Von Mode über Nahrungsmittel bis hin zu Fahrzeugen: Die Wahl nachhaltiger Produkte macht sich für Kunden meistens auf dem Kassenbon bemerkbar. Im Automotive-Bereich zeigt sich dieser Trend vor allem dann, wenn es um die Anschaffung von Elektro- oder sogar Wasserstofffahrzeugen geht. Dabei existieren durchaus nachhaltige Fertigungstechnologien, die Betriebskosten und zu die Fahrzeugpreise senken könnten.
„Im Kern der nachhaltigen Fertigung geht es darum, das Potenzial verfügbarer Technologien und Prozesse so zu nutzen, dass die Ressourceneffizienz maximiert und das Materialausschuss minimiert wird“, sagt Sherri Monroe, Executive Director der Additive Manufacturer Green Trade Association (AMGTA). „Egal, ob man mit Nachhaltigkeitsstrategien primär eine bessere Ökobilanz, den sozialen Impact der eigenen Organisation oder sogar deren ökonomische Zukunftsfähigkeit erreichen möchte, letztendlich muss immer Ressourceneffizienz im Fokus stehen.“ Gleiches gelte für die Vermeidung von Verschwendung – sowohl im Hinblick auf die genutzten Materialien und Bauteile, aber auch im Hinblick auf die Arbeitszeit der eigenen Belegschaft. Eine andere Definition hat Ahmed AdbelNasser, CEO des Beratungs- und Softwareunternehmens GebX Technology Solutions mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten, parat: „Im Bereich der nachhaltigen Fertigung reicht es nicht aus, sicherzustellen, dass das Shopfloor ökologisch gut aufgestellt ist. Es geht vielmehr darum, einen Dominoeffekt zu starten, der sich jenseits der eigenen Aktivitäten durch die gesamte Wertschöpfungskette zieht“, so der Experte.
Lichter aus in der Produktion
Für Autohersteller existieren verschiedene Methoden und Technologien, die Autoherstellern dabei helfen können, ihre Fertigung ganzheitlich nachhaltig aufzustellen. Eine davon ist – infolge der stetigen Weiterentwicklungen im Internet of Things, der Automatisierung, KI und 5G – die Idee der „dunklen Fabrik“ beziehungsweise des „lights-out manufacturing“. Die Idee hinter dem Konzept beschreibt einen Ressourcenfluss in die Fabrik, der mit möglichst wenig menschlicher Arbeit zu einem fertigen Produkt wird. Bis zu dem Punkt, an dem sich Hersteller die komplette Beleuchtung ihrer Werkshallen leisten können, ist der Weg noch weit, das Konzept verspricht jedoch deutlich mehr Effizienz und weniger Kosten bei einer gleichzeitig besseren Nachhaltigkeitsbilanz. Langfristig sei es denkbar, dunkle Fabriken günstiger abseits von Ballungsgebieten zu bauen und neben der Beleuchtung auch auf Belüftungssysteme oder Heizungen zu verzichten. Wenig verwunderlich, dass einige Hersteller bereits in bestimmten Fabrikbereichen darauf setzen, menschliche Mitarbeiter auszusperren.
Der chinesische Elektronik-Riese Xiaomi, der seit 2021 unter die Autobauer gegangen ist, betreibt in der Nähe von Peking bereits eine hochgradig automatisierte Fabrik, die rund 40 Fahrzeuge pro Stunde fertigen kann. Unter anderem setzt das Unternehmen dabei auf Technologien aus dem Bereich des Gigacasting, um die Anzahl nötiger Komponenten und Verbindungen drastisch zu senken. Viele Teile des Body- und Paintshops des Werks sind hochgradig automatisiert – gleiches gilt für die finale Montagelinie sowie die Qualitätskontrolle.
Mikrofabriken erhöhen die Flexibilität
In eine andere Nachhaltigkeitskerbe schlägt derweil das Konzept der Mikrofabrik. „Diese kleineren, hocheffizienten Produktionsstandorte können auch zu mehr Kostendisziplin und ökologischen Vorteilen führen“, erklärt Abdel Nasser. „Mikrofabriken erlauben Unternehmen, die Produktion auf eine Art und Weise zu skalieren, die Transportkosten und Abfälle senkt und gleichzeitig die flexiblere Anpassung an neue Marktanforderungen erlaubt.“ Nicht nur in dunklen oder geschrumpften Fabriken steht derweil die digitale Plattform im Fokus, auf der die Fertigungsprozesse abgestimmt werden. Entsprechende Systeme sind bereits Standard in den weltweiten Automobilwerken, doch die Integration von KI-Systemen könnte künftig einen deutlichen Unterschief machen, wenn es darum geht, den Carbon Footprint zu senken und Kosten zu reduzieren.
Abfall muss vermieden statt wiederverwertet werden
Ein zentraler Baustein jeder Nachhaltigkeitsstrategie ist das Recycling. Doch Experten raten Autoherstellern vor allem dazu, die Ressourceneffizienz zu verbessern statt ihre Prozesse vom Recycling-Gedanken aus zu starten. „Wird der Weg zur nachhaltigen Produktion in erster Linie als Verbesserung der Ressourceneffizienz betrachtet, entsteht ein ganz neues Mindset“, erklärt etwa Sherri Monroe. „Die bessere Nutzung von Energie, Material oder Lagerraum führt zu besseren ökologischen und ökonomischen Ergebnissen“. Vermeidbare Recyclingprozesse könnten hingegen, etwa durch die notwendige Logistik und die Kosten entsprechender Anlagen, zu entsprechenden Nachteilen führen.
Eine Möglichkeit, Überproduktion und Ressourcenverschwendung zu vermeiden, könnte etwa im 3D-Druck bestehen, so Monroe weiter. Durch die Möglichkeit, der dezentraleren Fertigung konsolidierter Bauteile ließen sich sowohl Logistikkosten sparen als auch stabilere Komponenten ins Fahrzeug bringen. Abseits additiv gefertigter Fahrzeugkomponenten ließe sich die Technik auch nutzen, um bestehende Fertigungssysteme zu optimieren – etwa im Werkzeug oder Formenbau.
Weniger ist mehr
Zahlreiche Autobauer verfolgen aktuell bereits die von 3D-Druck-Expertin Monroe propagierten Ziele und haben verschiedene Waste Management-Systeme in den Einsatz gebracht. Im 2023 veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht von Skoda etwa ist die Rede von einem „signifikantem Fortschritt“ auf dem Weg zur Klimaneutralität der drei tschechischen Werke bis zum Jahr 2023. „Wir müssen uns derzeit mit volatilen Energiemärkten und der teilweise beschränkten Verfügbarkeit von Ressourcen auseinandersetzen“, erklärt Milos Halbich, Werksleiter am Skoda-Standort Kvasiny. Daher habe man sowohl hybride Ansätze zur Kombination verschiedener Ressourcen zum Einsatz gebracht wie Systeme der Kreislaufwirtschaft. Gleichzeitig bleibe die Ressourceneffizienz und die Vermeidung von Abfällen eine Priorität innerhalb der eigenen Lean-Strategie. Zwar betont Halbich die positiven Auswirkungen, die etwa smarte Robotik-Systeme, zentrale Datenplattformen oder das Internet der Dinge auf die eigene Produktion ausüben, im Kern der Strategie stehe jedoch die Vermeidung von Überproduktion und Abfällen.
Eine entsprechende Strategie verfolgt auch der Stellantis-Konzern: „Nachhaltigkeit umfasst etwa die Frage, wie wir Energie, Materialien und Wasser beziehen ebenso wie die Menge an Recycling-Ressourcen, die in unseren Fahrzeugen zum Einsatz kommen“, erklärt Alison Jones, Senior Vice President in der Business Unit Circular Economy beim Autohersteller. Die Strategie des Herstellers umfasse außerdem eine möglichst geringe Nutzung von Wasser, Energie und schädlichen Substanzen in den genutzten Materialien sowie die effiziente Nutzung von Rohstoffen.
Dieser Artikel erschien ursprünglich bei unserem englischen Schwestermagazin automotive manufacturing solutions. Das englische Original finden Sie hier.