BYD Fahrzeug / BYD macht sich auf den Weg nach Westen

In China ist BYD längst ein zentraler Mobilitätsplayer. Doch auch europäische Autobauer sollten das Unternehmen auf dem Schirm haben. (Bild: BYD)

Wer auf den Straßen der chinesischen Metropolen wie Shanghai, Peking oder Ghuangzhou unterwegs ist, kann sich der automobilen Übermacht von BYD kaum verschließen. Dominierten hier einst gerade europäische Mittel- und Oberklasselimousinen, so prangt am Heck von immer mehr Fahrzeugen das Markenlogo mit den drei Buchstaben BYD – Build Your Dreams. Der chinesische Autohersteller hat seine eigenen Träume in den vergangenen Jahren in die Tat umgesetzt. Erst im Februar 1995 gegründet hat sich der Autobauer aus Shenzhen von einem Akkulieferanten für Motorola und Nokia mittlerweile zur Nummer eins in China gemausert und dabei den Volkswagen-Konzern nach beinahe vier Jahrzehnten auf Platz zwei verdrängt. Gründer Chuanfu Wang startete einst mit 20 Mitarbeitern - doch bereits fünf Jahre später war BYD in China Marktführer für wiederaufladbare Batterien. 2003 diversifizierte Wang Chuanfu sein Unternehmen und begann mit der Entwicklung von Elektroautos. Mittlerweile hat BYD rund 290.000 Mitarbeiter, weltweit über 30 Industrieparks und mehr als 40 Niederlassungen. An den chinesischen Börsen Shenzen und Hongkong wird BYDE gleich mit drei Unternehmen gelistet.

Was viele nicht wissen, bereits seit dem Jahre 1998 ist BYD auch in Europa präsent – wenngleich mit wenig Aufmerksamkeit und kaum mit nennenswerten Stückzahlen auf den imageträchtigen Märkten wie Deutschland, Italien, Frankreich oder einst England. Das soll sich bis zum Ende des Jahrzehnts ändern. Aus dem kleinen chinesischen Nebenhersteller ist auf vielen Märkten längst eine große Elektronummer geworden. Mit mehr als 4,1 Millionen verkauften Fahrzeugen (Stand: April 2023) ist BYD einer der weltweit größten Hersteller von elektrifizierten Fahrzeugen und hat damit bisweilen Tesla als größten Hersteller reiner Elektrofahrzeuge verdrängt. Dabei geht es Build Your Dreams nicht um die Autobranche allein, denn in mittlerweile 70 Ländern und 400 Städten spielt der chinesische Großkonzern eine wichtige Rolle in den Branchen Automobil, Elektronik, erneuerbare Energien und Schienenverkehr.

BYD bedient alle Modellklassen

An sich lockt die Barcelona Motorshow keinen Autobegeisterten hinter dem Ofen hervor und selbst bei den Nordspaniern hat die Automesse keine besondere Bedeutung. Bei den internationalen Herstellern spielt die spanische Leistungsschau nicht einmal in der zweiten Liga. Ganz anders sieht das bei BYD aus. Die Chinesen zeigten auf dem Messegelände nicht nur den neuen BYD Dolphin, eine Schräghecklimousine aus der Kompaktklasse, sondern auch den Seal, der in der oberen Mittelklasse als klassische Limousine gegen die zumeist europäische Konkurrenz antritt. Zum ersten Mal wurden dem spanischen Publikum der BYD Dolphin und Seal präsentiert. Mit dem 4,29 Meter langen Dolphin will BYD seinen Einstieg in den spanischen Markt feiern und damit nicht allein die Heimspieler von Seat und Cupra unter Druck setzen, sondern auch deren Kernmarke Volkswagen sowie den Stellantis Konzern mit seinem breiten Produktportfolio.

BYD heißt mittlerweile auch elektrisch. Der Dolphin ist eine gefällige Schräghecklimousine, die in allen vier Ausstattungsvarianten viel Platz, bis zu 1.310 Liter Laderaum und drei Elektroantriebe bietet. Selbst auf dem preissensiblen iberischen Markt dürften sich nur wenige für die 70 kW / 95 PS starke Basisversion entscheiden, die bei knapp 30.000 Euro startet. Das Kundeninteresse dürfte sich auf die 130 kW / 177 PS starke Boost-Variante konzentrieren, die gerade einmal 30.690 Euro kostet. Darüber rangiert das 150 kW / 204 PS starke Topmodell, das 160 km/h schnell ist. Der Kunde hat bei allen Antrieben Wahl, ob er sich für das kleine 44,9-kWh-Akkupaket oder die größere Version mit immerhin 60,4 kWh entscheidet, mit der die Dolphin-Modelle über 420 Kilometer weit kommen. Ein Problem bleibt die schwache Ladegeschwindigkeit von 88 kW. Marktstart ist im September.

BYD Seal / BYD wagt den Sprung nach Westen
Der BYD Seal soll eine Reichweite von bis zu 570 Kilometern erreichen. (Bild: BYD)

Der 4,80 Meter lange BYD Seal wildert in dem Segment, das der klassenhöhere VW ID.7 als Passat-Nachfolger für sich einnehmen will. In Sachen Motorleistung fährt der elektrische Seal jedoch in einer anderen Liga, denn bereits die Basisversion leistet 230 kW / 313 PS und das 390 kW / 530 PS starke Topmodell kratzt an einem Tesla Model 3 oder einem BMW i4. Dank einer Akkukapazität von 82,5 kWh schafft die Version mit Hinterradantrieb bis zu 570 Kilometer.

Anders als der kleinere Dolphin nutzt der Seal die sogenannte Cell-to-Body-Technologie, was bedeutet, dass die Batterie direkt in den Chassis-Träger integriert ist, ohne dass sie in ein Batteriepaket eingesetzt werden muss. Die Blade-Batterie verwendet als Kathodenmaterial Lithium-Eisen-Phosphat (LFP), hat von Natur aus eine ausgezeichnete thermische Stabilität ausweist und zudem kobaltfrei ist. Außerdem ist LFP-Material sehr langlebig und robust. Zudem sorgt die CTB-Technik für mehr Platz im Innenraum und verbessert die Aerodynamik des Fahrzeugs, während es gleichzeitig eine höhere Torsionssteifigkeit im Falle eines Aufpralls gewährleistet.

BYD-Modellpalette wächst auf fünf E-Modelle

Damit wächst das Portfolio von BYD auch in Europa von bisher drei auf nunmehr fünf Elektroautos, die in die Herzen der verschiedenen Segmente treffen. Auf verschiedenen Märkten sind bereits die Elektromodelle Atto 3, Tang und Han vertreten. Das nächste Modell, das sich ankündigt, ist der BYD Song L, der optisch an den Kia EV6 erinnert. BYD sorgte nicht zuletzt mit einem großen Flottengeschäft für Aufsehen. Der chinesische Autohersteller und Mietwagengigant Sixt einigten sich auf die Lieferung von 100.000 Elektroautos in den kommenden sechs Jahren.

Auf der Auto Shanghai Mitte April hatte BYD seinen großen Auftritt – vor heimischem Publikum deutlich imposanter als in Barcelona zwei Wochen später. Dabei sorgte nicht allein der Edel-Offroader Yangwang U8 für Aufsehen, sondern auch der spektakulär gezeichnete Elektrosportler Yangwang U9. Beide Modelle stehen auf der neu entwickelten E4-Plattform. Diese Plattform ist neben dem Akkupaket mit vier einzeln einzelnen Elektromotoren ausgestattet, was eine besonders filigrane Ansteuerung der Antriebsmomente ermöglichen soll. „Die Marke Yangwang wird die erste sein, die die Spitzentechnologien der BYD-Gruppe einsetzt und den Kunden auch unter extremen Fahrbedingungen ein Höchstmaß an Sicherheit, Leistung und Erfahrung bietet", sagte Wang Chuanfu, Chairman und President von BYD.

BYD geht in den Preiskampf

Doch Build Your Dreams setzt nicht allein auf die höheren Segmente, sondern will insbesondere mit dem kleinen Seagull Elektromodelle für Jedermann weltweit erschwinglich machen. Der Einstiegspreis von unter 79.000 RMB – umgerechnet kaum mehr als 11.000 Euro - ist eine Ansage an Modelle wie den künftigen VW ID2, den Volkswagen in zwei Jahren für rund 25.000 Euro angekündigt hat. Trotz Einstiegssegment ist er mit der neuesten Blade-Akkutechnik ausgestattet und rollt auf der E-Plattform 3.0, die auch den Dolphin beheimatet. Für die Märkte, auf denen Hybridmodelle noch eine Rolle spielen, gibt es ab Sommer zumindest übergangsweise den BYD Chaser 07. Aktuell ist die Kompaktklasse-Limousine das einzige Modell mit Plug-in-Hybridantrieb, das auf dem Heimatmarkt zu Preisen zwischen 200.000 und 250.000 RMB elektrische Reichweiten bis zu 200 Kilometern bietet. Doch generell hat BYD seit Mitte 2022 komplett auf Elektromodelle umgesattelt und ist das Zugpferd der weltweiten China-Offensive.

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