Seit der Firmengründung im Jahre 1930 steht Pininfarina für sehenswerte Designkreationen verschiedenster Automobilhersteller. Die Norditaliener kreierten in neun Jahrzehnten unter anderem so spektakuläre Ferrari-Sportwagen wie Testarossa, 308 GTB, California, den Ford Streetka oder einen Maserati Quattroporte. Dazu kamen nicht wenige elegante Coupés wie Peugeot 406, der ungewöhnliche Lancia Kappa oder die elegante Studie des BMW Gran Lusso. Nicht jedes Design war dabei ein Volltreffer, denn Kreationen wie der Mitsubishi Colt CZC, ein Hyundai Matrix oder der Lancia Gamma werden wohl kaum erfolgreich in die Annalen der Automobilgeschichte eingehen. Und auch wenn das Design bei den meisten Modellen saß, waren die Norditaliener über Jahre dauerklamm und hangelten sich nicht selten von Projekt zu Projekt.

Mittlerweile gehört Pininfarina zum Mahindra Konzern. Die Inder hatten sich vor Jahren unter anderem beim Bieterwettstreit um Aston Martin und Jaguar Land Rover mächtig ins Zeug gelegt, letztlich aber den Kürzeren gezogen. Mit Pininfarina klappte es schließlich besser. Nachdem das Kerngeschäft durch die Mahindra-Übernahme ab 2016 in die rechten Bahnen geleitet werden konnte, soll es nunmehr in die Vollen gehen. Pininfarina wird unter dem Label Automobili Pininfarina erstmals zum eigenständigen Autohersteller mutieren. "Wir freuen uns, das neue Unternehmen Automobili Pininfarina begrüßen zu dürfen, das einen weiteren Kunden für Pininfarina SpA darstellt und in die Liste der vielen namhaften Automobilhersteller, für die wir in Zukunft Fahrzeuge entwickeln werden, aufgenommen wird", sagt Paolo Pininfarina, Chairman von, Pininfarina SpA, "dieses Projekt hilft mir und meiner Familie, den Traum meines Großvaters zu verwirklichen, außergewöhnliche innovative Autos ausschließlich von Pininfarina auf den Straßen zu sehen."

Mahindra will die Marke mit Sitz in München und Cambiano zur knallroten Kirsche auf der Mahindra-Torte werden lassen. Firmenchef Anand Mahindra sind Nutzfahrzeuge, Alltagsautos und Traktoren zu wenig. Automobili Pininfarina soll die neue, imageträchtige Speerspitze des Konzerns werden und was bietet sich in heutigen Zeiten besser an, als spektakuläre Elektromodelle. Mit einem herausragenden Erstlingswerk will der neue Sportwagenhersteller weltweit auf sich aufmerksam machen. "Wir planen einen elektrisch angetriebenen Supersportwagen, der sich mit den besten messen kann", erklärt Michael Perschke, der von Audi herüber als CEO zu Pininfarina wechselte, "heißt: 0 auf 100 in zwei Sekunden, 0 auf Tempo 300 in zwölf Sekunden und über 400 km/h Spitze." Bei diesen Werten wird den meisten Sportwagenfans der Mund trocken. Eine erste Studie soll ausgewählten Interessenten in diesem Sommer beim Luxusevent von Pebble Beach gezeigt werden; das Modell in einer Auflage von gerade einmal 100 Stück soll 2020 zum 90. Firmengeburtstag auf den Markt kommen - zu einem Preis von rund zwei Millionen Euro. Am Design des teilautomatisiert fahrenden Supersportlers wird derzeit mit Hochdruck gearbeitet.

Hypersportler kommt 2020

Doch der elektrische Supersportler soll nur ein erster Appetithappen sein, denn Automobili Pininfarina hat deutlich mehr im Aufgabenheft. Das Team der derzeit gerade einmal zehn Angestellten am neuen Standort in München soll bis Ende des Jahres auf knapp 50 Personen wachsen. Geeignete Firmenräume werden gesucht. Bis 2020 sollen es bereits 150 oder 200 Personen sein, wovon 70 Prozent der Belegschaft in der bayrischen Landeshauptstadt und 30 Prozent am Heimatsitz von Pininfarina SpA in Cambiano sitzt, wo man vollen Zugriff auf die dortigen 600 Angestellten des Konzerns hat.

"Uns steht für die ersten drei bis vier Fahrzeuge in den nächsten fünf Jahren ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag zur Verfügung", ergänzt Michael Perschke, CEO des neuen Tesla-Konkurrenten. Es dürften kaum ein Zweifel daran bestehen, dass nach der limitierten Serie von 100 Supersportwagen ein elektrisch angetriebener SUV folgt, der 2021 seine Premiere feiern soll. Das zweite Modell von Pininfarina wird in einer vierstelligen Stückzahl und einem sechsstelligen Preis aufgelegt, ehe man mit den folgenden Modellen mehr in die luxuriöse Breite gehen will. Gegen die übermächtige Konkurrenz aus Asien, Europa und den USA will man sich nicht nur mit der bekannten Pininfarina-Designkompetenz in Szene setzen. "Es muss letztlich irrelevant sein, dass der Wagen elektrisch ist", so der Ex-VW-Mann Michael Perschke, "das ist beim ersten Modell natürlich anders. Doch auch hier geht es in erster Linie um die Faktoren Marke, Design, Limitierung und Fahrleistung."

Um den Supersportwagen und die weiteren Modelle zu entwickeln, reicht nicht die Belegschaft von Pininfarina, sodass für die anstehenden Projekte mehrere Zulieferer und Entwicklungsteams ins Boot geholt werden, um Kosten und Aufwände gleichermaßen schlank und flexibel zu halten. Profitieren will Automobili Pininfarina dabei vom neuen Mutterkonzern Mahindra, der mit einem vergleichsweise überschaubaren Budget bereits in der fünften Saison erfolgreich in der Formel E unterwegs ist. Wichtige Erkenntnisse der Elektromonoposti vom Akkumanagement, über Kühlmöglichkeiten bis zu Sicherheitssystemen und Torque Vectoring sollen in die Serienmodelle einfließen.

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