"Angriffsplan Audi 2025"

Interview mit Audi-CEO Stadler: "Schulterschluss mit Porsche"

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Rupert Stadler, CEO der Audi AG auf einem grauen Stuhl.
"Es kommen in den näschten zwölf Monaten lauter neue Modelle: A8, A7, A6, Q8, der e-tron, A1 und Q3", Stadler.

Die Premium Plattform Elektro, kurz PPE, entwickelt Audi zusammen mit Porsche. Sie wird einen entscheidenden Anteil am künftigen Erfolg der Marke Audi haben – und verteilt die hohen Investitionen auf zwei Unternehmen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Herr Stadler, Ihr ganz persönliches Resümee des Jahres 2017?
Das Jahr war und ist anstrengend und turbulent, aber wir sind voll im Aufbruch. Wir haben bereits Ende 2016 richtungsweisende neue strategische Eckpfeiler gesetzt. Im ersten Halbjahr haben wir zwar durch die Entscheidung zur Zwei-Partner-Strategie in China beim Absatz über mehrere Monate Einbußen verzeichnen müssen, aber ich bin überzeugt, dass es die richtige Strategie ist. Wir brauchen im weltgrößten Einzelmarkt für Personenkraftwagen einen zweiten Partner, um den Markt auch künftig optimal ausschöpfen zu können. Auch der Vorstandsumbau war nicht einfach, aber ich glaube, wir haben diesen Neustart gut organisiert.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was ist der Auftrag der neuen Vorstände?
Wir haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet, mit dem wir Audi zur Digital Car Company machen werden. Unsere Industrie steckt inmitten einer riesigen Transformation. Wir müssen Schritt für Schritt in die Elektromobilität investieren und brauchen dazu qualitatives Wachstum: Das sind die richtigen Autos, das ist die richtige Technologie in den Autos und logischerweise müssen wir dabei auch Geld verdienen, trotz der hohen Vorleistungen. Die Mannschaft hat dieses Programm angenommen und beginnt ihre jeweiligen Beiträge zu bringen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welches Programm meinen Sie genau?
Ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das wir intern Angriffsplan Audi 2025 nennen. Wir haben detailliert herausgearbeitet, was da auf die Industrie und damit auch auf unsere Marke zukommt. Angefangen vom pilotierten Fahren, über die Digitalisierung und die E-Mobilität und was das alles für die Prozesse im Unternehmen bedeutet. Wir zeigen damit der Mannschaft, dass Audi eine konkrete Zukunftsperspektive hat. Ein Element ist zum Beispiel der Schulterschluss mit den Porsche-Kollegen die Premium-Plattform Elektro, kurz PPE, gemeinsam zu entwickeln. Die Gewerke sind sauber aufgeteilt, die Produkte auf dieser Architektur sind definiert und das wird uns die Chance geben, besser zu sein als der Wettbewerb. Das ist unser Ziel.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Dann greifen Sie schon mal nicht die Porsche-Kollegen an, sondern eher jemand anderen?
Der Wettbewerb ist für uns immer außerhalb des Konzerns. Die Rahmenbedingungen, die wir vorfinden, verlangen von uns sehr diszipliniert und ordentlich abzuwägen, wo können wir etwas gemeinsam machen und wo sind die Euros am besten investiert.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ihr Job momentan ist es also, die ganze Organisation so aufzustellen und die Dinge, wo dies aus dem Ruder lief, glatt zu ziehen?
Es geht darum, das Unternehmen für die nächsten sieben, acht und mehr Jahre richtig aufzustellen. Wir hatten 2016 ein operatives Ergebnis von rund fünf Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Rendite liegt in unserem langfristigen Zielkorridor. Aber was da auf uns zukommt, wird so viel Kraft verlangen, dass wir unser Ergebnis auch für die Zukunft absichern müssen. Wir müssen die klassischen Verbrennungsmotoren weiterentwickeln und optimieren und gleichzeitig die E-Autos in den Markt bringen. Es kommen in den nächsten zwölf Monaten lauter neue Modelle, die wir in den letzten zwei bis drei Jahren entwickelt haben: A8, A7, A6 Limousine, A6 Avant, Q8, dann kommen der vollelektrische e-tron, der A1 und der Q3. Und das alles findet bis Ende nächsten Jahres statt. Wir haben noch nie ein so dichtes Anlauf- und Markteinführungsprogramm gehabt.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Also alles gut jetzt?
Man darf nie stehen bleiben. Wir werden viele neue Produkte einführen, wir wollen aber auch die bestehenden Märkte besser erschließen. Und der Wettbewerb versucht das Gleiche. Und im selben Moment treten neue Wettbewerber in den Ring. Das ist eine permanente Aufgabe.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Haben Sie denn das Thema Zwei-Partner-Strategie in China im Griff?
Wir werden setzen diese Strategie so umsetzen. Die Phase der Unsicherheit und der rückläufigen Absatzzahlen ist vorbei. Beide Partner können positiv in die Zukunft blicken. Der neue, zweite Partner, wird erst in einigen Jahren ans Netz kommen. Mit dem langjährigen Partner FAW haben wir bewusst einen Zehn-Jahres-Wachstumsplan entwickelt, mit dem viele Kategorien abgedeckt wurden: Produkte, New-Energy-Vehicle-Strategie, über Image bis hin zu Kosten und Profitabilität. Wir wollen mit beiden Partnern Gas geben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie haben Sie das Thema in den Griff bekommen? Mussten Sie selbst Hand anlegen?
Am Ende des Tages wird ein Deal in China von den Chefs gemacht.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Konnte das nicht durch den Vorstandswechsel im Vertrieb allein geschehen?
Logischerweise hat sich der Vorstand der Thematik angenommen. Das geht ja gar nicht anders. In der Schlussphase ist es erforderlich, dass der Chef selbst in die Bütt‘ geht.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was können die vier neuen Vorstände besser als die alten?
Es geht darum, unseren Transformationsprozess zu beschleunigen. Die vier neuen Kollegen haben ihre Fachfunktionen mit viel Energie angepackt. Sie bringen neue positive Impulse, was ich unheimlich schätze. Auf der einen Seite haben wir mit den Kollegen Wendelin Göbel und Peter Kössler zwei Audi-Urgesteine. Auf der anderen Seite sind mit Bram Schot und Alexander Seitz zwei tolle, international erfahrene Topmanager an Bord. Alexander Seitz war in den letzten fünf Jahren bei SAIC. Somit knüpft er an dieser Stelle nahtlos an seine vorherige Funktion an. Insofern hat jeder der neuen Vorstände mit seinem Erfahrungshintergrund seinen ganz persönlichen Einfluss bei der Entscheidungsfindung und Umgestaltung.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Gibt es detaillierte Aufträge für die vier Neuen oder bauen Sie etwas gravierend um?
Wir sind permanent am Verändern, am Gestalten, am Umbauen. Die technische Entwicklung darf man auch nicht vergessen: Peter Mertens ist jetzt seit Mai bei uns im Unternehmen und bringt sehr viel Erfahrung ein. Das hilft uns ungemein bei der Arbeit an unserer Prozesslandschaft. Wir haben vor, das Produktportfolio weiter auszubauen: Pilotiertes Fahren, digitale Dienstleistungen, die Brennstoffzelle, all diese Themen, die wir auch in einer Konzernverantwortung wahrnehmen. Die permanente Veränderung erfordert eine Organisationsveränderung als Standardprozess. Manchmal helfen da auch neue Leute, weil sie mit einem ganz anderen Blick auf die Dinge schauen und dann auch anders anpacken.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was besagt Ihr Angriffsplan denn genau?
Unser Maßnahmenpaket ist in sieben Bereiche unterteilt – und vielleicht kommt noch ein achtes dazu. Für jedes der sieben Teil-Pakete sind jeweils zwei Vorstandskollegen als Tandem in der Verantwortung, um alles vernünftig zu managen. Projekt eins, das machen Bram Schot und ich,
soll vier bis fünf zusätzliche Derivate ins Portfolio holen – und das muss mit den vorhandenen Budgets klappen. Oder das Projekt sieben bezieht sich auf China. China ist der wichtigste Markt für unser Unternehmen mit 30, 40 Prozent Umsatzanteil. Dort kümmern wir uns um die künftigen Businesspläne. Wir haben uns organisatorisch vernetzt und zwar geschäftsbereichsübergreifend, das war mir unheimlich wichtig, und jeder hat auch eine interne Zielvorgabe mit Zeitachse bekommen. Jeden Montagnachmittag ist Primetime. Dann treffen sich die Teams und arbeiten an ihren Projekten.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Bis wann läuft diese Zeitschiene?
So lange wie es nötig ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine tolle Perspektive haben. Die Frage ist, was passiert in drei oder in fünf Jahren? Das müssen wir sauber herausarbeiten.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was ist denn Ihr persönliches Ziel?
Das Unternehmen Audi ist in den letzten Jahren rasant gewachsen. Wir beschäftigen mittlerweile 90.000 Menschen, liegen bei einer Umsatzgröße von 60 Milliarden Euro und zwischen acht und zehn Prozent Rendite. Die Aufgabe ist, wie machen wir Audi wetterfest und nachhaltig qualitativ wachsend? Das möchte ich organisiert haben und dafür möchte ich mich einsetzten. Damit man irgendwann mal sagen kann, guck‘ zurück auf die letzten zehn bis 15 Jahre und was wir da alles geschafft haben.

10 Mrd. Euro Sparvolumen aus dem Sparpaket
Grafik: AUTOMOBIL PRODUKTION

AUTOMOBIL PRODUKTION: Können Sie erst in Ruhe in die Rente gehen, wenn Sie die Marke wieder da haben, wo Sie eigentlich schon einmal standen?
Ich habe mich dieser Marke verschrieben! Ich will mithelfen in Ordnung zu bringen, was in der Vergangenheit versäumt wurde und ich will diese Phase für einen fundamentalen Umbruch nutzen, damit wir auch in Zukunft vorne mitspielen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie könnten doch aber genauso gut sagen, was geht mich das alles an? Ich habe eine Finca auf Mallorca und weg bin ich…
Das ist nicht mein Ding. Auf so einer Finca würde ich mich langweilen, während draußen die Welt im Umbruch ist.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Um was geht es Ihnen dann?
Es geht um Verantwortung. Wir sind müssen gerade die größte Transformation der Branchengeschichte bewältigen. Ich glaube das wird die brutalste Zeit, die diese Industrie in den letzten 30 bis 50 Jahren gesehen hat. Was da auf uns zukommt – von der Digitalisierung über Künstliche Intelligenz - da wird wahr, was einst Science-Fiction war. Ich muss ehrlich sagen, es gibt doch keinen schöneren Moment, als in dieser Phase mit gestalten zu können.

AUTOMOBIL PRODUKTION: In der TE gab es in den letzten Jahren viel auf und ab. Was wird sich hier künftig verändern?
Es ist wahr, dass es in den letzten fünf Jahren viele Veränderungen gab. Die Gründe sind diverse. Ich blicke gemeinsam mit Peter Mertens nun nach vorne. Wir haben mit ihm einen tollen Kollegen, der die technische Entwicklung mit etwa 10.000 hochkompetenten Fachleuten und Ingenieuren sehr weitsichtig leitet. Seine Aufgabe ist es, mit dieser Mannschaft die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens abzusichern.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was planen Sie genau?
Wir nehmen uns Kernthemenfelder vor: Wir wissen, dass die Plug-in-Hybride Brückentechnologie in vielen Produktsegmenten sein werden. Wir haben entschieden, massiv in die Elektrifizierung zu investieren. 2018 kommt unser erstes batterieelektrisches Auto, der e-tron. Bis 2020 haben wir drei BEV-Fahrzeuge geplant. Insgesamt sind derzeit schon mehr als zehn rein elektrische Autos in unserem Planungsportfolio mit Investitionen hinterlegt.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie klappt das Zusammenspiel von Peter Mertens und Ihrem Chefdesigner Mark Lichte?
Die sehen sich logischerweise fast jeden Tag. Ein guter Designer spricht auch mit, wenn es um die richtige Kostenstruktur oder optimierten Aufwand geht, um ein hochemotionales Design zu erschaffen. Das ist ja sein Job.

Audi-Chef Rupert Stadler bei einem UN-Kongress in Genf
Audi-Chef Rupert Stadler bei einem UN-Kongress in Genf.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Die Experten sagen, dass die ersten Fahrzeuge mit „100-Prozent Mark Lichte“ ein voller Erfolg werden…
Da kommen Fahrzeuge, die sind richtig gut und ich bin darauf auch richtig stolz, muss ich ehrlich zugeben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: VW wechselte im August drei von seinen fünf Baureihenleitern aus. Funktioniert das Prinzip bei Ihnen zufriedenstellend?
Ich bin sehr zufrieden. Unsere Baureihenleiter machen einen Top-Job gemeinsam mit der TE und den Beschaffungskollegen. Nur so kann die unternehmerische Gesamtverantwortung für ein Produkt auch umgesetzt werden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Aber das war bei Ihnen bestimmt auch ein riesen Organisationsumbau.
Natürlich. Das war – sage ich jetzt mal – eine der knackigsten Re-Organisationen die wir je angestoßen haben. Und ich bin damit sehr zufrieden. Das heißt nicht, dass man immer wieder auch nachsteuern muss. Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen, so ist die Welt nicht. Aber ich glaube wir haben Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung klar beschrieben in der Abstimmung mit den Fachbereichen. Ich habe das Gefühl das trägt wirklich Früchte.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sind die Baureihenleiter für die Produkte, die ab 2018 kommen, schon voll verantwortlich?
Ja, klar. Für den A8, A1, Q3 und alles was noch kommt. Wir hatten die Produkte sofort zugeteilt auf die jeweilige Baugruppe, oder die Baureihe. Unterhalb eines Baureihen-Top-Managers gibt es ja nochmal zwei, drei Unterebenen. Peter Fromm zeichnet beispielsweise verantwortlich für den A8, den A7, den A6 in den Varianten Limousine, Avant und Allroad und treibt zusätzlich noch ein Sonderprojekt voran.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Die Baureihenleiter berichten immer noch an Sie und nicht an den Entwicklungsvorstand?
Ja.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie koordinieren Sie das mit Peter Mertens? Ist er dabei, wenn die Baureihenleiter an Sie berichten?
Ich habe mit den Kollegen nicht wöchentlich zu tun, aber mindestens alle zwei Wochen eine eigene Runde. Wenn es um Produktentscheidungen geht, sitzen wir logischerweise zusammen, denn dann sind ja auch alle Vorstandskollegen mit dabei. Wenn Peter Mertens in der TE seine Technikrunden hat, sitzen die Baureihenleiter bei ihm. Wir wollen keine Silos schaffen, mein Ziel war, dass wir integrativ arbeiten. Und das bedeutet Synergien einfahren, schlanker werden, schneller werden und bessere Entscheidungen treffen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welchen Schub wird die Baureihenaufstellung Ihrer Rendite bringen?
Wir sind mitten im Laufen. Unser Ziel ist, aus dem, was uns zur Verfügung steht, mehr zu machen als wir es früher vermochten.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche konkreten Impulse brachte Peter Mertens von Volvo mit, die Sie übernommen haben?
Dass man aus dem vorhandenem Geld noch mehr Gutes entwickeln kann.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ein Beispiel dafür?
Günstigere Derivate mit attraktiven Eigenschaften an den richtigen Stellen, dort wo es der Kunde erleben kann.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie arbeiten zusammen mit Porsche an einer Premium Plattform Elektromobilität, kurz PPE. Wer ist der Treiber auf Ihrer Seite?
Wir haben Stefan Ambrosy, den Baureihenleiter für Audi A4, A5 benannt. Diese Fahrzeuge sind jetzt in der Serie und wir versuchen die Kapazitäten der Baureihe flexibel neuen Projekten zuzuordnen. Wir sind mit den Kollegen von Porsche eng vernetzt und haben übergeordnet einen Vorstandsausschuss für diese Architektur gegründet. Es könnte ja sein, dass zwischen Technik und Beschaffung, oder zwischen Beschaffung und Produktion hinsichtlich der Fertigungstiefe Themen zu klären sind. Sollte das zwischen den beiden Projektleitern nicht zu klären sein, geht das in die nächste Stufe.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Für welche Teile der PPE ist Audi verantwortlich?
Die erste Stufe verantwortet Audi gesamtheitlich. Porsche ordnet im Entwicklungs- oder Einkaufbereich die Gewerke zu. Die nächste Modellfamilie auf dieser PPE wird dann Porsche verantworten. So ist es sauber beschrieben für die nächsten Jahre.

Der neue Audi A7 kommt mit zwei Touchscreens auf den Markt.
Demonstrationsstück: Der neue Audi A7 kommt mit zwei Touchscreens auf den Markt.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wann sehen wir das erste Fahrzeug auf der PPE?
Im nächsten Jahrzehnt…

AUTOMOBIL PRODUKTION: Die PPE wird skalierbar sein für Autos von der Limousine bis zum SUV?
Ja, das ist unsere Idee. Es sollen möglichst viele Fahrzeuge davon abzuleiten sein.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Dann ist die PPE quasi Ihr MEB nur für größere Fahrzeuge?
Ersetzen wir den Begriff „größere“ durch „Premium“. Wir haben im Premiumbereich andere Leistungsanforderungen, wir müssen da auch über eine Luftfederung oder andere aufwendigere Features diskutieren. So etwas braucht man im MEB eher nicht. Die Premiumkunden haben ein anderes Anforderungsportfolio, dem die PPE entsprechen muss.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sehen Sie persönlich das PPE-Projekt als Start für eine wesentlich engere Kooperation mit Porsche?
Da wird sicherlich mehr draus werden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie sind ja auch der Boss von Lamborghini. Kommt hier auch Lamborghini mit ins Spiel?
Auch Lamborghini könnte dort technologisch gesehen eine Heimat finden. Die Frage ist aber erst mal, wann Lamborghini ein Elektroauto haben muss. Der Lamborghini Urus wird ja Ende des Jahres vorgestellt und ist wirklich gut geworden. Das wird Lamborghini neu erfinden und auf den Straßen sichtbarer machen. Natürlich diskutieren wir schon, was ab 2020 an Modellen folgt.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Werden Sie Lamborghini eher in die Audi-Porsche-Kooperation einbinden, oder eher mit Bentley und Bugatti „verheiraten“?
Der Lamborghini ist aufgrund der Architekturen eng vernetzt mit Audi. Seine Heimat ist heute klar. Die wird auch morgen klar sein. Im Umkehrschluss heißt das aber trotzdem, dass Lamborghini sich aus dem Volkswagen Konzern bedient.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Also je nach Fahrzeug mal da und mal dort?
Wir werden auf jeden Fall deutlich flexibler sein können als Ferrari. Das ist unser Ziel.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sehen Sie für Lamborghini ein großes Wachstum?
Wir haben ein qualitatives Wachstum mit Lamborghini vor. Für entsprechende Produktgattungen haben wir gute Ideen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: In welchen Stückzahlen denken Sie den Urus?
In realistischen, aber solchen, dass der Urus die Company total verändern wird.

Weltpremiere des neuen Audi A7 im Oktober. Hr. Stadler steht stolz vor dem neuen Audi.
Weltpremiere des neuen Audi A7 im Oktober. Hier kündigte Audi-Chef Rupert Stadler an: „In 2018 haben wir im Schnitt alle drei Wochen einen Anlauf in einem unserer Werke“.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was hat der Angriffsplan 2025 mit der Audi-Strategie 2025 zu tun?
Die Strategie 2025 haben wir sauber ausformuliert. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Urbanisierung sind die Kernpunkte, die unser Geschäft verändern werden. Das Maßnahmenpaket ist der operative Umsetzungsplan unserer Strategie.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Alle Pläne enden 2025. Wie geht es dann weiter?
2020 werden wir uns wieder zusammensetzen und schauen, wie sieht 2030 aus. Wir haben eine Strategieplanung, die rollierend überprüft, ob unsere Annahmen noch passen. Alle fünf Jahre werfen wir den Blick 10 Jahre voraus.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Und das Sparprogramm Speed-up?
Speed-up haben wir weitgehend abgearbeitet. Das aktuelle Maßnahmenpaket steht bei uns für ein Volumen von zehn Milliarden Euro. Gut zwei Drittel davon wollen wir auf der Kostenseite heben, ein Drittel auf der Leistungsseite.

AUTOMOBIL PRODUKTION: So viele Programme - das verwirrt ein bisschen…
Speed-up war bisher unser bestes Programm. Es war sehr fokussiert auf Kostensenkungen. Jetzt ist klar, das reicht eigentlich nicht, denn die Herausforderungen sind so dramatisch – wir brauchen einen größeren Impact. Deshalb haben wir den Angriffsplan über unsere Strategie gelegt. Er beziffert Leistungen und Kosten, aber auch neue Derivate, mehr Erlöse, mehr Umsatz.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Neben der Audi Intelligent Driving GmbH haben Sie auch noch die myAudi GmbH gegründet. Was verbirgt sich dahinter?
MyAudi ist der Zugang zu allen neuen Services, die wir unter dem Schlagwort „Function on Demand“ planen. Die Anmeldung läuft zum Beispiel wie bei Amazon ab. MyAudi ist die Pforte zur digitalen Audi-Welt. Dort kann ich dann wählen: Will ich einen Mobilitätsservice? Oder will ich einen Audi ‚on demand‘ buchen? Oder will ich ‚Function on demand‘ für eine bestimmte Zeit? In der MyAudi-Welt wird es unterschiedliche Cluster und Angebote geben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Planen Sie auch ein kleines Startup zu kaufen, um zum Beispiel das Bezahlen des Tankens im Auto möglich zu machen?
Das machen wir, aber nicht zwangsläufig selbst. Wir haben festgelegt, dass sich unsere Financial Services darum kümmern.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was macht Ihnen derzeit noch am meisten Sorgen?
Wie wir die CO2-Verpflichtungen nachhaltig und langfristig vertretbar schaffen. Denn jeder weiß, dass jedes weitere Gramm CO2 richtig viel Geld kostet. Das wird eine Mega-Anstrengung für unsere Industrie.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was wäre da die beste Lösung?
Eng kooperieren innerhalb des Volkswagen Konzerns, denn der Wettbewerb findet ja draußen statt. Und wenn es uns gelingt, die bessere und kostengünstigere elektrische Plattform hinzustellen, dann sind wir besser unterwegs als der Wettbewerb. Mit dem MEB auf der einen Seite und der PPE auf der anderen haben wir die Chance. Und die werden wir auch nutzen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sehen Sie neue Wettbewerber kommen, die Ihnen Sorgen machen – zum Beispiel JLR oder Volvo?
Ich beobachte alle diese Wettbewerber. Mein Blick geht sehr stark in Richtung Korea und China. Hier müssen wir ein waches Auge haben, was die Wettbewerbsfähigkeit von Morgen anbelangt. Ich habe schon einige Autos gefahren - die waren gar nicht schlecht. Man spürt, mit welchem Willen die möglicherweise in fünf oder zehn Jahren auch sehr gute Autos auf die Märkte bringen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ihr persönlicher Plan 2025?
Wir haben eine gute Strategie. Wir haben ein neues Team, viele Produkte in der Entwicklung, wir wissen, mit welchen Technologien wir morgen und übermorgen überzeugen wollen. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit der Marke Audi einen erfolgreichen Weg vor uns haben. Und bis dahin werden wir alles, was in der Diesel-Krise passiert ist, ordentlich auf- und abgearbeitet haben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wird 2018 für Sie ein ruhigeres oder ein noch unruhigeres Jahr?
Ich habe selten ein ruhiges Jahr erlebt. Unsere Industrie steht voll unter Strom. Daher müssen wir alle unsere Energien bündeln und die vor uns liegenden großen Aufgaben abarbeiten.