Elektrofahrzeuge sind mit Batterien auf Lithiumbasis bestückt und bilden mittlerweile eine eingespielte Symbiose mit den E-Maschinen, die sie mit Energie versorgen. Doch Marktexperten prognostizieren bereits zum Ende des Jahrzehnts Versorgungsengpässe mit Lithium, weil es nicht nur im zunehmenden Reigen der E-Autos, sondern auch in den zahlreichen Mobilgeräten oder Heimspeichern und Kraftwerken gebraucht wird.
Natrium-Ionen-Batterien könnten für dieses Problem eine Lösung bieten, ist man sich beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sicher. Konkret propagiert man diesen Batterietyp am Startup Litona. Dies deshalb, weil sie reichlich vorhandene Materialien verwenden, die überall auf der Erde und sogar auf dem Mars verfügbar seien und so die geopolitischen Probleme, die mit Batterien verbunden sind, verringern, heißt es dort. Der vorgeschlagene Batterietyp enthält keine kritischen Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt.
Bislang fehlt es aber an den notwendigen Energiespeichermaterialien für die Produktion. Litona will sie daher im industriellen Maßstab herstellen, wofür es einer guten Portion Preußisch Weiß bedarf - ein chemischer Verwandter des bekannten Farbstoffs Preußisch Blau, der im Wesentlichen auf Natrium, Eisen und Mangan basiert. „Als Energiespeichermaterial kann es an der Kathode, also dem Pluspol, einer Natrium-Ionen-Batterie eingesetzt werden“, sagt Sebastian Büchele vom Institut für Angewandte Materialien des KIT und Gründer von Litona. Er sieht die entsprechenden Batterien bereits massenhaft in Elektrofahrzeugen und Netzspeichern im Einsatz.
Neues Kathodenmaterial und Herstellungsverfahren
Allerdings stellt sich die Frage, wer diese produziert. Hier stehe die europäische Industrie vor einem großen Problem, so der Experte. Denn derzeit sei es selbst für Forschungseinrichtungen schwierig, sich Preußisch Weiß in ausreichenden Mengen zu beschaffen. Büchele betont: „Kaum ein Unternehmen in Europa stellt es her“, wodurch Erforschung und Transfer der zukunftsweisenden Natrium-Ionen-Technologie extrem gebremst werden.
Da auch Büchele an der Natrium-Ionen-Technologie forschen wollte, beschloss er, Preußisch Weiß selbst zu synthetisieren. Wie das KIT kürzlich meldete, entstand bei diesen Arbeiten nicht nur ein hochwertiges Kathodenmaterial, sondern darüber hinaus auch ein innovatives Verfahren für dessen Herstellung. Gemeinsam mit dem Chemiker Tom Bötticher gründete Büchele daher das Start-up Litona. Die Vision der jungen Unternehmer: Einen größeren Markt mit dem Material zu bedienen. „Bei Wettbewerbern gab es Probleme bei der Skalierung der Produktion von Preußisch-Weiß-Analoga“, schildert Büchele. „Wir glauben, dass wir diese gelöst haben.“ Außerdem habe man Methoden entwickelt, um das Material weiter aufzuwerten.
Technologie Made in Germany
Litona konnte die Infrastruktur des KIT nutzen, um die Skalierungsschritte zu validieren und das Material für den Einsatz in Batterien zu optimieren. Die beiden Gründer arbeiten inzwischen bereits am Aufbau einer eigenen modernen Produktion. „Wir haben uns dabei bewusst für den Standort Deutschland entschieden“, sagt Mitgründer Bötticher. Wenn man bedenkt, dass Kathode und Anode 60 Prozent der Kosten einer Batteriezelle ausmachen, klingt die Perspektive auf ein kostengünstiges Aktivmaterial verlockend.
Zudem konstatiert man bei Litona, dass Natrium-Ionen-Batterien in punkto Energiedichte das gleiche Potenzial wie Lithium-Ionen-Batterien bieten. Bei richtiger Materialwahl könnten Natrium-Versionen hohe Ladekapazitäten erreichen. Man glaube an das Potenzial einer europäischen Batterieproduktion, heißt es von Seiten der Startup-Gründer. „Bei den Lithium-Ionen-Batterien hatte Asien in den vergangenen Jahren die Nase vorn. Die Natrium-Ionen-Technologie ist jetzt eine Riesenchance für einen Neuanfang in Europa“, so Bötticher, der gleich weiter betont: „Wir wollen dabei nicht nur zuschauen.“