Der neue BMW i5 bei einer Testfahrt in Lissabon.

Der neue BMW i5 wirkt modern, ohne mit Traditionen zu brechen. (Bild: BMW / Bernhard Limberger)

Es ist Premiere und Jubiläum zugleich: Ein halbes Jahrhundert nachdem der erste 5er den Produktionsstart am Standort Dingolfing einläutete, bringt BMW die achte Generation der Erfolgsreihe auf den Markt. Rund die Hälfte der europäischen Nachfrage soll bereits auf die vollelektrischen Aushängeschilder des BMW i5 eDrive40 und i5 M60 xDrive entfallen. Ergänzt werden diese durch einen Benziner (BMW 520i) sowie zwei Diesel-Varianten mit Reihenvierzylinder und 48-Volt-Mild-Hybrid-Technologie (BMW 520d & 520d xDrive). Der Anlauf der beiden Plug-in-Hybride sowie des 5er Touring in allen Antriebsvarianten ist indes erst für das Frühjahr 2024 vorgesehen.

Doch nicht nur beim Antrieb gelingt BMW der Spagat zwischen Tradition und Zukunft. Auch beim Exterieur geht der Hersteller im Vergleich zum Vorgängermodell neue Wege und verpasst markentypischen Merkmale wie den Doppelscheinwerfern, dem Hofmeisterknick oder der BMW-Niere einen modernen Anstrich. Letztere ist aufgrund der Hai-ähnlichen Nase, der breiten Einfassung und der optionalen Konturbeleuchtung das prägende Designelement. Es dürfte zwar Nostalgiker geben, welche etwa die Rundscheinwerfer leidlich vermissen, die Balance zwischen Sportlichkeit und Eleganz wahrt der neue 5er aber allemal.

Wie weit reicht die Batterie des BMW i5?

Beim Fahrgefühl verhält es sich ähnlich: Die Maße der achten Generation haben leicht zugenommen, der Radstand wurde vergrößert. Freude am Fahren bereitet sie dennoch. Als BMW i5 eDrive40 bringt die in Portugal getestete, vollelektrische Variante bis zu 250 kW/340 PS und ein maximales Drehmoment von 430 Nm auf die Hinterachse. Die Marke von 100 km/h wird damit in sechs Sekunden erreicht, bei 193 km/h ist allerdings Schluss. Deutlich rasanter geht es beim i5 M60 xDrive zu. Der elektrische Allradantrieb kommt auf 442 kW/601 PS, ein Systemdrehmoment von bis zu 820 Nm und spurtet in 3,8 Sekunden von Null auf 100 – Höchstgeschwindigkeit 230 km/h.

Wesentlich wichtiger dürfte in Zeiten der Elektromobilität jedoch die Reichweite sein. Schließlich steht die Reihe zwischen 3er und 7er ebenso für Komfort auf Langstrecken. In der Basisvariante gibt BMW hierfür einen WLTP-Wert zwischen 479 und 582 Kilometern an. Der M60 liegt etwas darunter. Für Vielfahrer bleibt dies auf langen Strecken eine Krux. Da tröstet auch die neue Max Range-Funktion nur bedingt darüber hinweg. Mit ihr lässt sich die Reichweite um bis zu 25 Prozent erhöhen, sollte sich die Suche nach einer Ladestation schwieriger gestalten als gedacht. Klimaanlage, Sitzbelüftung sowie Sitz- und Lenkradheizung sind dann nicht mehr nutzbar. Zudem wird die Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h limitiert.

BMW vereinfacht das Laden des i5

An der Ladestation angekommen, ermöglicht die Combined Charging Unit (CCU) das Laden mit Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC). Beim AC-Laden geschieht dies serienmäßig mit einer Leistung von bis zu 11 kW oder optional mit bis zu 22 kW. An DC-Schnelladesäulen sind es bis zu 205 kW, wodurch die Hochvoltbatterie in rund 30 Minuten von zehn auf 80 Prozent geladen wird. An öffentlichen Ladesäulen wird dafür erstmals keine Ladekarte mehr benötigt: Bis zu fünf unterschiedliche Anbieterverträge können digital hinterlegt werden. Das Fahrzeug authentifiziere sich dann automatisch über die neue Plug & Charge-Funktion, erklärt Nina Schramm, zuständig für Charging and Energy Services bei der BMW Group.

Ebenfalls neu ist das Connected Home Charging. Es adressiert mit der Möglichkeit des solar- und lastoptimierten Ladens die Kombination aus heimischer Wallbox und Photovoltaikanlage. Auch Kosteneinsparungen auf Basis eines dynamischen Stromtarifvertrags sind möglich. Bidirektionales Laden und die damit einhergehende Vernetzung mit dem Energiemarkt sieht BMW jedoch erst für künftige Fahrzeuggenerationen vor, auch wenn dafür – gemeinsam mit dem Kooperationspartner E.ON – schon jetzt die Grundlagen geschaffen wurden.

BMW rollt das Operating System 8.5 aus

Im Innenraum hat sich gegenüber dem Vorgänger eine Menge verändert. Als erstes Modell hat der 5er zum Beispiel serienmäßig eine vollständig vegane Interieurausstattung verbaut. Andere Neuerungen sind unter anderem bereits von der Premiere des neuen 7ers bekannt: Die Anzahl der Tasten wurde reduziert, dafür zieht sich die optionale, hinterleuchtete Interaction Bar über die gesamte Breite der Instrumententafel. Sie dient als Bedienfeld für die Klimatisierung oder die Warnblinkanlage und weist mit Hilfe von Lichtanimationen auf eingehende Anrufe oder das sichere Öffnen der Türen hin.

Der volldigitale Anzeigenverbund des BMW Curved Displays wurde ebenfalls schon in anderen Modellen verbaut. Er besteht aus einem 12,3 Zoll großen Kombiinstrument und einem 14,9 Zoll großen Bildschirm auf Höhe der Mittelkonsole. Neu ist hingegen das Betriebssystem, das auf dem Weg zur neunten Generation einen Zwischenschritt einlegt und via Update auf andere Modelle ausgeweitet wird. Es basiert zwar weiterhin auf Linux, soll für den Kunden aber weitestgehend deckungsgleich mit dem Nachfolger sein. Die Flottendaten aus dem Operating System 8.0 haben die Verbesserungen für das OS 8.5 vorgegeben, erläutert Florian Baumeister, Head of Product Management BMW 5 Series.

Infotainment benötigt noch mehr Individualisierung

Die offensichtlichste Veränderung beim Infotainment ist der neugestaltete Einstiegsbildschirm und der Schnellzugriff über QuickSelect. Anstatt einer individualisierbaren, horizontalen Aufreihung der Menüpunkte legt BMW fortan zwei Kacheln als weitere Infoebene auf die Navigation. Das trägt enorm zur Übersichtlichkeit bei und erspart stetige Wechsel in Untermenüs. Einziger Wermutstropfen: Zwar lassen sich verschiedene Optionen und Ansichten auswählen, vollständig individualisierbar ist der Layer jedoch nicht. Nichts verändert hat sich hingegen an dem vom Smartphone bekannten Überblick über alle Applikationen – während der Fahrt bleibt er schier unüberblickbar.

Das Kombiinstrument spielt indes alte Stärken aus. Zwar wäre auch hier ein wenig mehr Individualisierbarkeit wünschenswert, doch mit den Optionen für Content, Layout und Head-Up-Display (HUD) lassen sich persönliche Präferenzen noch immer sehr gut abbilden. Allen voran überzeugt das Stöbern durch Spotify über die Lenkradtasten. Der Inhalt der Playlists wird praktischerweise direkt im Sichtfeld des Fahrers angezeigt und bei Nichtgebrauch sofort ausgeblendet. Auch die Navigationskarte, Augmented Reality, Fahrspurempfehlungen oder Verkehrszeichenhinweise ergänzen sich in der Kombination aus HUD und Display in hervorragender Weise.

Streaming und Gaming erobert das Infotainment

Merklich eine Schippe draufgelegt hat BMW beim Entertainment: Im stehenden Fahrzeug können neben YouTube auch landesspezifische Medien abgespielt werden. Über die Plattform TiVo hat der Premiumhersteller unter anderem On-Demand und Live-Inhalte von Bloomberg, der Deutschen Wellen oder TED aggregiert. Steht ein Ladestopp an, schlägt der Algorithmus auf Basis der eigenen Vorlieben zeitlich passende Nachrichten, Filme oder Mediathek-Inhalte zur Überbrückung vor. Daneben existieren zusätzliche Apps, über welche etwa die Tagesschau, der Ryder Cup oder die Bundesliga gestreamt werden können. Insbesondere letztere Applikation mutiert dabei zum absoluten Highlight, denn neben den Zusammenfassungen können über sie alle Spiele live angeschaut werden – in über 15 Ländern. Ein Abo eines Streaming-Anbieters ist nicht von Nöten.

Vorreiter ist die 5er-Reihe zudem beim Gaming. Gemeinsam mit der Spiele-Plattform AirConsole bringt BMW über zehn Casual Games ins Auto, die den Insassen die Standzeit versüßen sollen. Nachdem der QR-Code auf dem Display mit dem Smartphone gescannt wurde, fungiert dieses fortan als Controller. Was sich zunächst wie eine schlechte Alternative zu Handy-Spielen oder anderen Handhelds anhört, konnte beim Test mit mehreren Mitspielern überraschenderweise überzeugen. Sicherlich werden nicht alle Titel aus Genres wie Renn-, Sport-, Quiz- oder Strategie-Spielen zum Dauerbrenner, doch es dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein – und das Angebot soll kontinuierlich ausgebaut werden. Aktuell arbeitet der Autobauer etwa an der Integration von „Wer wird Millionär?“.

Wie gut sind die Fahrerassistenzsysteme im BMW i5?

Während die Sprachassistenz wohl erst im Zuge der tiefergehenden Partnerschaft mit Amazon eine merkliche Verbesserung erfahren wird, macht der 5er im Bereich Fahrerassistenzsysteme den wohl größten Sprung nach vorne. Nach der Premiere im 7er ist es nämlich nicht mehr nur Kunden in Nordamerika vorbehalten, die Hände vom Lenkrad zu lassen. Der Driving Assistant Professional übernimmt fortan auch auf deutschen Autobahnen die Lenkaufgabe, solange die Augen auf die Straße gerichtet sind und die Geschwindigkeit von 130 km/h nicht überschritten wird. In Verbund mit den klassischen Assistenten für Beschleunigung, Abstand und Bremsen sowie der automatischen Verkehrszeichenübernahme lässt es sich dadurch deutlich komfortabler Reisen.

Hinzukommt eine Weltneuheit: Bietet der 5er aufgrund eines vorausfahrenden Fahrzeugs einen Spurwechsel an, genügt dafür ein prüfender Blick in den Seitenspiegel. Selbst mit dunkler Sonnenbrille funktioniert das Feature einwandfrei. Anfangs mag die Hand zwar noch reflexartig zum Blinker greifen, nach kurzer Zeit erweist sich die Kombination mit der Hands-Off-Funktion jedoch als äußerst praktikabel, um wie von Geisterhand durch den Verkehr zu gleiten. Dafür greift die Limousine auf eine Acht-Megapixel-Kamera, einen Long-Range-Radar mit einer Reichweite bis zu 300 Meter, Ultraschallsensoren sowie HD-Karten zurück. Insgesamt sind in dem Modell um die 20 Sensoren verbaut.

Anstatt also den nächsten Meilenstein in Form des dritten SAE-Levels zu forcieren, baut BMW auf bisherige Stärken auf und beweist beispielsweise mit den Einstellungen zur Kurvengeschwindigkeit die nötige Liebe zum Detail. Das Fazit für die Neuerungen fällt dementsprechend positiv aus. Insbesondere deutsche Kunden bekommen in der 5er-Reihe ein ADAS-Komplettpaket, das von klassischen Helfern für alle Fahrszenarien über die bekannte Kreuzungs- und Ampelassistenz bis hin zu innovativen Funktionen auf SAE-Level 2 reicht.

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