VDA, Bernd Gottschalk
Beurteilt exklusiv für AUTOMOBIL PRODUKTION die Lage führender Zulieferer: Professor Dr. Bernd Gottschalk, Geschäftsführer AutoValue und ehemals VDA-Präsident. (Bild: VDA)

Wenn man in diesen Wochen von Stahl spricht, denkt man eher an Überkapazitäten, Unterauslastung, gekappte Ergebnisprognosen oder sogar Verluste. Nicht so bei Voestalpine! Hohe Auslastung, nahezu gleiches EBITDA, stabile Lage, die sich von klassischen Stahlherstellern abhebt. Da ist sogar von Vollauslastung bei steigenden (!) Preisen die Rede. Wunschdenken? Schönfärberei? Beileibe nicht. Es zeigt nur, dass Stahl nicht gleich Stahl und Business nicht gleich Business ist, auch wenn die Rohstoffpreise alle gleich treffen. Voestalpine ist heute ein stahlbasierter Technologie- und Industriegüterkonzern, der Auto, Öl und Gas zu seinen Kerngebieten zählt. Und er ist Spezialist, sei es bei der Weichentechnologie und Spezialschienen, sei es bei Werkzeugstahl oder Spezialprofilen. Eines aber verbindet das Unternehmen mit den Konkurrenten der klassischen Stahlbranche, und das ist nicht überraschend: Auch hier ist von Effizienzprogrammen und Kostensenkungsaktionen die Rede. Ohne die geht es bei keinem Unternehmen. Aber es macht sich leichter, wenn – wie bei Voestalpine – trotz steigender Investitionen ein hoher Free Cash Flow erwirtschaftet wird und die Ergebnisse nicht „verrutschen“, obwohl der Maschinenbau oder die Autoindustrie nicht gerade unter "Volldampf" arbeiten. Es hilft bei der Auslastung wie bei den Margen, wenn man sich vom Mainstream abkoppelt und sich ein eigenes Profil erarbeitet. Voraussetzung dafür ist aber eine Innovationsfähigkeit, die durch Entwicklungspartnerschaften und eine permanent hohe Forschungsquote "genährt" werden will. Innovationen gibt es nicht „frei Haus“ – sondern müssen teuer erforscht und erprobt werden. Die Privatisierung, eine neue Unternehmensstruktur mit den vier Divisionen, Akquisitionen wie Böhler-Uddeholm, die Globalisierung, ein Invest-Programm wie "Linz 2010", die Lehren aus der Krise 2009 oder eine verlängerte Wertschöpfungskette haben das Unternehmen völlig verändert. Der Mut zur Veränderung hat sich gelohnt.

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