Sport ist nicht alles. Wenn am kommenden Sonntag um 16:30 Uhr in Glendale Arizona das 49. Super-Bowl-Finale zwischen den New England Patriots und den Titelverteidiger Seattle Seahawks angepfiffen wird, schieben Pizza-Lieferdienste Sonderschichten, sind die Fleischregale der Supermärkte leergeräumt und die Kühlschränke der US-Amerikaner sind mit Softdrinks und Bier bis zum Bersten gefüllt. Doch es geht längst nicht mehr nur um Sieg oder Niederlage: Das Finale ist zu einem Mega-Ereignis mutiert, das den ganzen Kontinent in den Bahn zieht. Während der Halbzeitpause gibt es traditionell einen Auftritt von Pop-Superstars: Madonna, hat es getan, U2 ebenfalls. Dieses Jahr sind Katy Perry und Lenny Kravitz dran.

Das entscheidende Duell der jeweils elf Gladiatoren, die mit Helmen und Körperschutz um ein Lederei und Raumgewinn kämpfen, sorgt in den USA immer wieder für Rekord-Einschaltquoten. Über 110 Millionen Zuschauer klebten im vergangenen Jahr an diesem “Super Sunday” vor den TV-Bildschirmen. Dieses Jahr werden es nicht viel weniger sein. Vor allem wenn man sich vor Augen hält, dass das letztjährige Finale zwischen den Seattle Seahawks und den Denver Broncos im Grunde schon zu Halbzeit entschieden war; laut dem damals übertragenden Sender “Fox”, erreichte die Einschaltquote Ende des dritten (von vier) Spielvierteln noch einmal einen Höhepunkt.

Dieser TV-Boom hat abstruse Folgen: Die Zuschauer werden in manchen Gegenden gebeten, nicht alle während der Halbzeit oder dem Seitenwechsel zwischen den Spielabschnitten auf die Toilette zu gehen, weil sonst die Kanalisation dieser “Belastung” nicht gewachsen ist. Dass sich Marketing und Vertriebs-Experten diese Chance ein breites Publikum anzusprechen nicht entgehen lassen, ist klar. Das ändert auch der horrende Preis von 4,5 Millionen Dollar pro 30-Sekunden-Werbespot nicht, und Autobauer nutzen die Plattform um in einem möglichst guten Licht dazustehen.

Auch wenn dieses Jahr deutlich weniger Automobile während der Spielunterbrechungen durch das TV-Bild rollen, ziehen Mercedes BMW & Co alle Register. Die Clips sind hochprofessionell produziert, oft spielen TV- und Hollywoodstars neben den vierrädrigen Vehikeln die Hauptrolle. BMW nimmt sich selbst und die beiden Fernsehstars Katie Couric und Bryant Gumbel auf die Schippe. Vor 21 Jahren hatten die beiden Moderatoren des amerikanischen Frühstücksfernsehens gerätselt, was es mit dem “@”-Symbol bei E-Mail-Adressen auf sich haben könnte und dabei keine besonders gute Figur abgegeben. Jetzt sitzen beide in einem weißen i3 und sinnieren wieder, wie dieses Auto so lautlos funktioniert. Gumbel vermutet unter dem fassungslosen Blick einer Radfahrerin, dass das E-Mobil mit Windkraft angetrieben wird.

Mercedes nutzt für den 60-Sekunden-Film das berühmte Fabelrennen zwischen der Schildkröte Toby Tortoise und dem überheblichen Hasen Max Hare. Diesmal schlägt das Reptil den hoppelnden Gesellen durch seine Gewitztheit. Auf dem Weg zum Ziel sieht er eine Fabrik, beobachtet die Fertigung eines Mercedes GT, springt in das Auto, verbläst den jetzt panisch rennenden Hasen und hat dabei ein breites Grinsen auf dem Gesicht.

Im vergangenen Jahr bot Jaguar Stars wie Ben Kingsley, Tom Hiddleston und Mark Strong auf und kreierte einen Werbespot, der rund um den Globus Gefallen fand. Kia zaubert mit Pierce Brosnan etwas internationales Flair auf den Bildschirm. Unter dem Titel “The Great Getaway” (dt. die große Flucht) bekommt der Ex-James-Bond-Darsteller von seinem Agenten eine Rolle erklärt, bei der er in einem Kia SUV zu einer einsamen Hütte fährt. Statt Scharfschützen und Panzern, wie Brosnan es vermutet, säumen Eulen und Elche den Weg und in der Hütte, die nicht explodiert, wartet eine hübsche Frau. Anders als VW; die im letzten Jahr mit einer Star-Wars-Werbung für Aufsehen sorgten, beschwört Erzrivale Toyota in der Super-Bowl-Werbung die in den USA sehr populäre familiäre Bindung zwischen Vater und Kindern. Dass es um den Toyota Camry geht, wird erst im Abspann klar. Dabei lassen die Japaner aktuelle und ehemalige Footballstars, wie Ex-Super-Bowl-Sieger Kurt Warner zusammen mit ihrem Nachwuchs auftreten. In dem Filmchen, in dem auch die Kinder zu Wort kommen, reflektieren die Profis über das Vater-Sein und ganz nebenbei werden die Zuschauer aufgefordert, ein Bild mit ihrem Vater per Tweet zu versenden. Wenn das Spiel genauso langweilig wird, wie das letzte Finale bliebe ja genug Zeit dafür.

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Wolfgang Gomoll; press-inform 

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