Daimler Truck

Daimler Truck wird bei Wasserstoff und batterieelektrischen Antrieben künftig zweigleisig fahren. (Bild: Daimler Truck)

Auf dem Weg zur Klimaneutralität sollen nach EU-Vorgaben die CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge bis 2030 um 30 Prozent verringert werden. Darüber, wie dies mit Hilfe alternativer Antriebe erreicht werden kann, herrscht jedoch noch Uneinigkeit. Man setze im Fernverkehr schwerer Nutzfahrzeuge klar auf den Brennstoffzellenantrieb, heißt es etwa seitens der Industrieverbände VDI und VDE. Den Einsatzbereich von batterieelektrischen Transportern sehe man vor allem im urbanen Raum. Batteriefahrzeuge seien zwar grundsätzlich effizienter, die Brennstoffzelle weise hingegen Vorteile bei Reichweite und Tankdauer auf.

„Der jüngste politische Plan, den Bau und Betrieb von Wasserstofftankstellen nicht mehr zu fördern, hätte fatale Auswirkungen. Damit behindert die Politik die EU-Vorgaben zur CO2-Reduktion von Schwerlastern“, mahnt Martin Pokojski, Vorsitzender des VDI/VDE-Fachausschusses Wasserstoff- und Brennstoffzellenfahrzeuge. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, vorhandene Wasserstoff-Tankstellen weiter auszubauen und um neue zu ergänzen.“ Bis 2030 müssten nach Ansicht des Verbandes deutschlandweit 70 Lkw-taugliche H2-Tankstellen über das Autobahnnetz verteilt werden. Die derzeit 90 vorhandenen 700-Bar-Tankstellen würden sich hingegen nur bedingt für Lkw eignen. Ein Problem, dass die Verbände jedoch auch bei batteriebetriebenen Lkw beobachten: Von den 16.100 bestehenden Ladepunkten würden sich aktuell nur 25 für das Charging von schweren Nutzfahrzeugen eignen, so der Verband. Um einen Anteil von nur fünf Prozent des Fahrzeugbestands abzudecken, seien 1.200 Ladepunkte mit einer Ladeleistung von 720 kW erforderlich.

Hohe Kosten als Hindernis

Ein weiteres Problem sind VDI und VDE zufolge die noch hohen Kosten für klimafreundliche Nutzfahrzeuge. Nur wenn für Spediteure, Verbraucher und die Industrie Betriebskosten im tragbaren Rahmen existieren, sei zu erwarten, dass diese auf klimafreundliche Nutzfahrzeuge umsteigen. Zwar sei mit Skaleneffekten bei der Massenfertigung nachhaltiger Lkw zu rechnen, eine deutliche Kostensenkung entstehe jedoch nur, wenn sich die Kosten von grünem Strom und Wasserstoff verringern, erklärt Remzi Can Samsun vom Forschungszentrums Jülich und Mitglied des Fachausschusses Wasserstoff- und Brennstoffzellen im VDI/VDE. „Eine wichtige Voraussetzung sind neben dem von der Bunderegierung angestrebten beschleunigten Ausbau von Windenergie und Photovoltaik die Schaffung der politischen Rahmenbedingungen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft“, so Samsun.

Daimler Truck setzt auf Doppelstrategie

Daimler Truck setzt beim Antrieb der Zukunft auf eine Doppelstrategie mit batterieelektrischen und wasserstoffbasierten Antrieben. Vor allem bei flexiblen und anspruchsvollen Einsätzen biete Wasserstoff möglicherweise bessere Lösungen, heißt es beim Hersteller.

„Es wird immer wieder Diskussionen geben, die sich nur mit einzelnen Teilaspekten unterschiedlicher alternativer Antriebsformen befassen wie beispielsweise der Energieeffizienz. Diese ist in der Tat beim batterie-elektrischen gegenüber dem wasserstoffbasierten Antrieb höher, jedoch wird dabei der Blick auf das große Ganze vergessen“, erklärt Andreas Gorbach, Mitglied des Vorstands der Daimler Truck AG, Leiter Truck Technology. Maßgeblich für Zero-Emission-Technologien sei jedoch neben der Effizienz auch die Verfügbarkeit entsprechender Infrastrukturen und ausreichend grüner Energie.

„Wir sind der Überzeugung, dass eine zügige und kostenoptimierte Abdeckung dieses Energiebedarfs nur mit beiden Technologien möglich ist“, so Gorbach. Kaum ein Land der Welt könne sich in Zukunft allein mit grüner Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen selbst versorgen. Folglich werde grüner Wasserstoff eine zentrale Rolle spielen. „Zudem sehen wir Vorteile bei Kosten und technischer Machbarkeit der Wasserstoff-Infrastruktur sowie für Kunden größere Reichweiten, Flexibilität und kürzere Tankzeiten.“

Derzeit entwickelt Daimler Truck mit dem Partner Linde Flüssigwasserstoff-Betankungstechnologien für Brennstoffzellen-Lkw. Im Bereich der entsprechenden Infrastruktur arbeitet der Hersteller unter anderem mit Shell, BP und TotalEnergies zusammen. Hinzu kommt das Engagement in der Interessengemeinschaft H2Accelerate, an der neben Shell, BP und TotalEnergies auch OMV, Iveco und die Volvo Group beteiligt sind. Gemeinsam mit Volvo ist Daimler zudem im 2021 ins Leben gerufenen Joint Venture Cellcentric tätig, das ab 2025 einer der größten europäischen Serienproduzenten von Brennstoffzellsystemen werden soll.

Doppelstrategie zeigt sich in Modellpalette

Seit 2018 beziehungsweise 2021 rollen mit dem Mercedes-Benz eCitaro und dem eActros bereits batterieelektrische Nutzfahrzeuge bei Daimler vom Band. Der Mercedes-Benz eEconic, der FUSO eCanter und der Freightliner eCascadia folgen in diesem Jahr. Auf der Wasserstoff-Seite befindet sich der GenH2 Truck seit vergangenem Jahr im Testbetrieb. Der Produktionsstart des Modells, das mit einer Tankladung rund 1.000 Kilometer Reichweite erreichen soll, ist für das Jahr 2027 geplant.

Auch Volvo fährt zweigleisig

Volvo Truck Produktportfolio E-Lkw
Volvo Trucks kommt nach eigenen Angaben auf einen Anteil von 42 Prozent am europäischen Markt für E-Lkw. (Bild: Volvo Truck)

Auch bei Volvo Trucks möchte man derzeit kein vorschnelles Ende der Brennstoffzelle ausrufen. Dabei scheint jedoch zumindest momentan der batterieelektrische Antrieb Priorität zu genießen: Mit einem Marktanteil von 42 Prozent sei man 2021 Marktführer für schwere vollelektrische Lkw in Europa gewesen, heißt es beim Hersteller. 2021 nahm Volvo Trucks weltweit Bestellungen einschließlich der Kaufabsichtserklärungen für mehr als 1.100 E-Lkw entgegen.

„Wir sind entschlossen, die Revolution der Elektro-Lkw voranzutreiben. Auch wenn die Stückzahlen noch gering sind, sehen wir ein schnell wachsendes Interesse, sowohl in Europa und Nordamerika als auch in anderen Teilen der Welt", sagt Roger Alm, Präsident von Volvo Trucks. Der Hersteller hat bereits 2019 mit der Serienproduktion begonnen, die Fertigung der vollelektrischen Modelle FH, FM und FMX soll im Herbst anlaufen. Bis zum Jahr 2030 möchte Volvo Trucks 50 Prozent des eigenen Umsatzes mit Elektrofahrzeugen bestreiten.

Mit Blick auf die Zukunft werde man auch Schwertransporte über größere Entfernungen mit Elektrofahrzeugen durchführen können. Um diesen anspruchsvollen Anforderungen sowohl an eine hohe Nutzlast als auch an eine viel größere Reichweite gerecht zu werden, plane man auch den Einsatz von Wasserstoff-Brennstoffzellen zur Stromerzeugung.

„Diese Technologie entwickelt sich rasant. Wir sind bestrebt lange Fahrstrecken sowohl mithilfe von Batterien als auch mit Brennstoffzellen zu elektrifizieren“, erklärt Roger Alm. „Unser Ziel ist es, in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts mit dem Verkauf von Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen zu beginnen, und wir sind zuversichtlich, dass wir dies erreichen können.“

Traton setzt auf die Batterie

Im Gegensatz zu Daimler Truck bekennt sich die Traton Group in Antriebsfragen eindeutig zum batterieelektrischen Antrieb. „Im Lkw-Verkehr, gerade auf der Langstrecke, werden reine E-Lkw in den meisten Fällen die günstigere und umweltfreundlichere Lösung sein. Denn der Wasserstoff-Lkw hat einen entscheidenden Nachteil: Nur etwa ein Viertel der Ausgangsenergie fließt in den Antrieb, drei Viertel gehen durch Umwandlungsverluste verloren“, erklärt Traton-CTO Catharina Modahl-Nilsson. Beim E-Lkw sei das Verhältnis umgekehrt. Hinzu komme, dass die zu erwartende Menge an grünem Wasserstoff selbst mit großskaligen Importen begrenzt sei. Allein der Bedarf der europäischen Industrie übersteige massiv die europaweit für 2030 geplante Produktionskapazität, heißt es beim Nutzfahrzeughersteller unter Bezugnahme auf eine Fraunhofer-Studie.

Traton Grafik
Als Gründe für die Bevorzugung von Batterien über die Brennstoffzelle führt Traton vor allem den höheren Wirkungsgrad ins Feld. (Bild: Traton)

Elektro-Lkw sind noch ein Nischenmarkt

Der Markt für elektrisch angetriebene schwere Nutzfahrzeuge ist momentan noch sehr klein, weist jedoch ein deutliches Wachstum auf. Im Jahr 2021 wurden laut den Marktanalysten von IHS Markit europaweit 346 Elektro-Lkw zugelassen. Gegenüber den Absatzzahlen im Jahr 2020 bedeutet dies einen Anstieg von 193 Prozent. Die größten Absatzmärkte sind die Schweiz (77 Fahrzeuge), Norwegen (56 Fahrzeuge) und Schweden (47 Fahrzeuge). In Deutschland wurden 37 Elektro-Lkw abgesetzt.

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