Weißer Daimler-Schriftzug auf grauem Hintergrund

2016 hat Mercedes-Benz knapp 37 000 Neuwagen in Russland verkauft. (Bild: Daimler)

Bis zum Industriepark Jessipowo nordwestlich von Moskau sind es rund 40 Kilometer über die Landstraße in Richtung St. Petersburg. Auf einer Fläche von rund 300 Hektar soll das Mercedes-Werk entstehen. Das Ziel: Bis zu 25 000 Fahrzeuge sollen jährlich vom Band laufen. E-Klasse-Limousinen und Geländewagen - die bisherigen Bestseller in Russland - will Mercedes-Benz produzieren und so seine ohnehin starke Position im russischen Premium-Segment ausbauen.

"Russland ist ein strategisch wichtiger und absatzstarker Markt", sagt ein Sprecher von Mercedes-Benz der Deutschen Presse-Agentur. "Mit einer lokalen Produktion sind wir in Russland näher an unseren Kunden", sagt auch Markus Schäfer, Vorstandsmitglied bei Mercedes-Benz Cars.

2016 hat Mercedes-Benz knapp 37 000 Neuwagen in Russland verkauft. Zwar war dies ein Minus von elf Prozent im Vergleich zu 2015, doch zumindest im Mai und April legte der Absatz wieder leicht zu. Im Lkw-Segment baut Daimler bereits seit einigen Jahren zusammen mit dem staatlichen Hersteller Kamaz Fahrzeuge für den russischen Markt.

Mit rund 2,9 Millionen verkauften Neuwagen lag Russland 2012 europaweit auf Platz zwei hinter Deutschland. Der Ölpreis- und Rubelverfall stürzten das Land in eine schwere Krise, viele mussten sparen. 2016 kauften die Russen noch 1,4 Millionen Autos.

Erstmals seit mehr als vier Jahren Krise sehen sich die Autobauer in Russland nun wieder im Aufwind. Beflügelt von einer wirtschaftlichen Entspannung haben die Russen zwischen März und Mai erstmals wieder mehr neue Autos gekauft. Allein im Mai sieht die Vereinigung Europäischer Unternehmen (AEB) in Moskau ein Plus von 14,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Dies sei das erste zweistellige Wachstum seit Jahren, sagt AEB-Experte Jörg Schreiber. Zwar ist die Bilanz seit Jahresbeginn mit einem Gesamtwachstum von 5,1 Prozent bescheiden. Aber: "Der Erholungsprozess wandelt sich in einen dauerhaften Trend", meint er.

Ein Trend, von dem die russischen Behörden positive Effekte erwarten. Daimlers Investition von mehr als 250 Millionen Euro soll nach Konzernangaben mehr als 1000 Arbeitsplätze schaffen. "Das ist ein wichtiges und symbolisches Ereignis", sagt Gouverneur Andrej Worobjow. So wichtig, dass sich Industrieminister Denis Manturow zur Grundsteinlegung angekündigt hat. Es ist die erste Neuniederlassung eines großen westlichen Autoherstellers in Russland seit zehn Jahren.

Um Daimler die Investition zu versüßen, sparen die Behörden nicht mit Anreizen. Bis 2025 hat die Moskauer Gebietsverwaltung Mercedes-Benz von der Umsatzsteuer befreit. Bis 2029 steigt sie graduell auf 13,5 Prozent. Hinter vorgehaltener Hand vermuten Beobachter auch, dass Mercedes seinen Status als beliebte Marke für Funktionäre verteidigen will. 2014 hatte die Regierung festgelegt, dass Behörden ihre Fuhrparks nur mit Autos aus russischer Produktion bestücken dürfen.

Matthias Schepp, Leiter der Auslandshandelskammer, ist aber überzeugt: "Die russischen Regionen rollen Investoren in letzter Zeit den roten Teppich aus." Es werde geschätzt, dass etwa deutsche Firmen trotz politischer Probleme zwischen Moskau und dem Westen an Russland festhalten. "Während amerikanische Konzerne wie General Motors Russland verlassen haben, sind deutsche Unternehmen geblieben und gehen sogar verstärkt rein."

In der Tat springt Daimler mit seiner Produktion in Russland auf einen Zug auf, den Mitbewerber schon vor Jahren bestiegen haben. BMW ist seit 1999 in der Ostsee-Exklave Kaliningrad (früher Königsberg) vertreten, 2015 wurden dort 16 200 Fahrzeuge gefertigt.

Auch Volkswagen hatte zuletzt sein Engagement in Russland ausgebaut. "Selbst in den vergangenen Krisenjahren haben wir unser Russlandgeschäft weiterentwickelt und zusätzliche 500 Millionen Euro in Produktion und Anlagen investiert", sagt VW-Russland-Chef Marcus Osegowitsch. Unter anderem hatten die Wolfsburger 2015 an ihrem Standort in Kaluga südlich von Moskau ein Motorenwerk eingerichtet.

Erst vergangene Woche verlängerte VW seine Kooperation mit dem russischen Autobauer GAZ bis 2025. Die Konzerne arbeiten seit 2011 eng zusammen. VW fertigt im GAZ-Werk in Nischni Nowgorod den VW Jetta und die Skoda-Modelle Yeti und Octavia.

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dpa