. Die Ansaugseite setzt wie im Rennsport auf sechs Einzeldrosselklappen. Beachtlich: trotz zweier Ottopartikelfilter wiegt die Leichtbau-Sportabgasanlage etwas weniger als beim Vorgänger.
Technik vom 911 RSR
Der sportlich allzu engagierte Tourenwagenpilot hat die Frage, ob er manuell in die Gangwahl eingreifen will oder dies ein siebenstufiges Doppelkupplungsgetriebe erledigen lassen will. Aus dem Stand beschleunigt der ausschließlich als Hecktriebler erhältliche Porsche 911 GT3 in 3,4 Sekunden auf 100 km/h; bis zur 200er-Marke dauert es 10,8 Sekunden. Für entsprechende Verzögerungen sorgen die neu entwickelten Leichtbau-Bremsscheiben, die mit einem Durchmesser von 408 statt 380 Millimetern deutlich vergrößert wurden, jedoch 17 Prozent weniger wiegen. Ebenso wie die Aluschmiederäder mit Zentralverschluss senken sie die rotatorischen Massen. Abgespeckt hat der GT3 zudem durch spezielle Scheiben, eine Sportabgasanlage aus Edelstahl und zahlreiche Karosseriemodule aus kohlefaserverstärktem Kunststoff. Auf Wunsch gibt es für den schärfsten 992 neben den Sportreifen auch straßenzugelassene Rundstreckenreifen oder einen Überrollkäfig nebst Feuerlöscher.
Erstmals kommt in einem Serienmodell von Porsche die aufwendig neu entwickelte Doppelquerlenker-Vorderachse zum Einsatz, die bereits aus dem Le-Mans-Sieger 911 RSR bekannt ist. Sie wartet unter anderem mit einer höheren Sturzsteifigkeit auf und befreit die Stoßdämpfer von störenden Querkräften. Das Ergebnis ist ein außergewöhnlich agiles Einlenkverhalten und eine berechenbare Fahrbarkeit. Die bewährte Fünflenker-Hinterachse führt die Räder mit zusätzlichen Kugelgelenken für die besonders belasteten unteren Querlenker präziser. Spezielle Stoßdämpfer vereinen größeren Federungskomfort mit verbesserter Rundstrecken-Performance. Hinzu kommt die serienmäßige Hinterachslenkung, die die Hinterräder je nach Tempo um bis zu zwei Grad in oder entgegen der Lenkrichtung einschlagen.
Der neue Heckdiffusor erzeugt viermal so viel Abtrieb wie beim Vorgängermodell, da die Frontdiffusoren im Zusammenspiel mit der breiteren Spoilerlippe für eine deutlich stärkere Anströmung des verkleideten Unterbodens sorgen. In der Summe generiert der neue Porsche 911 GT3 in der Basiseinstellung rund 50 Prozent mehr Anpressdruck als sein Vorgänger. In der Performance-Position steigt der Abtrieb bei Tempo 200 sogar um 150 Prozent. Der Preis für das Rennstreckenvergnügen: mindestens 167.518 Euro. Marktstart ist im Mai - passend zur neuen Rennsaison.