Neues Prüfzentrum

Wie testet Mercedes-Benz Lichtsysteme unter Realbedingungen?

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Seitliche Ansicht eines blauen Testfahrzeugs im neuen Lichttest-Zentrum von Mercedes-Benz in Immendingen – mit gezielter Lichtbestrahlung unter kontrollierten Bedingungen.
Im neuen Lichttest-Zentrum in Immendingen können Scheinwerfer-Systeme unter exakt reproduzierbaren Bedingungen getestet werden – unabhängig von Tageszeit oder Wetter.

Mercedes-Benz hat in Immendingen ein neues Lichttest-Zentrum eröffnet. Die 135 Meter lange Halle simuliert reale Straßenbedingungen bei völliger Kontrolle über Licht und Umgebung.

Mit der jüngsten Erweiterung seines Prüf- und Technologiezentrums in Immendingen will Mercedes-Benz seine Entwicklungskapazitäten ausbauen. Das neue Lichttest-Zentrum gehört mit 135 Metern Länge und acht Metern Höhe zu den größten seiner Art in der Automobilbranche. Die Anlage ermöglicht es, Scheinwerfersysteme und Lichtassistenzsysteme unter vollständig reproduzierbaren Bedingungen zu testen – unabhängig von Tageszeit, Wetter oder Umwelteinflüssen. Die realitätsnahe Nachbildung einer Landstraße inklusive Gegenverkehr, vorausfahrender Fahrzeuge, Leitpfosten sowie Fußgänger-Dummys erlauben praxisnahe Versuchsreihen. So können bis zu fünf Fahrzeuge parallel getestet werden.

Beim sogenannten „Heidedauerlauf“ übernehmen Fahrroboter die Steuerung der Fahrzeuge auf einer besonders anspruchsvollen Schlechtwegestrecke. Diese Anlage simuliert mit Schlaglöchern, Bodenwellen und Pflastersteinen extreme Straßenverhältnisse. Die Fahrroboter sollen nicht nur konstante Bedingungen und höchste Präzision garantieren, sondern zudem auch einen 24/7-Betrieb ohne Belastung menschlicher Testfahrer ermöglichen. Dadurch verspricht sich der OEM schnellere Entwicklungszyklen, aussagekräftigere Ergebnisse und eine Entlastung der Testpersonale.

Wie hilft der digitale Zwilling bei der Entwicklung?

Alle Testmodule in Immendingen existieren auch als digitale Zwillinge. Diese digitale Replikation ermögliche es, Belastungen, Fahrverhalten und Systemreaktionen in Vorab-Simulationen realitätsgetreu nachzuvollziehen. Besonders bei der Fahrwerksentwicklung soll diese Technik intensiv genutzt werden: Mehr als 100 Varianten werden digital simuliert, bevor sie real getestet werden. So sollen Kosten gesenkt, Entwicklungszeiten verkürzt und Ressourcen geschont werden.

Seit dem Spatenstich vor zehn Jahren gilt das 520 Hektar große Prüfgelände als Herzstück der Fahrzeugentwicklung der Schwaben. Mit über 30 Testmodulen und 86 Kilometern Fahrstrecke ist Immendingen eine echte Welt im Kleinen. Die Bandbreite reicht vom Stadtverkehrsszenario über Passstraßen bis hin zu Offroad-Abschnitten. Künstliche Sonne, Starkregenanlagen und sogar nachgebildete Straßen aus den USA, China oder Europa zeichnen das Zentrum zusätzlich aus. Die Natur bleibt dabei nicht außen vor: Schafe pflegen die Wiesenflächen und Lamas schützen die Herde.

Rund 80 Prozent der vormals auf öffentlichen Straßen durchgeführten Tests wurden auf das Gelände verlagert. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch internationale Testreisen – ein relevanter Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Entwicklungspraxis. Auch die Nähe zur Konzernzentrale in Stuttgart (nur eine Stunde entfernt) trage zur Effizienz bei. Die Investitionssumme von bisher 400 Millionen Euro unterstreicht die strategische Bedeutung des Standorts für den Automobilhersteller.