Leoni Bordnetz der Zukunft

Der Übergang vom kundenspezifischen Kabelsatz zur zonalen Architektur erfolgt Leoni zufolge gleitend. (Bild: Leoni)

Wir müssen das Bordnetz neu denken“, sagt Ingo Spengler, COO bei Leoni. Heutige Systeme bestehen aus über 100 Steuergeräten und 1.000 Einzelleitungen, sie wiegen bis zu 50 Kilogramm. Mit den neuen E-Antrieben und automatisierten Fahrfunktionen stoße der klassische kundenspezifische Kabelbaum, kurz KSK, an seine Grenzen. „Seien wir ehrlich: So wie bisher können wir nicht weitermachen“, konstatiert Spengler auf dem TechDay im Industrialization Center im fränkischen Kitzingen, das unter den weltweiten Standorten des Unternehmens als eine Art vordenkendes Gehirn für künftige Entwicklungen und deren Produktionsprozesse gelten darf.

Eine Lösung und Losung, um den stetig wachsenden Funktionalitäten künftiger Fahrzeuge zu begegnen, lautet: Zonale Architektur. Vereinfacht gesagt werden dabei die großen, schweren und komplexen Kabelsätze in mehrere intelligent partitionierte Teilkabelsätze aufgeteilt. Jeder Teilkabelsatz ist mit einem Zonencontroller verbunden, der bestimmte Teilaufgaben selbstständig erledigt. Spitze des Gesamtwerks ist eine zentrale Unit mit High Performance Computer (HPC).

Walter Glück, CTO der Leoni-Bordnetz-Division betont nach einem Rundgang durch die Halle in Kitzingen, in der man unter anderem mit Hilfe von Cobots zahlreiche Prozesse automatisiert und so gleichsam den Ausstoß und die Effizienzen steigern will: „Dabei denken wir bei Leoni Produkt und Produktion von der ersten Skizze an ganzheitlich, für maximale Effizienz in Entwicklung und Umsetzung.

Mit zonaler Architektur auf Zukunftskurs

Bei der zonalen Architektur bilden ein oder mehrere Hochleistungsrechner das Gehirn des Fahrzeugs, in dem alle wesentlichen Rechenaufgaben und Entscheidungen stattfinden. Um dieses Gehirn herum werden mehrere Zonen-Controller gruppiert, die an der Peripherie lokale Aufgaben ausführen. Dieser zonale Ansatz soll es den OEMs ermöglichen, völlig neue Bordnetzarchitekturen zu entwerfen. In Kitzingen ist die Mannschaft um die beiden Vorstände sichtlich stolz, einen ersten großen Auftrag für die Innovation verkünden zu können.

Ein wichtiges Signal an die Branche, denn der deutsche Bordnetzexperte hat holperige Zeiten hinter sich und kann mit der Übernahme durch den Investor Stefan Pierer ruhigeres Fahrwasser für die kommende Zeit verkünden. Technologisch habe ohnehin nie jemand und speziell auch der bestehende Kundenkreis an den Fähigkeiten des Unternehmens gezweifelt, betont Entwicklungschef Glück. So melden die Franken einen ersten Auftrag für ein zonales Bordnetz: Renault wird dieses ab dem Jahr 2026 für seine neue Plattform verwenden. Leoni bündelt als Bordnetzexperte dabei seine Kräfte mit dem Zulieferer Valeo, der seine Expertise im Bereich ADAS-Sensoren und verwandter funktioneller Software einbringt.

In der Kooperation verantwortet Leoni die Entwicklung der intelligenten Leistungsverteilung. Weitere Schwerpunkte sind der Einsatz modularer Stecksysteme mit Fokus auf automatisierter Kabelsatzfertigung. Valeo trägt die Gesamtverantwortung für das Projekt, entwickelt den Microcontroller- und Gateway-Anteil und übernimmt die Produktion.

Synchronisierung von Produkt- und Prozessentwicklung

Beim Gang durch das Kitzinger IIC mit einer Art Pilothalle wird klar, dass man bei Leoni das Bordnetz gesamthaft betrachtet und längst den Status des reinen Bordnetzlieferanten verlassen hat. Klaus Hold, Head of Production Process Automation, führt an diesem Nachmittag an eine sogenannte Smart Production Cell (SPC), eine intelligent automatisierte Produktionszelle. Diese hat man sich beim Unternehmen selbst ausgedacht und zielt mit Blick auf die nahe Zukunft auf eine smarte und weitgehend automatisierte Massenfertigung der Bordnetzsysteme.

Ein hoher Automatisierungsgrad der Kabelsatzfertigung eröffne den Kunden große Freiheiten für innovative Produktions- und Logistikkonzepte, sagt Hold. Dementsprechend werden im IIC teil- und vollautomatisierte Fertigungsanlagen entwickelt und unter seriennahen Bedingungen sukzessive optimiert. Mit dieser Denkweise schaffe man einen USP und stehe im Wettbewerbsumfeld einzigartig da, so Produktionsexperte Hold.

In der SPC erledigen ein bis zwei Mitarbeiter Teilaufgaben manuell und überwachen die Maschinen – darunter auch Cobots – sowie die Fertigung. Diese Kombination soll einerseits mehr Flexibilität und Variantenvielfalt bei den Produkten ermöglichen und andererseits die Investitionskosten im Rahmen halten.

Save the Date: Der Kabelbaum im Fokus

Automotive Wire Harness Logo / Veranstaltungen zum Thema Bordnetz

Der Kabelbaum der Zukunft steht bei gleich zwei spannenden Top-Veranstaltungen im Fokus: Am 19. und 20. Oktober 2023 findet in Detroit der Kongress Automotive Wire Harness mit Sprechern von Volkswagen, Leoni oder Aptiv statt. Am 07. und 08. Mai 2024 steht das Bordnetz im Fokus des 11. Internationalen Fachkongress Bordnetze im Automobil in Ludwigsburg. Zu Gast sind unter anderem Referenten aus dem Volkswagen-Konzern sowie Top-Experten von BMW, Mercedes-Benz, Leoni, Dräxlmaier, Kostal und Bosch.

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