Wenn man Mitte der 1980er Jahre mit einem Suzuki SJ samt Mistral Surfbrett auf dem Dach vor einer Disco vorfuhr, hatte man bei der holden Weiblichkeit sofort einen Stein im Brett. Gut dreißig Jahre später verursacht der neue Jimny einen ähnlichen Effekt. Der neue Jimny knüpft mit seinem kantigen puristischen Geländewagen-Design an die eigene Tradition und lässt den rundgelutschten Vorgänger außen vor. Mit den Rundscheinwerfern sieht der Suzuki aus, wie eine geschrumpfte Mercedes G-Klasse. Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Rahmschutz und der rustikale Geländegänger wäre komplett, aber dafür werden sicher einige findige Zubehörlieferanten sorgen.
Der Purismus setzt sich im Innenraum fort: Hartplastik, unverkleidetes Blech blitzt hervor und nur die nötigsten Bedienelemente sind sofort sichtbar. Ganz ohne Modernität geht es aber auch im Jimny nicht. Das Lenkrad hat Fernsteuerungselemente und ein Touchscreen ist die zentrale Kommunikationszentrale. Navigation, Bluetooth und das DAB-Radio - funktioniert alles. Der japanische Geländewagen hat sogar eine Verkehrszeichenerkennung und einen Spurhalteassistenten, die in weißen Dioden auf schwarzem Hintergrund angezeigt werden. Bei anderen Modellen würden wir die Stirn runzeln, beim Jimny passt das zum Retro-Stil. Wer in einem Jimny sitzt, muss sich ohnehin ein Stück weit von dem gewohnten Komfort eines modernen Automobils verabschieden, aber so einem Typen verzeiht man die solche Unzulänglichkeiten. Das Gestühl ähnelt eher Klappstühlen mit Stoffbahnen. Seitenhalt? Fehlanzeige. Das Lenkrad hat eine zu kurze Säule und ist zudem nur in der Höhe verstellbar, dennoch findet sich recht schnell eine vernünftige Sitzposition.
Bewegt man den Jimny, wird schnell klar, dass man auch ohne Sitzwangen, die in schnell gefahrenen Kurven dem Torso halt geben, klarkommt. Mit seinem 75 kW / 102 PS ist der Vierzylinder-Benziner samt Saugrohreinspritzung kein Heißsporn, den man nur mühsam im Zaum halten kann. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h durchbricht man nur schwerlich die Schallmauer zur Autobahn-Richtgeschwindigkeit, auch wenn das Triebwerk bei höheren Drehzahlen akustisch diesen Eindruck vermittelt. Dafür hält sich der Durst mit einem Durchschnitt von 6,8 Litern / 100 km in überschaubaren Grenzen. Auf Landsraßen und in der Stadt kann der 1.165 Kilogramm schwere Jimny dank seiner kurzen Übersetzung ohnehin gut mithalten. Das Fahrwerk ist gut abgestimmt und bietet einen ordentlichen Komfort.
Mehr Platz als gedacht
Geschaltet wird mit einem knorpeligen Fünfganggetriebe, das über einen langen Hebel bedient wird, wobei ein sechster Gang höchst hilfreich wäre, um Drehzahlen zu senken. Unterhalb des Ganghebels befinden sich zwei weitere kurze Hebel: einer zum Zuschalten des Allradantriebs, was bist 100 km/h möglich ist, und der andere für die mechanische Untersetzung, die im Gelände wahre Wunder wirkt. Dort ist auch die eigentliche Heimat des Kraxler-Würfels, doch der Jimny wird auch als Lifestylemobil seine Käufer finden. Zumal mehr Platz im 3,65 Meter langen Nippon Kubus vorhanden ist, als man glaubt.
Zwei Erwachsene mit 1,88 Meter Körpergröße vorne und 1,85 Meter hinten können hintereinander sitzen, zwar nicht ultrabequem aber für kürzere Strecken geht es durchaus. Dass darunter der Kofferraum leidet, ist logisch: Hinter der Rückbank bleiben gerade Mal 85 Liter, legt die Rücklehnen im Verhältnis 50:50 um, werden maximal 830 Liter daraus, wenn man jeden Kubikzentimeter bis unter das Dach nutzt.
Ab 17.915 Euro kann man einen Jimny fahren, legt man 2.070 Euro drauf, bekommt man das gut ausgestattete Topmodell. Lediglich eines kann man weder für Geld noch gute Worte kaufen: "Ein Cabrio mit Stoffverdeck ist aktuell nicht geplant", heißt es bei Suzuki. Hoffentlich ändern die japanischen Manager bald ihre Meinung, dann wäre die Modellpalette komplett. Andere mögen moderner sein, aber beim charmanten Retro-Charme ist der neue Jimny ganz vorne dabei.
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