BMTS Turbo Prüfstand

Feuertaufe: Auf Heißgasprüfständen müssen sich die Turbo-Aggregate Dauerläufen und thermodynamischen Tests unterziehen. (Bild: BMTS)

Weniger als vier Jahre lagen zwischen der Unternehmensgründung von Bosch Mahle Turbo Systems (BMTS) im Jahr 2008 und dem Auslieferungsbeginn für den ersten Großserienauftrag. Ein hoher Anspruch an die Produktion, die nicht nur aufgebaut und mit neuem Mitarbeiterstamm in Betrieb genommen wurde, sondern zugleich nicht weniger als neue Maßstäbe bei den Qualitätsstandards setzen sollte. Denn auch das Wettbewerbsumfeld ist prominent besetzt -  beispielsweise mit Borg Warner, Honeywell, Garrett, MHI, Aisin, Continental.

Am Standort St. Michael in Österreich entstand so im Grenzgebiet zu Slowenien die erste, auf dem neuesten Stand der Produktionstechnik und -prozesse abgebildete Fertigung von BMTS, die im Jahr 2012 die Serienfertigung aufnahm – vom Start weg mit einer ausgeprägten Dynamik. 2015 wurden bereits 1,7 Millionen Turbolader ausgeliefert. „In einem weiterhin sehr dynamisch wachsenden Markt wird diese rasante Entwicklung auch in den nächsten Jahren anhalten. Bis 2020 werden sich die Stückzahlen annähernd verdreifachen“, prognostiziert Geschäftsführer Dr. Roger Busch, zuständig für Entwicklung, Vertrieb, Finanzen und IT. Maschinenseitig und mit dem mittlerweile fertiggestellten Bau einer zweiten Halle sieht man sich dafür gerüstet. 

Möglich wurde der schnelle Aufbau und die Inbetriebnahme auch durch die Expertise und Unterstützung der Mutterhäuser Bosch und Mahle, die besonders bei der Einrichtung der Produktionslinien ihre Erfahrungen beisteuerten. Das Bosch-Werk in Blaichach bei Immenstadt, das dem Schwesterwerk St. Michael beispielsweise  einbaufertige Turbinenlaufräder zuliefert, wurde 2015 mit einem Automotive Lean Production Award ausgezeichnet. 

Auch vorteilhaft: Die Kärntner konnten auf sehr umfangreiche Erfahrungen im Bereich Guss und Zerspanung zurückgreifen. Eine Fertigungspräzision bis in den Mikrometer-Bereich ist Teil des Expertenwissens  für eine extrem genaue Läufer- und Radfertigung mit „bislang nicht erreichter minimaler Ur-Unwucht“, so BMTS. Entsprechend liegen die Kernkompetenzen des österreichischen BMTS-Werks in den  Zerspanungspozessen (Drehen und Fräsen), der Rumpfgruppenmontage, hochautomatisierten Endmontageprozessen, Final Testing (End-of-Line).

Es hielten Neuerungen Einzug, die für einen neuen Qualitäts- und Technologiestandard sorgten. Beispielsweise wird das mechanisch am stärksten belastete Bauteil, das Verdichterrad, gefräst und damit die Grundunwucht deutlich reduziert. So werden die Pulsationsgeräusche auf ein neues Komfortniveau abgesenkt und schon bei dieser präzisen Produktion der Grundstein für eine hohe Langzeitqualität gelegt. BMTS profiliert sich hier insbesondere  durch den sogenannten End-of-Line-Test – seinerzeit weltweit ein Novum in der Fertigung von Turboladern. 

Am Ende der Produktionslinie werden Fertigungsparameter und Wuchtwerte in einem vollautomatischen Prozess überprüft, um die Funktionsfähigkeit jedes einzelnen Abgasturboladers zu bestätigen. Alle Daten werden bauteilbezogen gespeichert. „Das Resultat ist ein auch im Feld, das heißt bei den Endanwendern, erreichtes Qualitätsniveau, das einen neuen Benchmark in der Branche gesetzt hat“,  sagt Alexander Kutsch, der als Geschäftsführer für Produktion, Einkauf und Qualität verantwortlich zeichnet.

Auf drei Heißgasprüfständen mit insgesamt etwa 3,3 MW Leistung müssen sich die Aggregate Dauerläufen und thermodynamischen Tests unterziehen. Zum Standard gehören auch Schleuderversuche zur Prüfung der mechanischen Festigkeit der Verdichterräder und zum Kalibrieren der Simulationstools.

Deren Bedeutung sieht Entwicklungsleiter Jörg Jennes eindeutig wachsen: „Die Zykluszeit für Neuentwicklungen wird ständig reduziert, auch auf der OEM-Seite. Dem müssen wir natürlich Rechnung tragen. Die Dauerläufe und viele der Tests sind sehr zeitaufwändig.  Das Produkt muss mit möglichst wenig Iterationen punktgenau ins Ziel gebracht werden. Da hilft uns die Simulation sehr gut“. Wie Jennes andeutet, werde BMTS auf Kundenseite derzeit beim Thema Simulationsqualität als Benchmark wahrgenommen.

Die Erprobung der neuen  Generation von Abgasturboladern mit variabler Turbinengeometrie ist inzwischen abgeschlossen. Sie soll dazu beitragen, sowohl Fahrleistung als auch die Effizienz von Ottomotoren nochmals deutlich zu steigern. Die Otto FNT biete durch ihr einfaches und gleichzeitig thermisch robustes Design eine massenmarkttaugliche Lösung für unterschiedlichste Motorkonzepte. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit der Einführung eines Abgaspartikelfilters könne die Otto FNT mit deutlichen Vorteilen gegenüber den bislang eingesetzten Wastegate-Turboladern aufwarten.

 

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