Elmar Degenhart, Continental

Continental-Chef Elmar Degenhart: "Die jetzigen Veränderungen stärken die Wettbewerbsfähigkeit des erfolgreichen Werte- und Wertverbunds Continental dauerhaft." (Bild: Continental)

Die Veränderung bedürfe der Zustimmung des Aufsichtsrats, die am 26. Juli 2018 eingeholt werden soll. Geplant ist auch eine Abspaltung der Antriebssparte zu Beginn des neuen Jahres. Ein Teilbörsengang sei voraussichtlich ab Mitte 2019 möglich. Dabei wolle der Konzern die Kontrolle mittel- bis langfristig behalten.

Unter dem Reifengeschäft werde künftig auch die Sparte Contitech erfasst, hieß es. Eine Abgabe von Minderheitsanteilen, zum Beispiel durch einen Börsengang, sei derzeit nicht geplant, jedoch eine denkbare Option für die Zukunft, hieß es. Continental habe eine mögliche, rechtliche Verselbstständigung dieses Geschäfts bereits vor einigen Jahren vorbereitet. Weitere Schritte dafür seien derzeit nicht notwendig.

Die einzelnen Unternehmensbereiche sollen künftig "Continental Rubber", "Continental Automotive" und "Powertrain" heißen. Die Berichtsstruktur und die neuen Bezeichnungen sollen ab 2020 angewendet werden, so Continental. Die Unternehmensbereiche werden nach und nach aufgebaut bzw. wo notwendig angepasst.

Außerdem werden bis Anfang 2020 die bisherigen Divisionen Chassis & Safety und Interior neu formiert. Aus ihnen werden zwei Geschäftsfelder unter den neuen Bezeichnungen "Autonomous Driving Technologies" und "Vehicle Networking Technologies" hervorgehen. Ihre Geschäfts­verläufe werden im künftigen Unternehmensbereich "Continental Automotive" berichtet. Unterstützt werden beide durch eine neugeschaffene, zentrale Forschung und Entwicklung Automotive.

Die beiden heutigen Divisionen Reifen (zukünftige Bezeichnung "Tire Technologies") und ContiTech bleiben in ihren eigenständigen Organisationsformen unverändert bestehen. Ihre Geschäftsverläufe werden im künftigen Unternehmensbereich "Continental Rubber" berichtet.

Eigene Herstellung von Feststoff-Batterien angedacht

"In der kommenden Dekade und danach durchläuft die Automobilindustrie weltweit den größten und tiefgreifendsten Wandel ihrer über 130 Jahre alten Geschichte. Wir gehen diesen Wandel frühzeitig und vorausschauend an", sagte Conti-Chef Elmar Degenhart. "Wir gestalten ihn voller Kraft und Zuversicht wegweisend mit“, fügte er hinzu und verwies auf die Notwendigkeit einer gründlichen, monatelangen Vorbereitung der jetzt gefällten, weitreichenden Entscheidungen.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Aufsichtsrats der Continental AG erfolgt die Verselbstständigung der heutigen Division Powertrain unter neuer Firmierung Anfang 2019. Die Leitung des neuen Powertrain-Unternehmens soll Andreas Wolf (57) übernehmen. Er ist derzeit verantwortlich für die Geschäftseinheit Body & Security in der Division Interior.

Zu den künftigen Aufgaben von Powertrain zählen wie bisher neben dem Geschäft mit Verbrennungsantrieben auch das komplette Zukunftsgeschäft mit Hybrid- und Elektroantrieben sowie alle laufenden Batterieaktivitäten. Dazu zählt zum Beispiel das vor kurzem angekündigte Gemeinschaftsunternehmen für 48-Volt-Batteriesysteme.

Gleichzeitig bereitet Continental für das neue Powertrain-Unternehmen einen Teilbörsengang vor, der ab Mitte 2019 stattfinden könnte, so da Unternehmen. Continental beabsichtige jedoch mittel- bis langfristig nicht, die Kontrolle über das Powertrain-Geschäft abzugeben.

Continental kann sich auch nach dieser Veränderung vorstellen, im neuen Unternehmensbereich künftig Batteriezellen selbst zu produzieren. Das Unternehmen denkt dabei nach eigenem Bekunden an solche, deren Materialien aus Feststoffen bestehen (Solid-State-Technologie). Die Voraussetzung dafür sei ein attraktives Geschäftsmodell. Eine Entscheidung dazu soll "voraussichtlich" erst nach 2020 fallen. 

Für die geplanten, organisatorischen Veränderungen bei Powertrain gelten die am 18. April 2018 veröffentlichten, mit den Arbeitnehmervertretern vereinbarten Eckpunkte im "Zukunftsbündnis Continental in Motion", wie der Automobilzulieferer mitteilte.

Als Grund für die Verselbstständigung nennt Continental die absehbare Veränderung im Antriebsgeschäft. Die Marktentwicklung würden hier maßgeblich durch politische Vorgaben für Emissionsgrenzwerte bestimmt. "Die politischen Entscheider treiben besonders auf den Leitmärkten Europa, Nordamerika und China sowie in Japan, Südkorea und auf dem Wachstumsmarkt Indien ihre Regulierungen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten voran. Dies erfordert von der Industrie eine hohe Flexibilität, um auf die Anforderungen der unterschiedlichen Märkte, Regulierungsbehörden, Gesellschaften und Kunden schnell und individuell zu reagieren", teilt das Unternehmen dazu mit.

Neuordnung der beiden Divisionen Chassis & Safety und Interior

Die Geschäfte und Aufgaben der beiden weiteren, heutigen Automotive-Divisionen Chassis & Safety und Interior werden sich an den sich ändernden Erfordernissen und künftigen Chancen der Märkte neu ausrichten. Sie werden bis Anfang 2020 auf zwei neu formierte Geschäftsfelder unter den Bezeichnungen "Autonomous Driving Technologies" und "Vehicle Networking Technologies" aufgeteilt.

Das Geschäftsfeld Autonomous Driving Technologies umfasst damit künftig das automatisierte und autonome Fahren sowie alle bekannten Chassis-Funktionen, darunter beispielsweise solche zum elektronischen und hydraulischen Bremsen, zur Stabilitätskontrolle und zur Fahrwerksregelung und Federung. Das Geschäftsfeld Vehicle Networking Technologies verantwortet das Geschäft der internen Vernetzung eines Fahrzeugs sowie dessen externe Vernetzung mit anderen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur. Die Details dazu werden voraussichtlich bis Mitte 2019 ausgearbeitet und vorgestellt.

Continental rechnet in seinem neuen Automotive-Geschäft (d.h. ohne die Division Powertrain) mit einer Umsatzsteigerung von rund 19 Milliarden Euro (2017) auf rund 30 Milliarden Euro (2023).

Der Aufbau einer zentralen Forschung und Entwicklung Automotive soll die Neuaufstellung des Automotive-Geschäfts unterstützen. In diesem neuen Bereich fasst das Technologieunternehmen Entwicklungsfunktionen der heutigen Divisionen Interior und Chassis & Safety sowie heutiger Zentralfunktionen zusammen. Schätzungsweise 12.000 bis 15.000 Ingenieure für Software und Hardware arbeiten dann gemeinsam an der Vor- und Anwendungsentwicklung, so Conti. In den beiden neuen Geschäftsfeldern Autonomous Driving Technologies und Vehicle Networking Technologies werden zusätzlich insgesamt etwa 17.000 Ingenieure verbleiben.

Ziele dieser F&E-Bündelung sind höchste Produktivität in Forschung und Entwicklung sowie eine kurze und reibungslose Produkteinführung. Dies geschieht vor allem durch die volle Konzentration der F&E-Kräfte auf die Funktionen im Fahrzeug und dessen Umfeld, unabhängig von deren späteren Zuordnung zu den verschiedenen elektronischen Baugruppen und Systemen. Diese Funktionsorientierung soll das Erarbeiten von wegweisenden Lösungen für mehr Sicherheit, Komfort und Vernetzung im Straßenverkehr erleichtern.

Rubber-Bereich: Keimzelle bleibt im Besitz von Continental

Die beiden Divisionen Reifen (zukünftige Bezeichnung „Tire Technologies“) und ContiTech bilden die heutige Rubber Group, deren Geschäftsverlauf künftig als „Unternehmensbereich“ unter der neuen Berichtsbezeichnung „Continental Rubber“ dargestellt wird. Beide Geschäftsfelder bleiben auf die Entwicklung von Technologieprodukten auf Basis von Kautschuk und Kunststoff spezialisiert.

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