Peter Fintl von Altran

Peter Fintl: "Wir erwarten mögliche Eigenentwicklungen der Automobilhersteller - vielleicht sogar im Rahmen von Allianzen". (Bild: Robert Sommerauer/pixelmaker.at)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Swell, Benteler, Concept Tech: Altran hat in der jüngsten Vergangenheit durch Übernahmen im Automotive-Sektor auf sich aufmerksam gemacht. Welche Botschaft an den Automobilbau und die Fahrzeugentwicklung ist denn damit verbunden?
Die Botschaft ist ganz klar: Altran will und kann Gesamtfahrzeugentwicklung im Kontext der Digitalisierung. Die Automobilbranche befindet sich ja in einem profunden und raschen Wandel. Um den optimal zu gestalten, ist man auf die Unterstützung von Dienstleistern angewiesen. Die Entwicklungspartner müssen die drei „Hohen C“ beherrschen: Competence, Capacity, Co-Location. Als Engineering-Dienstleister machen wir uns auf diesen Kernfeldern fit, und das ganz deutlich mit dem Anspruch weltweit. Das haben wir vor einiger Zeit auch in unserer Strategie Altran2020.Ignition so ganz klar beschrieben und diesen Weg setzen wir jetzt konsequent fort.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie verändern die Mega-Trends Autonomes Fahren, Digitalisierung, Vernetzung und E-Mobility das Anforderungsprofil an Engineering-Dienstleister im Detail?
Lag  früher ein ganz starker Fokus auf Mechanik, Elektrik und Elektronik, Prozessen und so weiter, so sehen wir nun ganz stark die Informations- und Kommunikationstechnologie in den Mittelpunkt rücken und die EDL in der Rolle des kompetenten Begleiters ihrer Kunden auf dem Weg der digitalen Transformation über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Das ist für uns eine neue Herausforderung.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie beeinflusst das den Wettbewerb?
Der ohnehin schon harte Wettbewerb im Bereich der klassischen Entwicklungsdienstleistung wird sich weiter verschärfen. Das heißt beispielsweise, dass auch größere Vergabepakete bei vorausgesetzter technologischer Exzellenz mit Hilfe von Near- und Offshoring innerhalb eines  attraktiven Kostenrahmens gehandhabt werden müssen. Und bei diesem Prozess werden wohl nicht alle EDL mitgehen können. Sei es, weil sie die Skaleneffekte nicht haben, oder weil ihnen das internationale Netzwerk fehlt, um diese kosten- und qualitätsoptimale Arbeitsteilung umsetzen zu können. Gleichzeitig ist erkennbar, wie dynamisch sich die neuen digitalen Bereiche entwickeln. Da gibt es momentan viele kleine Spezialisten, die hier exzellente Arbeit leisten. Und aus unserer Sicht ist auch bei den OEMs die Diskussion noch nicht ganz abgeschlossen, was ist Core Know-how, was ist Context. Und darum gehen wir hier auch von einer gewissen Konsolidierung aus.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie wichtig ist da ein Technologietransfer aus anderen Branchen?
Gerade im Kontext des vernetzten Fahrens eröffnen sich sehr viele Felder für Cross-Industry-Anwendungen, allein schon aus Erfahrungen mit der Informations- und Kommunikationstechnik. Und wenn man die aktuellen Anforderungen an die Gestaltung der Fahrzeugarchitektur betrachtet, so sind hier sicherlich langjährige Erfahrungen aus dem Aerospace-Sektor von Nutzen. Wir glauben auch, dass die EE-Architektur im Automobil der Zukunft  mit Blick etwa auf Funktionalität, Komplexität und gleichzeitig höchste Sicherheitsanforderungen ein Profil formuliert, das jenen von Critical Systems, wie etwa einer Fluglagensteuerung von Flugzeugen, ähneln.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wohin entwickelt sich die Core Context-Diskussion in Zeiten, in denen in den  Chefetagen nun auch Chief Digital Officers die Strategien mitbestimmen?
Wir erleben es derzeit so, dass sich die Core-Diskussion, also die Definition der Kernkompetenzen bei den OEMs, im Wesentlichen getrieben durch die Neudefinition was die Marke in Zukunft ausmacht, auf die Bereiche EE, Fahrautomatisierung, elektrische Antriebe, Styling und Business-Modelle zu konzentrieren beginnt. Es werden Führungsstrukturen neu aufgebaut und Chief Digital Officers installiert.

Die klassischen Themen Fahrzeugkonzeption, Leichtbau, klassische Antriebe, die rutschen in unserer Wahrnehmung langsam aber stetig in den Bereich „Context Critical“ ab. Das heißt, hier ist die Bereitschaft, das paketweise extern zu vergeben, deutlich gestiegen. Noch einmal ein eigenes Thema sind sicher die Zukunftsfelder digitale Assistenz und Data-Analytics. Hier erwarten wir – nach einer Phase der Partnerschaften mit den oft zitierten IT-Riesen – mögliche Eigenentwicklungen der Automobilhersteller, vielleicht sogar  im Rahmen von Allianzen. Das könnte ich mir gut vorstellen.  Aber hier eröffnen sich mittelfristig auch Zukunftsfelder für die großen Entwicklungsdienstleister.

AUTOMOBIL PRODUKTION: ...und die brauchen dann selbst wiederum Partner?
Absolut. Denn nicht jeder kann auf eigene Kompetenzen und Erfahrungen beispielsweise mit der Informations- und Kommunikationstechnologie oder im Bereich Analytics zurückgreifen. Das ist eine große Herausforderung für die Branche, hier in kurzer Zeit schlagkräftige Teams aufbauen zu können und die Kunden auch entsprechend vor Ort betreuen zu können.

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