Bekannt ist der Lucid Air in den USA als direkter Konkurrent zu Tesla Model S oder auch dem neuen Mercedes EQS bereits seit 2016, doch auf der Straße ist selbst in den USA noch nichts von ihm zu sehen. Doch nach einigen Finanzierungsrunden und frischem Geld vom saudi-arabischen Staatsfond geht es ans Verkaufen der Volumenmodelle, damit die Fabrik, die derzeit in Casa Grande, eine Autostunde südlich von Phoenix, im US-Bundesstaat Arizona, entsteht, möglichst voll ausgelastet ist. Zum Start sollen hier ab 2022 mindestens 20.000 Fahrzeuge pro Jahr gefertigt werden; langfristig dann mehr als 150.000 Autos.
Der Lucid Air soll mit beeindruckender Performance punkten
„Die Rückmeldungen der Kunden waren bisher bestens. Wir sind sehr zufrieden“, sagt Lucid-Chefdesigner Derek Jenkins, „unsere Startmodell, die besonders exklusive Dream Edition mit rund 500 Fahrzeugen ist bereits ausverkauft.“ Das Topmodell hat Leistungsdaten, dass selbst Sportwagenfans Hören und Sehen vergehen. 1.080 PS, 270 km/h schnell und eine Reichweite von 750 Kilometern, ehe die elektrische Allradlimousine wieder an die Ladesäule muss.
Das Ganze hat seinen Preis und der hat sich gewaschen, denn der Lucid Air Dream Edition mit gläsernem Panoramadach sowie vielen anderen Features kostet 170.000 US-Dollar. Wer sich nicht für die teuren Versionen für 130.000 und 170.000 US-Dollar entscheiden möchte, kann auch zu den kleineren Varianten greifen, die 480, 620 oder 800 PS Leistung und Reichweiten von mindestens 600 Kilometern bieten. Startpreis: 80.000 US-Dollar. Lucid selbst hat seine Firmenzentrale in Newark unweit der Tesla-Fertigung in Fremont in der Bay Area. Firmen-CEO Peter Rawlinson war ehemals technischer Direktor bei Tesla und Chefdesigner Derek Jenkins kam 2007 von Mazda zu dem Startup.
Auf welchen Märkten Lucid präsent sein will
12.000 Kunden haben einen Lucid Air vorbestellt und eine Anzahlung von 1.000 US-Dollar geleistet – Auslieferungen ab November/Dezember 2021, während derzeit die ersten Verkaufsräume zwischen Los Angeles und New York eröffnet werden. „Natürlich hat die Pandemie auch unsere Planungen immer wieder ins Stocken gebracht“, erläutert Produktmanager Dave Buchko, einst in Diensten von BMW und Byton. Doch es soll bald losgehen: „Nach den USA sind ab Mitte des nächsten Jahres Europa und dann die Arabischen Emirate mit den Auslieferungen dran.“
Mittelfristig wird Lucid mit seiner Elektrolimousine auch um den Automarkt Nummer eins China nicht herumkommen. Kaum anzunehmen, dass diese Fahrzeuge dann aus den USA nach China geliefert werden. Hinter den Kulissen gibt es bereits Planungen, in China eine SKD- oder CKD-Fertigung aufzubauen, um die hohen Einfuhrzölle zu umgehen. Doch natürlich bereitet Lucid ebenso wie der Konkurrenz eine Verbauquote mit lokalem Content Bauchschmerzen.
Skandinavischer Luxus und technische Finessen
Zunächst wird es von Lucid nur die 4,97 Meter lange Luxuslimousine namens Air geben, die bei den Außenabmessungen einer Mercedes E-Klasse das Platzangebot einer S-Klasse bietet. Innen sitzt es sich vorne wie hinten überaus geräumig und komfortabel. Der Fahrer blickt auf ein komplett animiertes Cockpit mit einer 34-Zoll-Diagonalen, das sich ähnlich dem des Porsche Taycan um den Fahrer wölbt. „Wir brauchen hier kein Head-Up – alles ist perfekt im Blick“, erklärt Derek Jenkins, „doch der Platz in der Armaturentafel ist vorgehalten für andere Modelle wie einen SUV.“ Die meisten Funktionen lassen sich über einen großen Touchscreen in der Mittelkonsole bedienen, der auf Wunsch jedoch ins Armaturenbrett hineinfährt und große Ablagen darunter freigibt – ebenso schick wie praktisch gelöst. Der Rest der Funktionen läuft per Sprache oder Drehregler am reduzierten Lenkrad.
Im Innern fühlt sich der Lucid Air wie ein Luxusmodell aus Skandinavien an – alles chic in Leder, Holz und Wolle, aber maximal reduziert. So üppig die Beinfreiheit ist, um den Kopf geht es enger zu. Wer will, kann sich seine Lieblingsmusik aus 21 Boxen um die Ohren säuseln lassen. Der Kofferraum fasst überschaubare 456 Liter; gut, dass der vordere Laderaum auf zwei Ebenen weitere 202 Liter schluckt. Das Modellportfolio soll jedoch 2023 um einen elektrischen SUV erweitert werden, der auf der gleichen Plattform unterwegs ist und ebenfalls in Arizona gefertigt werden soll.
„Bei einem Startup wie wir es sind, ist man natürlich immer etwas mehr als nur der Designer“, erzählt Derek Jenkins, „natürlich ist man besonders eng in die Entwicklung eingebunden. Die Reichweite ist für uns essenziell; darauf haben wir beim Design geachtet und so bringt es der Lucid Air letztlich auf einen cW-Wert von 0,21.“ Mit seiner 900-Volt-Architektur soll es weniger als 20 Minuten dauern, ehe in das stattliche 113 kWh-Akkupaket im Unterboden mehr als 450 Kilometern nachgeladen wurden. Damit der luxuriöse Lucid Air an allen Ladepunkten möglichst schnell nachtanken kann, sorgt eine sogenannte Wunderbox für maximale Geschwindigkeit – falls gewünscht auch in beide Richtungen. Wer sich dieses Jahr noch sein Modell reserviert, darf drei Jahre lang kostenlos in den ganzen USA laden.