Hella Elektronikchef Jörg Weisgerber im Gespräch

Hella-Manager Weisgerber kommt in neuer Funktion aus den USA nach Lippstadt. Die in den Staaten gelebte Kultur der Zusammenarbeit würde er gern im Austausch mit Kunden in Europa etablieren. (Bild: Jens Anders)

Poster Top 100

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Herr Weisgerber, Sie sind erst wenige Wochen Chef der Elektroniksparte von Hella. Was war Ihre erste Amtshandlung in der neuen Position?

Ich habe kurz vor der Auto Shanghai meine Position angetreten. So hatte ich das Glück, Hella gleich auf der Automesse repräsentieren zu dürfen. Zugleich habe ich einen Einblick in unsere Werke und Entwicklungszentren in China bekommen. Das hat mir direkt zum Start den Blick geöffnet für das, was auf dem für uns so wichtigen chinesischen Automobilmarkt passiert, welche Chancen, aber auch Herausforderungen dort existieren.

Wenn Sie auf Hella und im Speziellen die Elektroniksparte schauen: Gab es da etwas, bei dem Sie sofort gesagt haben: Das möchte ich anders machen?

Zunächst kenne ich die Elektroniksparte aus meiner bisherigen Tätigkeit als Chef der Sparte in Amerika bereits sehr gut.  Dennoch war es für mich wichtig, zu hören und zu verstehen, insbesondere wo global Herausforderungen liegen. Generell ist es mir wichtig, dass wir uns bei Hella noch stärker auf unsere traditionellen Stärken besinnen – also vor allem unsere Entwicklungs- und Ingenieursleistung. Hier wollen wir Benchmark sein und bleiben und mit unseren Engineering Services die heutzutage hochkomplexen Produkte für unsere Kunden weiter optimieren.

Sind in der Vergangenheit vielleicht falsche Pfade eingeschlagen worden?

So würde ich das auf keinen Fall formulieren. Die Entwicklungsleistungen standen immer im Fokus. Was vielleicht ein wenig unterschätzt wurde – und das gilt übrigens nicht nur für Hella –, ist die steigende Komplexität in den letzten Jahren. Im Bereich Standardisierung haben wir beispielsweise beim Thema Safety-Regulierung ein zu hohes Maß an Prozessen. Hier müssen wir etwas schlanker werden, damit wir uns wieder mehr auf die Entwicklungsleistung selbst konzentrieren können. Ein Ingenieur soll wieder mehr Ingenieur sein dürfen.

Vor Ihrem Sprung in die Geschäftsführung waren Sie lange Jahre in den USA in verantwortlicher Position bei Hella und dem Sensorspezialisten IEE. Wie sehr spüren Sie die Kultur- und Mentalitätsunterschiede und wie kann ein Traditionszulieferer wie Hella davon profitieren?

Ganz klar, in den USA wird viel stärker eine Kultur des Pragmatismus‘ gelebt als hierzulande. Dazu gehört die Haltung, Dinge einfach mal auszuprobieren und im Falle des Scheiterns sogleich mit einem alternativen Ansatz weiterzumachen. Darüber hinaus stelle ich in der Automobilindustrie der Vereinigten Staaten einen Wandel fest: Vor fünfzehn, zwanzig Jahren war das Klima zwischen den großen Herstellern und deren Lieferanten sehr rau. Hier galt in extremem Ausmaß: Der Kunde ist König. Und der König, also der OEM, konnte enormen kommerziellen Druck auf die Lieferanten ausüben. Das hat sich mittlerweile geändert. Die US-Hersteller setzen verstärkt darauf, Autos partnerschaftlich und in enger Kollaboration mit Zulieferern auf die Straße zu kriegen. Dieses Verständnis von der Wichtigkeit zur Zusammenarbeit würde ich auch gern in die Kultur hier bei Hella und in den Austausch mit den Kunden in Europa und Asien bringen. So verkürzen wir gemeinsam – Zulieferer und Hersteller – unsere Entwicklungszeiten und bringen für den Endverbraucher noch mehr Innovation auf die Straße.

Die Business Group Elektronik ist der zweitwichtigste Konzernbereich knapp hinter dem Lichtgeschäft. Könnte sich diese Reihenfolge angesichts der Zukunftstrends in der Automobilindustrie zugunsten Ihres Verantwortungsbereichs ändern?

Eigentlich sind Licht und Elektronik auch beim Umsatz heute schon nahezu gleichwertig. Und selbst wenn mein Bereich in Zukunft durch einige große Aufträge das Lighting Business umsatztechnisch überholen sollte, ändert das nichts daran, dass beide Geschäftsfelder bei Hella und unter der neuen Dachmarke Forvia gleichermaßen wichtig sind. Und auch unser Ersatzteil-, Werkstatt- und Nutzfahrzeuggeschäft, das sich jetzt Lifecycle Solutions nennt, wächst stetig und wird auch in Zukunft weiterhin einen sehr großen Stellenwert für uns haben.

Sollte das autonome Fahren zum Beispiel über kurz oder lang die Mobilität tatsächlich revolutionieren, müssten Sie doch alles auf ein größeres Portfolio bei Sensortechnologien setzen ...

Auf jeden Fall wollen wir davon profitieren. Wir sind jetzt schon sehr gut aufgestellt im Bereich Radartechnologien, da haben wir bereits eine gewisse Dominanz am Markt erreicht. Gleichzeitig wollen wir bei der Elektrifizierung im Low- und High-Volt-Segment vorne mitspielen, weswegen wir das entsprechende Portfolio weiter ausbauen. An dieser Stelle haben aber auch die Kollegen aus der Lichtsparte ein Wort mitzureden. Beispielsweise existiert beim Elektroauto im Frontbereich deutlich mehr Designfreiheit, weswegen sich auch im Lichtsegment ein ganz neuer Markt auftut. Und auch beim automatisierten Fahren sind Lichtinnovationen essenziell. Ein Beispiel ist das selbstfahrende Auto, das mittels Projektionen auf der Straße mit Fußgängern kommuniziert. Es ist also nicht so, dass durch die neuen Trends eine Sparte nun besonders profitiert. Wir gehen da Hand in Hand in die Zukunft.

Gerade bei neuen Technologien in den Wachstumsfeldern kommt es mehr denn je auf die Verfügbarkeit von Halbleitern an. Wie sehr belastet Sie die weiterhin angespannte Situation auf den internationalen Märkten?

In der Tat, die Chipkrise ist noch nicht vorbei. Trotz leichter Entspannung gibt es immer noch eine große Zahl an Bauteilen, die in nur sehr überschaubarer Liefermenge vorhanden sind. Hier haben wir immer wieder mit Verzögerungen in der Lieferkette zu kämpfen und betreiben nach wie vor einen hohen Aufwand in der Nachverfolgung kritischer Komponenten. Zugleich macht uns das Thema Lagerbestände zu schaffen. Wenn beispielsweise für die Fertigung eines Produkts 1.000 Unterkomponenten gebraucht werden und nur ein Teil fehlt, dann entstehen vereinfacht gesagt 999 Überkapazitäten, die wir dann in Lagerhaltung haben. Das sind Herausforderungen, mit denen wir uns auch in nächster Zeit beschäftigen müssen. Von heute auf morgen wird sich das nicht in Luft auflösen.

Welche Maßnahmen haben Sie getroffen oder werden Sie treffen, um sich besser auf die nächste Halbleiterkrise vorzubereiten?

Schon vor der Krise und der Übernahme der Mehrheitsanteile durch Faurecia hatten wir einen sehr guten Instrumentenkoffer vorzuweisen, gerade was die Transparenz in der Lieferkette anbetrifft. Im Critical Parts Management sind wir die verschiedenen Eskalationsstufen durchgegangen und haben viele zusätzliche Daten gesammelt und analysiert, um frühzeitig Problemlagen auszumachen und das Risiko zu bewerten. Gleichzeitig sind wir gemeinsam mit unseren Kunden tiefer in die Lieferketten eingestiegen und haben direkt mit den Halbleiterproduzenten gesprochen, um neue Kommunikationskonzepte zu erarbeiten. In Summe haben wir so über eine gute Stammdatenbasis verfügt. Daher kamen wir nie in eine Extremsituation, in der Prozesse komplett zum Erliegen gekommen sind.

Jörg Weisgerber im Gespräch
Weisgerber: „Für uns ist es nicht so einfach, den Kostendruck weiterzugeben“ (Bild: Jens Anders)

Inwiefern profitieren Sie hier von der Zusammenarbeit mit Faurecia, Stichwort: „kritische Größe“?

Es hilft auf jeden Fall im Hinblick auf unsere Lieferantenbasis. Zwar hängt es grundsätzlich sehr stark davon ab, welche Commodity man einkaufen möchte. Aber natürlich kann sich dasjenige Unternehmen, das beispielsweise anstatt nur einer Tonne Granulat 100 Tonnen abnimmt, eher Gehör verschaffen als kleinere Konkurrenten. Was Halbleiter betrifft, sind die Business Groups weiterhin sehr unabhängig unterwegs, weil sie sehr unterschiedliche Anforderungen und Bestellvolumina haben. Von daher waren hier die Größeneffekte eher begrenzt. Dagegen haben die Kolleginnen und Kollegen im Lichtbereich, die ja unter anderem Knappheiten bei Rohmaterialien wie Plastikgranulat zu bewältigen hatten, durchaus von der neue Unternehmensgröße im Forvia-Verbund profitiert und konnten anders gegenüber den Lieferanten auftreten.

Hellas Elektroniksparte ist der Bereich mit den meisten Überschneidungen mit dem neuen Mehrheitsgesellschafter Faurecia. Wie herausfordernd ist es, Synergien zu erzeugen?

Am Anfang ging es erst einmal darum, sich kennenzulernen, sich also vor allem auf der menschlichen Ebene auszutauschen und zu verstehen, wie die neuen Kolleginnen und Kollegen ticken. Das hat auf jeden Fall sehr gut funktioniert. Dann haben wir Themenbereiche definiert, bei denen wir die größten Synergien heben können. Das sind sicherlich Dinge wie direkter und indirekter Einkauf, wo wir schon größere Fortschritte gemacht haben. Wir wissen schon, wo wir Einkaufsvolumen zusammenlegen und mit größeren Volumina verhandeln können, um letztlich bessere Preise zu erzielen. Darüber hinaus sind wir dabei, die Produktionssysteme und Tools miteinander zu vergleichen. Wenn es beispielsweise um Datenanalyse und Traceability geht, hat Faurecia da schon einiges von uns mitnehmen können. Auf der anderen Seite konnten wir im Bereich Just-in-time-Logistik von den Kollegen aus Frankreich lernen.

Wo hakt es noch?

So ein Kennenlernen braucht natürlich Zeit. Die ist auch notwendig, um ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln, zu begreifen, wie die Abläufe und die Kultur des jeweils anderen gestaltet sind. Und da spreche ich nicht von deutscher und französischer Kultur, sondern von der spezifischen Unternehmenskultur. Da sind beispielsweise Faurecia-Kollegen, die in vielen Einheiten ein hohes Maß an Produktionseffizienz benötigen, da sie teilweise wirklich große Teile „just in time“ an OEMs liefern. Wir dagegen können so einen Radarsensor relativ unkompliziert auch mal nach China schicken. Das sind einfach sehr unterschiedliche Prozesse, die jeder erst einmal nachvollziehen muss. Zugleich müssen wir darauf achten, dass Kunden mittlerweile auch Forvia als Gesamtverbund wahrnehmen und vielleicht bestimmte Bereiche gegeneinander ausspielen wollen. Da müssten wir uns intern noch besser abstimmen, um solche Situationen zu vermeiden.

In den neuen Technologiefeldern wie zum Beispiel Radartechnologie kooperieren Sie bereits mit Experten aus dem Silicon Valley. Wie wichtig ist Ihnen das Thema Partnerschaften im Blick auf die neuen Wachstumsfelder?

Extrem wichtig. Die Innovationskraft aus der Startupszene hat uns schon in vielen Bereichen nach vorne gebracht. Ich würde das räumlich nicht nur auf das Silicon Valley begrenzen. Im Rahmen unseres Venture-Programms „Hella Fast Forward“ sind wir unter anderem auch in Schanghai unterwegs und schauen auch in Europa nach jungen Startups und auch größeren Tech Companies. Wir wollen jungen Unternehmen unter die Arme greifen, wenn es beispielsweise um Themen wie Industrialisierung beziehungsweise Skalierung geht. Denn es ergibt für kleinere, aber auch etabliertere Firmen Sinn, kapitalintensive Produktionsabläufe mit einem Partner wie Hella in Angriff zu nehmen. Auf der anderen Seite profitieren wir auch vom Knowhow und dem Mindset der Startups und Tech-Unternehmen.

Wie stark haben die zurückliegenden Krisenjahre das Verhältnis zwischen Zulieferern und Autobauern belastet? Die wirtschaftliche Kluft wird immer größer.

Sie haben recht. Was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft, ist die Zulieferindustrie sehr stark unter Druck. Die Autobauer sind in der Lage, die steigenden Preise relativ einfach an den Endkunden weiterzugeben und sogar noch was draufzulegen, um ordentliche Margen einzufahren. Für uns als Zulieferer ist es nicht so einfach, den Kostendruck weiterzugeben. Prinzipiell versuchen wir, sehr proaktiv auf den Kunden zuzugehen. Aber wir werden nicht alles, was wir an Druck auch durch Inflation oder steigende Energiekosten bekommen, in Gesprächen mit Herstellern zu einhundert Prozent verhandeln können.

Bei den neuen Technologiefeldern sind die alten Hierarchien und Dynamiken der Autoindustrie nicht so starkausgeprägt. Kann ein Zulieferer wie Hella hier selbstbewusster auftreten?

Ich würde es eher als partnerschaftliches Auftreten bezeichnen. Ich denke, man sollte weiterhin die alte Spielregel von „Kunde ist König“ beherzigen. Derjenige, der die Rechnung bezahlt, hat auch grundsätzlich mehr Weisungsbefugnis. Dennoch ist partnerschaftliches Verhalten heute sehr viel wichtiger, denn gerade bei den neuen Technologiethemen kommt es mehr denn je darauf an, nicht nur einfach ein Bauteil geliefert zu bekommen, sondern auch Wissenstransfer zu betreiben und strategisch miteinander zu sprechen. Wir merken schnell, bei welchen Kunden oder Lieferanten partnerschaftliches Miteinander und Offenheit gelebt wird und bei wem nicht. Das Auto der Zukunft wird nur in der Kollaboration verschiedenster Player auf die Straße gebracht. Ich denke, es wird sich auch aufseiten der Hersteller schnell herauskristallisieren, wer für diesen Weg sein eigenes Verhalten anpassen muss.

Macht es Ihnen Sorgen, dass die Autohersteller beispielsweise beim Thema Elektrifizierung die Komponentenfertigung verstärkt in die eigene Hand nehmen und sich damit auch in Konkurrenz zur Zulieferbranche begeben?

Ich würde nicht unbedingt von Konkurrenz sprechen. Es gab schon immer Bereiche, gewisse Kerntechnologien, die mancher OEM lieber in der eigenen Hand behalten wollten, andere haben das zugekauft. Ein Beispiel ist das Thema Lenkung. Das ist einigen Hersteller ähnlich wichtig wie die Motorenentwicklung, beispielsweise für Faktoren wie Fahrgefühl. Diese wollen das dann selbst entwickeln. Andere wiederum kaufen komplette Lenksysteme ein. Eine neue Herausforderung ist der Wegfall des klassischen Verbrennungsmotors. Da müssen sich die OEMs jetzt fragen, wie tief sie selbst in den elektrischen Antriebsstrang einsteigen wollen. Die Investitionen und die angestrebten Partnerschaften mit Batterieherstellern zeigen, wie die OEMs nun diesen Veränderungsmarkt adressieren. Und in diese neuen Konstellationen wollen wir mit unserer Elektronikkompetenz einbringen.

Im Bereich Elektromobilität haben Sie sich auf Hochvolt-Batteriemanagementsysteme spezialisiert. Wollen Sie das Elektro-Portfolio mittelfristig noch ausbauen?

Das Herzstück ist der elektrische Antriebsstrang. Dennoch gibt es noch einige weitere Funktionen, die wir mit guter Ingenieursleistung abdecken wollen. Beispielsweise fokussieren wir uns auf das Geschäftsfeld Kühlsysteme für Batterien, bei dem wir nächstes Jahr ein Komplettsystem in Serie bringen werden. Ich sehe grundsätzlich in dem Bereich, wo wir über kleinere Sensorik oder Aktuatorik sprechen, noch ein sehr großes Potenzial und Möglichkeiten für Hella, wichtige Nischen zu besetzen.

Wie sehr geht Ihr Blick nach China? Die dortigen OEMs forcieren neue Tech-Themen wie E-Mobilität und automatisiertes Fahren und wollen sich auch auf den hiesigen Märkten etablieren.

China war und ist für uns ein äußerst wichtiger Markt. Und im Gegensatz zu den Märkten in Europa oder Nordamerika sprechen wir in Asien immer noch von einem sehr großen Wachstum, auch wenn die Kurve nicht mehr ganz so steil nach oben geht wie noch vor Jahren. Es ist beeindruckend, mit welcher Geschwindigkeit sich die Automobilindustrie dort und vor allem auch die lokalen Hersteller entwickeln. Die langwierigen Zyklen beispielsweise beim Sourcing oder Entwickeln, die wir aus Europa gewohnt sind, gelten dort nicht. Wir als traditioneller deutscher Autozulieferer müssen uns da anpassen. Und ich bin überzeugt, dass wir auch aufgrund unserer überschaubaren Größe agil genug sind, mit dem Tempo in China mitgehen zu können.

Wo sehen Sie Unterschiede zwischen europäischen oder amerikanischen und chinesischen Kunden?

In China wird ein großer Fokus auf die Funktionalität gelegt. Das heißt natürlich nicht, dass Qualität keine Rolle spielt. Aber ein „gut genug“ ist, vereinfacht gesagt, dann häufig auch gut genug. Es ist dort zum Beispiel nicht so schlimm, dass in einem Fahrzeug der schöne große Bildschirm alle fünf Minuten mal ein kleines bisschen flackert. Das würden wir als Endkunden beispielsweise bei einem europäischen Fahrzeug niemals akzeptieren. Bei chinesischen OEMs ist es stattdessen wichtig, dass das Feature in einem Jahr zur Verfügung steht und nicht erst in fünf. Das ist ein Vorgehen, das komplett konträr zur traditionellen sicherheitsorientierten Automobilindustrie steht. Diesen neuen Anforderungen müssen wir uns lokal anpassen, indem wir Geschwindigkeit zwar nicht über Sicherheit, aber über ein 110-prozentiges Qualitätsversprechen stellen. Daran müssen wir uns als traditionell sehr qualitätsorientiertes Unternehmen auch erst einmal gewöhnen.

Ihre erste Amtshandlung war auf der Autoshow in Shanghai. Wenn Sie in ein paar Jahren wieder die Gelegenheit haben, Hella in China zu repräsentieren, wovon würden Sie berichten wollen?

Ich würde gerne eine Erfolgsstory erzählen können. Und zwar in der Hinsicht, dass wir es durch Zuhören und Adaptieren geschafft haben, auf dem chinesischen Markt auch chinesisch zu denken und zu handeln, ohne unser Qualitätsbewusstsein aufgegeben zu haben. Dafür müssen wir in den kommenden Jahren noch agiler und schneller werden und gleichzeitig die Balance zwischen Qualität und Tempo aufrechterhalten. Wenn wir das geschafft haben, können wir extrem stolz auf uns sein.

Das Interview führten: Pascal Nagel und Yannick Tiedemann

Zur Person:

Jörg Weisgerber im Porträt
(Bild: Jens Anders)

Jörg Weisgerber war vor seiner Berufung in die Hella-Geschäftsführung lange Jahre in den USA tätig, von 2009 bis 2014 als Vice President Operations bei IEE Sensing Inc.. Danach bekleidete er von 2014 bis 2016 das Amt des Präsidenten, ebenfalls bei IEE Sensing. Von 2016 bis April 2023 war der studierte Diplom-Ingenieur Mitglied der Geschäftsleitung von Hellas Business Group Electronics und verantwortlich für das Elektronikgeschäft in Nord- und Südamerika. Seit April 2023 ist er Mitglied der Geschäftsführung für den Bereich Automotive Elektronik bei Hella.

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