Einst war einer wie der Porsche Cayenne Turbo nahezu allein auf weiter Flur. Ein aufgeladener Achtzylinder sorgte für Fahrleistungen, dass nicht nur dem Fahrer Hören und Sehen verging. Doch die Konkurrenz hat mittlerweile nicht nur auf-, sondern bisweilen auch überholt und das ist für ein Topmodell aus dem Hause Porsche eine wahre Majestätsbeleidigung. Um so mehr, als mittlerweile selbst Modelle von Schwesterfirmen neue Bestmarken in Sachen Fahrdynamik setzen. So ärgert den 550 PS starken Porsche Cayenne Turbo nicht allein ein BMW X5 M / X6 M oder ein Mercedes AMG GLS, sondern auch die potente Konzernware wie ein Bentley Bentayga Speed, ein Audi RS Q8 oder speziell der Lamborghini Urus , die zum Teil über 300 km/h schnell laufen.
Im Sommer gibt es aus Zuffenhausen eine Antwort, die sich gewaschen hat. Allein beim exakten Namen will sich das Entwicklungsteam noch nicht aus der Reserve locken lassen, doch wie der Bolide fährt, darauf ist man stolz und das - wenig überraschend - allemal zurecht. Mit 640 PS und einem Leistungsnachschlag von 90 trampelnden Pferden lässt der sportlichste aller Cayenne die meisten seiner Konkurrenten hinter sich. Ein Dreh am Starter und der V8-Doppelturbo erweckt sonor grollend zu imposantem Klang. Keine Frage, dieser Achtzylinder hat es boxhandschuhdick hinter seinen abstehenden Ohren.
Optisch ist der Auftritt dagegen recht dezent, was nicht zuletzt an der schwarzen Lackierung des Prototypens und einiger Tarnelemente liegt. Für den perfekten Kraftmeierklang sorgt eine Titanabgasanlage, die mittig aus dem Heckdiffusor des allein als Cayenne Coupé angebotenen Porsche herauslugt. Es geht auf der Landstraße von Stuttgart Richtung Hockenreimring, doch es braucht keine Rennstrecke, um zu beweisen, zu was die Kirsche auf der Cayenne-Torte zu leisten im Stande ist. Der Entwicklungsingenieur auf dem Beifahrersitz erwähnt nicht ganz nebenbei, dass das neue Turbo-Coupé aus dem Stand in unter 3,5 Sekunden auf Tempo 100 spurtet. Damit ist das viersitzige Familienmodell genauso schnell wie der neue Vorzeige-Rennwagen aus Stuttgart namens Porsche 911 GT3.
Erst einmal spielt die Höchstgeschwindigkeit auf der Landstraße keine Rolle, doch hier soll endlich auch die 300er-Marke fallen, an der sich der Porsche Cayenne in seinen Turbo-Versionen bisher mit 286 km/h deutlich die Zähne ausgebissen hat. Dabei reckt sich der ausfahrbare Heckspoiler wenig filigran ein paar Zentimeter höher in Luft, was für nennenswert mehr Anpressdruck bei hohen Geschwindigkeiten sorgt. 22-Zoll-Sportreifen sorgen an dem warmen Frühsommertag jedoch nicht für maximale Beschleunigung, sondern eine feine Rückmeldung von Fahrbahn und Kurvenradien. Dabei ist der Über-Cayenne sportlich abgestimmt, aber so kommod, dass man mit ihm bestens auch lange Strecken zurücklegen kann. Dass er das deutlich schneller als viele andere Fahrzeuge schafft, liegt an stattlichen 640 PS, die bei Bedarf nicht nur auf der Autobahn anschieben, als läge morgen bereits schon länger hinter einem. Die neue Quersperre an der Hinterachse sorgt dafür, dass die Motorleistung auch in Kurven nicht sinnlos in Qualm und Gummiabrieb aufgeht, sondern in maximalen Vortrieb umgewandelt werden kann. Das Paket selbst macht Laune und begeistert - auch wenn es sich bei der Kurvenfahrt um einen hoch bauenden SUV der Oberklasse handelt. Dabei ist man im Alltagsbetrieb zumeist flott, aber lässig unterwegs. Dabei heißt es aufpassen, denn der Kurvenjäger ist schneller unterwegs, als man es glauben mag.
Marktstart im Sommer
Dafür verzahnen sich die sportlichen Pirelli-P-Zero-Corsa-Räder an der Vorderachse im Format 285/35 ZR 22 ebenso bissig mit dem Asphalt wie 315er-Pneus am Heck. Die neue Felgendimension 10,5 J x 22 / 11,5 J x 22 lässt die Spur ein Zoll breiter als beim bisherigen Topmodell Cayenne Turbo werden. Technische Feinheiten, die im Paket einen nennenswerten Unterschied ausmachen, der sich zumindest im Grenzbereich allemal erfahren lässt.
Gewohnt exzellent arbeitet nicht nur die Achtstufenautomatik, sondern auch das Fahrwerk. Die Dreikammer-Luftfeder wurde neu abgestimmt und so präsentiert sich diese 15 Prozent steifer als bisher. Dabei kauert sich das neue Topmodell sieben Millimeter tiefer an die Fahrbahnoberfläche als der Cayenne GTS, was zusammen mit der aktiven Wankstabilisierung zu beeindruckenden Kurvengeschwindigkeiten und entsprechendem Fahrspaß führt. An die gestiegene Motorleistung wurden auch die Bremsanlage angepasst. Dabei haben die Keramik-Composite-Bremsen (Durchmesser vorn 44 cm und hinten 41 cm) bei Wiederholungsbremsungen jede Menge Arbeit, dass der rund 2,2 Tonnen schwere Koloss so spektakulär abbremst, wie er spurtet. Doch genau das tut er und gerade das ist eine echte Schau. Da werden sich einige SUV-Fans freuen, dass der neue Porsche Cayenne - mit welcher Nomenklatur auch immer - die rechte Antwort auf die Konkurrenz hat. Besser spät als gar nicht.