Batteriezellproduktion von BMW

Vor allem bei der Produktion von Batterien fallen hohe Kosten an, die dafür sorgen, dass Elektroautos für viele Menschen noch zu teuer sind. (Bild: BMW)

Automobil Produktion Kongress 2024

Automobil Produktion Kongress 2024

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Die von jetzt auf gleich gestrichene Kaufprämie war für viele Privatkunden zunächst ein Schock. Nun entpuppt sich der kommunikative Offenbarungseid der Ampel-Koalition immerhin noch als Hoffnungsschimmer für endlich sinkende Preise für E-Autos. Zuletzt häuften sich derartige Meldungen: Ob Tesla, VW oder Renault – viele große OEMs drückten rund um den Jahreswechsel die Einstiegspreise einiger Modelle. Doch trotz aller Bemühungen sind die Möglichkeiten noch immer begrenzt, was vor allem an den in der Produktion anfallenden Kosten liegt. Die Managementberatung Oliver Wyman bezifferte die Produktionskosten eines Mittelklasse-Verbrenners im Jahr 2022 auf durchschnittlich rund 23.000 US-Dollar. Bei Mittelklasse-Elektroautos lagen diese laut den Beratern bei mehr als 34.000 US-Dollar – eine Kostendifferenz von mehr als 10.000 Dollar pro Stück. Haupttreiber ist dabei die Batterie, die für mehr als ein Drittel der Produktionskosten sorgt. Dennoch dürfte die Preisparität in den nächsten Jahren deutlich näher rücken.

Die einzelnen Kostenpunkte bei Elektroautos

Mit rund 37 Prozent beziffern die Berater von Oliver Wyman den Anteil der Batterie in den Gesamtkosten, die bei der Produktion eines Elektroautos anfallen. Was einerseits schnell erklärt, warum BEVs noch immer teurer sind, macht auf der anderen Seite auch Hoffnung. „Grundsätzlich sind die Kostenregressionspotenziale bei den neuen Technologien deutlich größer als bei den älteren “, sagt Fabian Brandt, Leiter des Geschäftsbereichs Automobil- und Fertigungsindustrie bei Oliver Wyman. Eine Batterie werde natürlich viel schneller günstiger als beispielsweise eine Stahlkarosse, die bereits Jahrzehnte der Entwicklung hinter sich habe. Im Vergleich: Beim Verbrenner nehmen strukturelle Elemente wie die Karosse und der Motor zusammen 40 Prozent der Produktionskosten ein. Der Antrieb selbst macht hier nur rund ein Fünftel der Kosten aus und nicht wie beim E-Auto fast das Doppelte. Während E-Autos keinen klassischen Motor, kein Getriebe, kein Kraftstoffsystem und keinen Auspuff benötigen, kommen Punkte wie die EV-Elektroarchitektur (vier Prozent), Elektromotor (vier Prozent) und die Leistungselektronik (fünf Prozent) hinzu.

Vier Faktoren begrenzen das Einsparungspotenzial

Die Optimierungspotenziale sind laut Brandt bei vier Aspekten limitiert. "Diejenigen Player, die eine integrierte Wertschöpfungskette haben, werden in der früheren Phase einer technischen Entwicklung größeres Optimierungspotenzial haben. Insbesondere an den Schnittstellen ergeben sich hier größere Potenziale als bei denjenigen, die sehr arbeitsteilig aufgestellt sind", so der Berater. Auf lange Sicht könne sich dieser Nachteil aber zum Vorteil entwickeln. Denn wenn das Geschäft ausgereifter ist, hätten die Spezialisten die meisten Skaleneffekte. Für ein etabliertes Geschäft sei das arbeitsteilige besser. Für ein neu entstehendes Geschäft biete das integrierte mehr Potenzial.

Der zweite Punkt ist der Zugang zu kostengünstigen Rohstoffen. "China hat einen sehr hohen Weltmarktanteil bei der Extraktion und der Raffinierung der für die Batterie relevanten Rohstoffe. Die chinesischen Player kommen im Schnitt mehr als zehn Prozent günstiger an die Materialien heran", sagt Brandt.

Als drittes nennt der Analyst die Arbeitskosten. China beispielsweise habe immer noch geringere Lohnkosten als Deutschland. Dieser Lohnkostenvorteil sei einfach größer als der Logistiknachteil. Und der vierte Punkt sind die unterschiedlich angesetzten Qualitätsstandards. "Die chinesischen Unternehmen können so auf kostengünstigere Materialien, Spezifikationen oder Fertigungsverfahren zurückgreifen, die die Europäer gar nicht nutzen wollen", so Brandt. Das heiße nicht, dass es sich bei den chinesischen Produkten um minderwertige Sachen handle. „Es sind teilweise nicht in gleicher Form bewährte Verfahren und Materialien.“ Der europäische Qualitätsanspruch stehe hier im Weg, was Brandt aber als positiv bewertet, auch wenn es das Potenzial für Kosteneinsparungen eben limitiere.

Welche Rolle spielen die Energiekosten?

„Die Energiekosten für die gesamte Wertschöpfungskette sind bei einem BEV noch 50 bis 60 Prozent höher als bei einem Verbrenner, was hauptsächlich an der Batterieherstellung liegt“ stellt Brandt klar. Für ihn entstehe dadurch aber für deutsche OEMs kein unmittelbarer Nachteil, denn die Batterie müsse nicht unbedingt in Deutschland gefertigt werden. Das stehe der Montage von Fahrzeugen nicht im Weg, so der Experte. Der Montageprozess an sich sei vergleichbar, hier komme es nicht zu signifikanten Nachteilen von E-Autos gegenüber Verbrennern.

Endet die Reichweiten-Angst mit besseren Angeboten?

Die Forderungen sind längst ausformuliert. Es braucht mehr Angebote, vor allem in der Breite und im Kleinwagensegment. Hier ist in den letzten Jahren ein Teufelskreis entstanden. „Das Thema Reichweitenangst beherrscht die öffentliche Debatte in einem Maße, das sachlich nicht gerechtfertigt ist. Das führt zu einem starken Fokus der Verbraucher auf eine hohe Reichweite, was wiederum die Kosten der Autos treibt“, so Brandt. Dennoch glaubt er an einen Wandel. Wenn der Markt sich stärker ausdifferenziere, würden die Leute akzeptieren, dass insbesondere kleinere Autos geringere Reichweiten haben, was für den Use-Case, der hinter diesen Autos stecke, gerechtfertigt sei. "Hier werden wir erhebliche Kostenregressionen sehen, weil die Fahrzeuge funktionell nicht mehr dementsprechend ausgestattet sein werden."

Schlägt Vertrauen günstigere Preise?

Am Ende bleibt abzuwarten, wie hoch der Marktanteil der Chinesen auch aufgrund der geringeren Produktionskosten in Europa steigen wird. Dass dieser signifikant sein wird, steht für Brandt fest. Dennoch gebe es gewisse Qualitätsfaktoren, die schwer aufholbar sind. „Die europäischen Unternehmen haben ein über Jahrzehnte aufgebautes Verbrauchervertrauen, die Markenwerte sind stark, sie stehen für hohe Qualität und Zuverlässigkeit und sie sind verlässlich am Markt vertreten, haben starke Vertriebs- und Servicenetze." All diese Dinge müssten mitberücksichtigt werden.

Vor allem sei es aber elementar, dass die Exploration und Raffinierung von Rohstoffen mit dem Bedarf an E-Autos schritthalten kann. Denn kommt es zu Engpässen bei den Rohstoffen, führten diese zu Preissteigerungen, welche etwaige Effizienzgewinne bei der Produktion auffressen würden, prognostiziert Brandt.

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