Die konventionelle Linienfertigung in der Automobilindustrie komme an ihre Grenzen, hört man von Dürr. Seinen Lösungsweg dazu stellt das Unternehmen unter das Motto "Weg von der Linie, hinein in die Box". Die so genannte „Lackieranlage der Zukunft“ basiert darauf, die rund 120 Arbeitsschritte eines Lackierprozesses in Boxen und kleinere Abschnitte aufzuteilen. Dazu breche man mit dem traditionellen Linienlayout und verteile die industrielle Automobillackierung erstmalig auf Boxen oder kurze Prozessabschnitte, betont man beim Anlagenbauer.
Beim Unternehmen spricht man mit Blick auf das eigene Zukunftsprojekt von einem radikal neuen Layout. Beweggründe seien die Ineffizienzen in einer Linie. Diese ergeben sich laut Dürr aus den starren Taktzeiten, die sich am größten Modell und dem Lack mit der längsten Applikationszeit orientieren. Könnten kleinere Karosserien schneller transportiert und leichter applizierbare Farben zügiger aufgetragen werden, würde dies Zeit sparen und den Output erhöhen, heißt es. Dies lasse der fixe Takt der Linie jedoch nicht zu. Mit der Lackieranlage der Zukunft überwinde man die Grenzen der starren Produktionslinie, so Bruno Welsch, Vorstandsmitglied der Dürr Systems AG. „Der neue Ansatz passt sich den Bedürfnissen der Hersteller an und ermöglicht einen flexiblen und effizienten Lackierprozess in jedem Produktionsszenario.“
Prozess-Aufteilung in Boxen und kleinere Abschnitte
Die „Lackieranlage der Zukunft“ basiert darauf, die rund 120 Arbeitsschritte des Lackierprozesses in Boxen und kleinere Abschnitte aufzuteilen. Statt eines festen Takts werden die Prozesszeiten in jeder Box exakt an den Bedarf der einzelnen Karosserie angepasst. Möglich sei dies durch parallel ablaufende Prozesse in den Boxen und durch das Zusammenspiel mit einem zentralen Hochregallager und dem fahrerlosen Transportsystem EcoProFleet, dem ersten speziell für Lackierereien entwickelten AGV (Automated Guided Vehicle). Gesteuert werde die Flotte von AGVs durch die Software DXQcontrol von Dürr. Sie führe das AGV mit der Karosserie intelligent zum jeweils nächsten Prozess und sichere eine effiziente Auslastung aller Boxen. In der konkreten Umsetzung bedeute das Boxenkonzept etwa, drei Lackiervorgänge – den Innen- und die beiden Außenaufträge – in nur einer Kabine zusammenzufassen. Dieses zum Patent angemeldete Konzept, die EcoProBooth, helfe, Prozesszeit einzusparen, da zwei der drei bisher üblichen Fördervorgänge entfallen, hört man von den Anlagenbau-Experten.
Als weiteren Vorteil nennt Dürr die Adaptierbarkeit an große wie kleine Produktionen. Das Konzept soll großen Volumenherstellern mit hoher Stundenleistung die Chance bieten, neue Modelle und Technologien einfacher zu integrieren. Unternehmen, die Investitionsrisiken vermeiden wollen, soll es eine planbare Erweiterung von 24 Einheiten pro Stunde in zwei Schritten auf 48 und 72 Einheiten ermöglichen. E-Mobility-Newcomer sollen ihre Fertigung mit kleinen Stückzahlen starten und entsprechend der Nachfrage schrittweise ausbauen können. Das modulare Konzept sei zudem Industrie-4.0-fähig, so die Dürr-Experten. Mithilfe der Software-Produkte aus der DXQ-Familie soll die Boxen-Lackierung zur Smart Factory werden und Analyse-Tools sollen Lackierprozesse transparenter machen und dabei helfen, die First-Run-Rate weiter zu erhöhen.