Fiat-Werk Pomigliano d'Arco

Das Fiat-Werk Pomigliano d'Arco zählt zu den am stärksten automatisierten Produktionsstandorten der Welt. (Bild: Stellantis)

Als Oliver François, CEO der Marke Fiat, Anfang März im italienischen Pomigliano d'Arco den aufgepimpten Fiat Pandina vorstellte, klang es wie ein Befreiungsschlag. Zumindest wie ein kleiner. Mindestens bis 2027, so François, werde im dortigen Fiat-Werk Giambattista Vico der Panda mit seinen diversen Derivaten weiter gebaut. Ein Jahr länger als bislang zugestanden. Außerdem werde man die Produktion dank der guten Nachfrage für den Panda um 20 Prozent erhöhen. Gebaut wird der Panda ohnehin nur noch in Pomigliano d'Arco: Die Produktion in Polen, wo der Panda ebenfalls jahrzehntelang vom Band lief, ist eingestellt. "Die Liebesgeschichte zwischen dem Fiat Panda und Italien wird also weitergehen", sagt François.

Der Fiat Panda prägt den italienischen Markt

Das Versprechen war bitter nötig - denn es rumort bereits in der knapp 40.000 Einwohner zählenden Gemeinde nahe Neapel. Schon längst war klar, dass der neue kleine Elektroflitzer der italienischen Marke nicht aus Italien kommen werde. Als "Weltauto" solle er auch in drei Fabriken auf drei Kontinenten entstehen: In Serbien, Marokko und in Südamerika. Und da der Pandina bis zum Tag der Vorstellung als genau dieses Elektroauto gehandelt wurde, fühlte man sich vom Fiat-Mutterkonzern regelrecht ausgehungert. In den 1970er Jahren stammte noch jedes zweite in Italien verkaufte Auto aus einem Fiat-Werk. Heute nicht einmal mehr jedes zehnte.

Vergangenes Jahr hat der VW-Konzern in Italien mehr Autos verkauft als alle italienische Marken zusammen. Nur der vor 44 Jahren erstmals vorgestellte Fiat Panda rettete die Ehre: Er ist nach wie vor das mit Abstand am meisten verkaufte Auto in Italien. Um so hörbarer der kollektive Seufzer als François jetzt eine Bestandsgarantie für das Fiat-Vorzeigewerk Pomigliano d'Arco gab. Zwar nur für drei Jahre - aber immerhin und mit der Option auf mehr. Die italienischen Gewerkschaften drängen ohnehin darauf, zu wissen, welcher Fahrzeugtyp den aktuellen Panda ersetzen soll.

Pomigliano d'Arco setzt auf Nachhaltigkeit

Dabei zählt das Werk Giambattista Vico - benannt nach einem italienischen Rechtsphilosophen aus dem Neapel des 17. Jahrhunderts und gebaut auf einem ehemaligen Flugplatzgelände - in vielen Bereichen zu den weltweit fortschrittlichsten. Der Panda wird dort seit 2011 gebaut. Binnen eines Jahres hatte Stellantis rund 800 Millionen Euro investiert. Grundlage der Fertigung im Werk ist das Prinzip des World Class Manufacturing, ein weltweiter Standard für Fertigungsqualität.

Ein Stützpfeiler dabei sind umweltgerechte Fertigungsmethoden. So werden in der Lackiererei beim Panda nicht nur Wasserlacke verwendet - die Pastelltöne sind auch aus speziellen Komponenten gemischt, dank denen bei der elektrostatischen Lackierung weniger Rohstoffe nötig sind und weniger Flüssigkeiten entsorgt werden müssen. Fiat hat sich die Modernisierung der Lackiererei rund 15 Millionen Euro kosten lassen. Bis in kleinste Prozesse wird optimiert. Einwegverpackungen etwa wurden drastisch reduziert. Durch den Einsatz von wiederverwertbaren Verpackungen liegt der Recycling-Anteil mittlerweile bei 95 Prozent.

Wie kleinteilig die Italiener bei der umweltschonenden Produktion sind, zeigt sich auch am Licht: Im Karosseriewerk und in der Montage ersetzen energiesparende LED-Leuchten die vorherigen Lampen. Dort, wo nicht ständig gearbeitet wird, dimmen Fotozellen die Beleuchtung oder schalten sie ganz aus, wenn sich dort gar nichts tut.

Fiat erreicht internationale Benchmarks bei Automatisierung

Dazu kommt ein hoher Automatisierungsgrad. Beispiel Karosseriefertigung: 600 Roboter übernehmen 99 Prozent der Fertigungsschritte. Das kann sich selbst mit den neuesten Automobilwerken in China messen. Chery etwa verwies vor kurzem bei der Präsentation seiner ersten Autos für den europäischen Markt stolz auf einen Automatisierungsgrad von 98 Prozent.

In Pomigliano d'Arco werden Türen, Heckklappe, Motorhaube und Kotflügel von Robotern montiert. Am Boden haben leise und sichere Transportroboter die einstigen Gabelstapler ersetzt. Ebenfalls von Robotern werden die Karosserien hängend zwischen den einzelnen Fertigungsstationen verschoben. Das mindert das Risiko von Beschädigungen und sorgt auch für eine Reduktion des Geräuschpegels.

Mit fast 400 Formen machen zehn Tiefziehlinien und drei Schneidelinien aus einfachen Blechplatten Einzelteile wie Türen, Bodenbleche, Seitenteile oder Dächer. Alle Teile, die essenziell sind für die Qualität des Fiat Panda, werden im Werk gefertigt. Das Armaturenbrett kommt aus einer einzigen Maschine. Sie formt mit einem Spritzsystem den Außenbereich des Armaturenbretts schwarz und den mittleren Teil in einer der Wahlfarben. In einer Stanze für Kunststoff werden aus Polypropylen-Granulat unter Hochdruck über 100 Bauteile hergestellt, von der Mittelkonsole bis zum Stoßfänger.

Digitale Technologien stellen die Qualität sicher

Herzstück der Qualitätskontrolle ist ein fotometrisches System von Scannern. Das System vergleicht ständig die eigenen Messpunkte mit den hinterlegten Mustern und zeigt Abweichungen auf. Einzelne, aus der Produktion entnommene Teile werden an einem Meisterbock auf Fertigungsqualität und Passgenauigkeit hin nachgemessen. Dabei werden allein an der Karosserie bis zu 2.000 Messpunkte mit dem Ideal verglichen. Aber natürlich gibt es auch noch menschliche Kontrolleure - vor allem zur "ästhetischen Beurteilung". Sicherheit ist ein Schlüsselwort beim World Class Manufacturing. Das Ziel ist die große Null: "Null Arbeitsunfälle, null Fehler in der Fertigung, null Lagerhaltung, null Pannen im Produktionsablauf". Davon verspricht sich Fiat insbesondere verbesserte Arbeitsabläufe, eine höhere Flexibilität und in der Summe dann eine deutlich höhere Produktqualität.

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