Wenn in ein paar Jahren darüber diskutiert werden sollte, wann eigentlich das vietnamesische Automobilwunder seinen Anfang gefunden hat, könnte gut sein, dass die erste Septemberwoche des Jahres 2017 Eingang in die Geschichtsbücher findet: Versetzt um nur zwei Tage wurde erst die 15,6 Kilometer lange Tan Vu Bridge eröffnet, die den bestehenden Hafen und die von Deep C entwickelten Industriezonen mit der vorgelagerten Insel Cat Hai verbindet. Nur zwei Tage später erfolgte eben auf dieser Insel, auf der der aus Belgien stammende Industriezonen- und Hafeninfrastrukturentwickler einen Automobilpark am Tiefseehafen projektiert, der Baubeginn für das erste Werk der neu gegründeten vietnamesischen Automarke Vinfast. Bereits im Jahr 2019 will man mit der Fertigung von Motorrädern beginnen, was aber nur das Vorspiel für das weit bedeutendere Ziel ist: Der Hersteller, hinter dem die milliardenschwere Vingroup steht, will ab 2020 auf der Insel vor den Toren der Stadt Haiphong Pkw produzieren. Für 2025 peilt man dann unter Volllast 500.000 Einheiten pro Jahr an. Was die Autowelt dann erwartet, ist auf einem Bauzaun zu sehen, der die Arbeiten auf dem 350 Hektar großen Gelände vor allzu neugierigen Blicken abschirmt: Limousinen, SUVs und Sportwagen, deren Linienführung an Jaguar, Range Rover und Alfa Romeo erinnern.
Sonderwirtschaftszone mit 22.540 Hektar
Natürlich sind diese beiden voneinander keineswegs unabhängigen industriepolitischen Großereigenisse nicht der Anfang, sondern vielmehr vorläufige Höhepunkte einer vor Jahren begonnenen Infrastrukturentwicklung, die in der Konsequenz des Handelns an die Entwicklung in China erinnert. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren ging es Schlag auf Schlag: 2015 wurde der Flughafen Hanoi fertig und erfüllt nun internationale Standards, im Dezember 2015 wurde die Autobahn Hanoi–Haiphong in Betrieb genommen und im Mai 2016 war Baustart für den Lach Huyen Tiefseehafen. Und das Rad dreht sich weiter: Im ersten Quartal 2018 wird der Haiphong-Quang Ninh Expressway eröffnet. Der führt zwar nur über eine kurze Strecke von 25 Kilometern über die 5,4 Kilometer lange Bach Dang-Brücke. Doch von da führt der Weg via Halong Bay schnurstracks nach China. Die Ballung der Großinvestitionen steht vor wirtschaftspolitisch bedeutendem Hintergrund: Vietnam wird Anfang 2018 Vollmitglied des Verbandes Südostasiatischer Nationen ASEAN, eine Art asiatische Variante der EU.
Die massiven Infrastrukturmaßnahmen zahlen sich aber auch so bereits aus und stärken das Selbstbewusstsein in Nordvietnam: Schlug das industrielle Herz des Landes früher im Süden um die Metropole Saigon, liegt der Norden mit der Hauptstadt Hanoi als Zentrum bei den zwischen 2011 und 2017 getätigten Investitionen von kumuliert 71,62 Milliarden US-Dollar inzwischen deutlich vor dem Süden (64,50). Das stattliche Wachstum von rund sieben Prozent wird im Norden mit über zehn Prozent übertroffen.
Ein Epizentrum der Entwicklung im Norden ist die Region Haiphong, etwa 100 Kilometer nordöstlich von Hanoi am Meer gelegen und mit zwei Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt des Landes. In den vergangenen Jahren wurde unter Einbeziehung des Hafenareals und der Insel Cat Hai eine 22.540 Hektar große Wirtschaftszone eingerichtet, in der Investoren massive Steuernachlässe winken (siehe Kasten); rund 3.400 Hektar werden direkt von Deep C entwickelt. Seit 1997, dem Start in Vietnam, hat die Tochter der belgischen Rent-A-Port mehr als 70 Projekte mit einem Investitionsvolumen von über vier Milliarden US-Dollar umgesetzt, sagt Hans Kerstens, Manager von Deep C und selbst seit zwei Jahren in Vietnam. Der dickste Brocken bislang ist Bridgestone.
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Hans Kerstens, International Business Developement Manager DEEP C
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Frank Schoeninger, Managing Partner SOPEC
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E-mail: frank.schoeninger@sopec.org
Der japanische Reifenhersteller hat rund 1,2 Milliarden US-Dollar in den Bau eines 2014 eröffneten Werks investiert. Inzwischen ist die in Deep Sea Haiphong II gelegene Fertigungsstätte das größte Bridgestone-Werk der Welt; täglich gehen dort 100.000 Winterreifen von den Bändern. Deep C hat sich über dieses und zahlreiche andere Projekte in Haiphong einen exzellenten Ruf erworben. Ein Geheiminis des Erfolgs sieht Kerstens in der – durchaus noch die Ausnahme in Vietnam – auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Strategie und der Intensität, mit der man sich um die Investoren kümmert. Zu diesem Kümmern zählt, dass man, ergänzend zum fragilen öffentlichen Stromnetz mit ABB eine unabhängige Stromversorgung aufgebaut hat. So verlaufen im Einflussbereich der Belgier Stromleitungen nicht im wüsten Durcheinander und unter Einbeziehung von Bäumen als Strommasten, sondern sind nach westlichem Standard unterirdisch verlegt. Zudem geht man mit einer Brauchwasseraufbereitung und einer Windkraftanlage erste Schritte Richtung „grüne“ Energieversorgung.
Schon seit Langem schielt man bei Deep C auf die Automobilindustrie. „Diese“, sagt Kerstens, „ist in vielen Ländern wichtigster Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung.“ Bislang war der Erfolg jedoch überschaubar. Zwar sind in Vietnam rund 400 Lieferanten angesiedelt. Weil man aber in der Fahrzeugproduktion nicht über CKD- und SKD-Produktion hinauskommt, fehlt bislang das richtige Zugpferd, um große Namen der Branche in größerer Zahl ins Land zu locken. Das ändert sich gerade.