ID.2all wird zu ID.Polo

Dieser Bestseller soll VWs ID-Strategie neu beleben

Veröffentlicht Geändert
Vorder- und Seitenansicht eines getarnten Volkswagen ID.Polo. Der Elektro-Kleinwagen trägt ein buntes Harlekin-Muster aus geometrischen Formen in Gelb, Blau, Rot, Schwarz und Weiß, das die endgültige Seriengestaltung verdeckt. Das Fahrzeug steht in einer Halle auf grauem Betonboden.
Auf der IAA 2025 in München noch im Harlekin-Tarnkleid gezeigt, soll der ID.Polo als Elektro-Bestseller die Traditionslinie fortführen.

Volkswagen setzt beim Neustart seiner Elektrostrategie auf den traditionsreichen Polo. Als ID.Polo soll das Erfolgsmodell die ID Familie neu beleben und mit Reichweite, Preisattraktivität und vertrauter DNA die Basis für VWs E-Offensive legen.

„Als Techniker, der seit 30 Jahren im Konzern ist, hat man dennoch eigentlich nie die Gelegenheit, eine Modellgeneration von den ersten Überlegungen zur Designsprache über ausgearbeitete Konzepte bis hin zum Rollout einer ganzen Fahrzeuggeneration zu begleiten und zu präsentieren. Deswegen ist das heute für mich etwas ganz Besonderes“, beginnt Kai Grünitz, Leiter der Technischen Entwicklung bei Volkswagen, seine Sneak Preview zur IAA Mobility 2025 und erweckt dabei einen aufrichtig stolzen Eindruck. „Denn mit der IAA zeigen wir wieder echte Volkswagen“.

Im Laufe seiner Präsentation wird klar: Nach Jahren des Aufholens will VW zurück in die Offensive, mit einer europäisch gedachten, skalierbaren Elektro-Familie und einem neuen Einstiegsmodell, das bewusst an Marken-DNA anknüpft. Im Zentrum steht die Serienfassung des ursprünglich als ID.2all präsentierten Kleinwagens, der künftig ID.Polo heißen soll. Der Name ist Programm, denn Volkswagen will Vertrautheit und Wiedererkennbarkeit des Polos mit der Technologie-Signalwirkung der ID-Submarke verknüpfen. An der Entwicklungsarbeit lässt Grünitz keinen Zweifel: Man habe systematisch die Kritikpunkte der jüngsten Fahrzeuggeneration abgearbeitet – von Materialanmutung über HMI bis zur Software. Das Ergebnis soll sich in einer Pologröße mit Golf-Raumgefühl zeigen.

Electric Urban Car Family nutzt Synergien über Marken hinweg

Die Architektur liefert die neu ausgelegte MEB 21. Sie setzt auf Frontantrieb, nicht aus Prinzip, sondern aus Verpackungs- und Kostengründen. Das spare Komplexität sowie Leitungswege und das gesamte Thermomanagement lasse sich „zentral geblockt“ im Vorderwagen integrieren. Dadurch entstehe ein „technikfreier Hinterwagen“ mit zusätzlichem Stauraum unter dem Kofferraumboden, der in der Klasse einen Nutzwertvorteil markieren soll. Die Produktstrategie spannt Volkswagen als Electric Urban Car Family auf: Dazu gehören der Volkswagen ID.Polo als Einstiegsmodell, sein sportlicher Ableger der ID.Polo GTI, das SUV-orientierte ID.Cross Concept, der Cupra Raval sowie ein noch unbenanntes Derivat von Skoda.

Plattform, E/E-Architektur und Batteriekonzept kommen aus Europa, die Derivate entstehen markenübergreifend. „Wir bringen die neue Generation der Elektronikarchitektur, aber die Gesamtfahrzeugentwicklung, die Integration und die ganzen Tests haben die Kollegen bei Cupra in Spanien gemacht. An dieser Stelle nutzen wir massive Synergien“, erläutert Grünitz. Die Klammer bilde ein über 90-prozentiger Gleichteileumfang innerhalb der Electric Urban Car Family. „So bleiben Synergien real, ohne den sichtbaren Unterschied der Modelle zu verwischen.“ Technisch zielt VW im A0-Segment auf ein ausgewachsenes Paket. Grünitz kündigt für den ID.Polo über 450 km Reichweite und eine Ladedauer von 20 Minuten von zehn auf 80 Prozent an. Der Preisanker bleibt bei unter 25.000 €.

VW kehrt zurück zu Knöpfen und echten Griffen

Auch Bedienkritik seitens der Kunden und Kundinnen am Innenraum im ID-Kosmos habe VW sich zu Herzen genommen. „Alles, was physisch sein muss, kriegt auch wieder physische Tasten“, verspricht Grünitz. Unter dem Zentraldisplay liegt eine definierte Tastenleiste für die am häufigsten genutzten Funktionen. Ein echter Lautstärkedrehregler kehrt zurück. Das neue Lenkrad arbeitet wieder mit haptisch klaren Tasten. Für Pragmatiker ebenfalls relevant: Echte Griffe außen, also feste Bügelgriffe statt ausfahrender Lösungen.

Softwareseitig bleibt der ID.Polo auf der bekannten, domänenorientierten Elektronik-Architektur, allerdings mit leistungsfähigerem Rechner und neuem Infotainment, auch getrieben durch regulatorische Anforderungen. Die vollständig neue Zentralrechner-Architektur hebt sich Volkswagen für den später folgenden ID.everyone auf. Bei der Zelltechnologie stellt der Konzern auf eine Einheitszelle um; die Kleinwagen-Familie wird damit erstmals ausgerüstet.

Zum Markenumfeld gehört mehr als ein Kleinwagen. Neben dem Serien-ID.Polo und dem sportlichen ID.Polo GTI zeigt Volkswagen ein ID Cross Concept, einen kleinen, betont aufrechten SUV auf gleicher technischer Basis. Die Frontgestaltung mit durchgehendem Lichtband, „Augen“ und beleuchtetem Logo soll die neuen Designwerte in eine robuste, breite Anmutung übersetzen. Das SUV profitiere wie der Polo von den Frontantriebs-Packagingvorteilen und soll die Nachfrage nach höher bauenden Karosserieformen bedienen.

Ein gelber Volkswagen T-Roc fährt auf einer Brücke bei Sonnenschein. Das SUV ist frontal und seitlich zu sehen, eingefangen durch die Streben der Brückenkonstruktion.
Der neue T-Roc markiert den Abschluss von Volkswagens Verbrenneroffensive und kommt größer, geräumiger und als Hybrid auf den Markt.

T-Roc markiert Abschluss der Verbrennerstrategie

Parallel schließt Volkswagen die Verbrenneroffensive mit dem neuen T-Roc ab. Das neue Modell wächst um rund zwölf Zentimeter, schafft mehr Platz in der zweiten Reihe und übernimmt Elemente der neuen Designsprache. Antriebsseitig fährt der T-Roc als Hybrid an, ein Plug-in-Hybrid folgt, außerdem ein eigenständiger T-Roc R oberhalb von 300 PS. Auch hier will VW konsequent die übergreifende Logik implementieren, höherwertige Assistenz- und Komfortfunktionen nach unten zu demokratisieren.

Zusammenfassend möchte Volkswagen die Vergangenheit mit einem spürbar geerdeten Qualitätsversprechen hinter sich lassen und die Marke über vertraute Werte neu aufladen: Stabilität, Vertrauen, Nutzwert. Der ID.Polo liegt als Träger dieser Botschaft auf der Hand. Grünitz formuliert das Ziel unmissverständlich. „Wir wollen mit dem, was jetzt kommt, überholen.“ Und er weiß, woran sich das messen lassen muss: am Alltagsnutzen, am Preis, an der Wertigkeit. Der Rest ist Fahrpraxis. Wenn die Probe hält, was die Vorschau andeutet, beginnt für VW genau hier die nächste Modellgeneration – entwickelt in Europa, gebaut für Europa, mit einem Namen, den fast jeder kennt.