Stuttgart will als erste deutsche Stadt ab Anfang 2018 Dieselfahrzeuge aussperren, die nicht die strenge Schadstoffnorm Euro 6 erfüllen. Und auch in anderen deutschen Großstädten wie Düsseldorf, Berlin oder München drohen bald schmerzhafte Fahrverbote. Der Verband der Automobilhersteller geht aktuell davon aus, das über 80 Prozent aller Dieselfahrzeuge die aktuelle Norm Euro 6 nicht schaffen und zukünftig vor den Toren der Stadt parken müssten. Aktuell schaffen in Deutschland rund zwei Drittel aller Fahrzeuge zumindest die Schadstoffnorm Euro 4.
Zu erkennen ist die genaue Schadstoffklasse des eigenen Autos nicht an der grünen Abgasplakette in der Windschutzscheibe, sondern nur in den Fahrzeugpapieren. Denn den grünen Aufkleber, mit dem aktuell in alle Innenstädte einfahren darf, gibt es auch mit den lascheren Abgasnormen Euro4 und Euro5. Da die Einführung einer weiteren, zum Beispiel blau gefärbten Abgasplakette derzeit ungewiss erscheint, ließe es sich daher nur mit aufwendigen Fahrzeugkontrollen klären, wer Einfahrt in die Innenstädte bekommt. Die den Schadstoffklassen 1, 2 und 3 kann man in die meisten Innenstädte bereits seit längerer Zeit nicht mehr einfahren. Die unterschiedlichen Schadstoffklassen selbst regeln in diesem Fall nur noch, wie hoch die zu entrichtende KFZ-Steuer ausfällt.
Bis 2021 dürfen die Fahrzeugflotten der einzelnen Autohersteller im Durchschnitt 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Sonst drohen entsprechende Strafzahlungen. Bei der Schadstoffklasse Euro 6 wird es noch in diesem Jahr weitere Verschärfungen geben. So tritt am 1. September 2017 für neue Fahrzeugtypen und ab 1. September 2018 dann für alle neu zugelassenen Autos an sich die verschärfte Norm Euro 6c in Kraft, die nach dem WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) gemessen wird, der sich realitätsnäher am Realverbrauch der Fahrzeuge orientieren soll. Der bisherige NEFZ-Verbrauch (Neuer europäischer Fahrzyklus) hat mit der Realität wenig zu tun und wird allein auf einem Rollenprüfstand gemessen, wo die Autohersteller maximale Beeinflussungen bei der Messung (ohne Nebenaggregate, mit erhöhtem Reifendruck, Veränderte Einstellung von Sturz / Spur, veränderte Motorsteuerung, etc.) vornehmen können. Die Grenzwerte selbst sind identisch mit den gültigen der aktuellen Euro-6-Norm, jedoch sind die Rahmenbedingungen realer und somit schwerer zu erreichen. Eine weitere Verschärfung tritt für neue Fahrzeuge am 1. September 2019 in Kraft. Die gleichen strengen Grenzwerte müssen dann mit einem verschärften Anteil im realen Fahrbetrieb (RDE - Konformitätsfaktur der Real Drive Emissions) erreicht werden, der sich zum 1. September 2021 nochmals verschärft.
Diesel und Benziner in Gefahr
Bei den Autofahrern stehen die Diesel spätestens seit den frühen 90er Jahren hoch im Kurs. Die der TDI-Welle des Volkswagen-Konzerns, sowie zunehmend dynamischen Selbstzündern von BMW oder Mercedes legten die Dieselmotoren von einst ihr Wanderdünen-Image ab und selbst Sportwagenmarken wie Porsche oder Maserati sprangen gerade mit ihren SUV und großen Limousinen auf den Dieselzug auf. Wer sich 2010, 2012 oder sogar noch 2015 einen nach seiner Meinung aktuelles Fahrzeug mit hochmodernem Dieselmotor gekauft hat, schaut ab 2018 in die Röhre. Doch was kann man tun? Nach Aussagen der Stadt Stuttgart liegt der innerstädtische Dieselanteil hier bei rund 50 Prozent. Nicht alle werden sich bis zum Jahresende 2017 ein neues Auto kaufen wollen. Gerade bei teuren Dieselmodellen kommt die temporäre Aussperrung aus der Innenstadt einer partiellen Enteignung des einzelnen Autofahrers gleich. Auch weil die strengen Normen für viele Fahrzeuge aus der öffentlichen Hand nicht gelten.
Wer sich aktuell ein neues Auto kaufen will, ist auf der sicheren Seite. Seit September 2015 erfüllen alle Dieselneufahrzeuge die Abgasnorm Euro 6. Wer sich einen Diesel als Gebrauchtwagen kaufen will, muss daher darauf achten, dass dieser die strenge Abgasnorm Euro 6 erfüllt. In den meisten Fällen wird dies jedoch nur von Autos ab dem Modelljahr 2016 erreicht. Diese Fahrzeuge sind jedoch gerade einmal sechs bis 15 Monate alt und entsprechend teuer. Für Besitzer von älteren Dieselfahrzeugen bleibt allein die Möglichkeit, auf ein Auto mit Benzinmotor umzusteigen. Diese sind aktuell nicht von der Feinstaubdiskussion betroffen und daher ist man zumindest zunächst einmal auf der sicheren Seite. Doch auch hier gibt es Gefahr, denn mittelfristig schaffen viele Benzindirekteinspritzer die neuen Abgasnormen nur mit einem Benzinpartikelfilter. Das Hauptproblem haben daher bis auf weiteres erst einmal nur die Dieselautos, die älter als Herbst 2015 sind und so mit der Schadstoffklasse Euro 4 oder Euro 5 unterwegs sind.