Stellantis Fertigung im US-Werk Sterling Heights

Dem Stellantis-Werk Sterling Heights kommt mit knapp 236 Millionen US-Dollar der Löwenanteil der Investitionen zu. (Bild: Stellantis)

Mit Dare Forward 2030 will Stellantis „innovative, saubere, sichere und erschwingliche Lösungen“ bieten. Gut, dies ist ein Programm und Bekenntnis, das auch von anderen Unternehmen der Branche stammen könnte. Zum Strategieplan zählen Ziele wie eine Reduzierung der Produktionskosten um 40 Prozent genauso wie ein verstärkter Einsatz von Automatisierung und digitalen, KI-basierten Lösungen. Auf einer Pressekonferenz im Rahmen des sogenannten Annual Factory Booster Day, bei dem Fabrikausrüster ihre Innovationen präsentieren, werden zudem technologische Konzepte vorgestellt, mit deren Hilfe die entsprechenden – auch kleinen – Stellhebel in Richtung Effizienz bewegt werden sollen. „Wir haben unsere Transformationskosten seit 2021 um elf Prozent, den Energieverbrauch um 23 und die Qualitätsprobleme um 40 Prozent reduziert“, sagt Produktionsvorstand Arnaud Deboeuf. Dies wäre im Reigen der OEMs, die sich ähnliche Verbesserungen auf die Fahne geschrieben haben, womöglich auch noch nichts Außergewöhnliches.

Spannender ist dieser Tage jedoch vielmehr, wie die derzeit vielerorts einbrechenden Absatzzahlen von E-Fahrzeugen und der gleichwohl verlangte Antriebsmix strategisch gut in den Griff zu bekommen sind. Dafür spielt es keine unerhebliche Rolle, wie und wo die Fahrzeuge mit ihren verschiedenen Antriebskonzepten produziert werden: Getrennt oder miteinander? Allein die beiden deutschen Giganten Volkswagen und BMW wählen dafür diametrale Wege und machen damit die ein oder andere auch schmerzliche Erfahrung.

Stellantis will mit dem Bekenntnis zum Antriebsmix in einem seiner wichtigen US-Montagewerke Sterling Heights überzeugen und betont klar die Montage aller Varianten in gemeinsamen Werken. Eine beschleunigte Umrüstung der Montage konkret in Sterling Heights soll die bevorstehende Markteinführung des für den nordamerikanischen Markt wichtigen Pickup RAM 1500, sowohl in einer elektrischen Variante wie auch als Range Extender sowie mit Verbrennungsmotor ermöglichen und geschmeidig gestalten. Der RAM 1500 REV startet noch zum Ende des Jahres als erster Pickup mit batterieelektrischem Antrieb, der RAM 1500 Ramcharger mit Range Extender-Technologie wird dort dann ab 2025 gemeinsam mit den Verbrennermodellen gefertigt.

Das leistet der Ram 1500 Ramcharger

2025 Ram 1500 REV front three-quarters
Der neue Ram 1500 REV (Bild: Stellantis)

Für das neue Pickup-Modell nennt Stellantis eine Leistung von 487 kW/663 PS, das Drehoment liegt bei 834 Newtonmetern. Das Fahrzeug verfügt über einen 92 kWh starken Akku, gepaart mit einem eingebauten 130-kW-Generator, der Strom an 250 kW starke vordere sowie 238 kW starke hintere elektrische Antriebsmodule (EDMs) sendet. Dank des bidirektionalen Ladens von Fahrzeug zu Fahrzeug und von Fahrzeug zu Haus kann der 1500 Ramcharger ein anderes batteriebetriebenes Elektrofahrzeug von Stellantis aufladen oder Strom ins Netz einspeisen.

Stellantis setzt auf eine Linie bei Autos und Motoren

Stellantis hat dieser Taktik den Claim „Multi-Energy-Strategie“ verpasst. Um diesen Plan umzusetzen und die damit verbundenen Herausforderungen zu stemmen, nimmt das internationale Unternehmen allein für seine drei Werke im US-Bundesstaat Michigan die eingangs erwähnten 406 Millionen Dollar, oder umgerechnet 368 Millionen Euro, in die Hand. Sterling Heights erhält mit knapp 236 Millionen US-Dollar den Löwenanteil. Auf das Montagewerk Warren Truck Assembly Plant, kurz WTAP, entfallen mit 98 Millionen US-Dollar knapp ein Viertel der Investitionen. Sie dienen den künftigen elektrifizierten Fahrzeugen des Typs Jeep Wagoneer, einem von vier elektrischen Jeep-Modellen, die weltweit noch vor Ende 2025 auf den Markt kommen sollen.

In Warren werden die Fahrzeuge unabhängig von der Antriebsform auf einer Linie hergestellt. Mit einer Investition von mehr als 73 Millionen US-Dollar wird schließlich das Motorenwerk Dundee Engine Plant, kurz: DEP, für die Montage, das Schweißen und Testen der Batterieträger für die STLA Frame-Architektur sowie die Fertigung des vorderen und hinteren Rahmens für die STLA-Large-Architektur umgerüstet. Dort wird unter anderem auch ein neuer 1,6 Liter großer Vierzylindermotor mit Direkteinspritzung und Turboaufladung gebaut, der 2025 auf den Markt kommt. Auch bei diesem Werk setzt Stellantis auf eine flexible Auslegung, die den Werkern dort auch die Produktion hybrid-elektrische Varianten (HEVs) ermöglicht.

Stellantis stellt digitale Lösungen für die Fabriken vor

Die Multi-Energy-Strategie von Stellantis umfasst neben Produkten und Plattformen überdies auch die Fertigung sowie die Lieferketten. Die Strategie zielt darauf, eine Vielzahl von Szenarien für die Elektrifizierung anzupassen. Der jährlich stattfindende sogenannte Factory Booster Day ist hierfür ein wichtiges Event. Es dient der Förderung von Fertigungsverbesserungen, „um den Anforderungen der heutigen Industrie gerecht zu werden und neue Technologien für die Fertigung zu nutzen“, wie es beim OEM heißt. Im Rahmen eines Open-Challenge-Prozesses tauschen Werkleiter, Zulieferer und Startup-Unternehmen ihre Ideen aus und es werden neue Technologien präsentiert.

In diesem Jahr war das Turiner Mirafiori-Werk Gastgeber. Im Vordergrund standen die Themen digitale Zwillinge, künstliche Intelligenz und 3D-Vision-fähige Lösungen. Dazu zählt etwa die Autodesk Construction Cloud, eine cloudbasierte Plattform, die Arbeitsabläufe für alle Bauphasen unterstützt – vom Entwurf über die Planung und den Bau bis hin zum Betrieb. Der OEM und seine Lieferanten können damit Konstruktionslayouts teilen und simulieren und darüber hinaus in einem digitalen Zwilling einer Produktionsanlage interagieren. Implementiert wurde die Plattform erstmals im Montagewerk Windsor in Kanada für die STLA Large-Installation. Für die STLA-Frame-Installation im Montagewerk Sterling Heights soll sie nun erweitert werden.

Vom französischen Startup Inbolt bezieht Stellantis für mehrere dreidimensionale Bildverarbeitungssysteme in seinen Antriebswerken KI-gestützte Roboterführungen. Die Bildverarbeitung soll zu verkürzten Vorlaufzeiten zwischen der Montage des Antriebsstrangs und dem Einbau in ein Fahrzeug beitragen. Noch nicht automatisierte Transportsysteme kann das norwegische Stratup Wheel.me in autonome mobile Roboter (AMRs) umwidmen. Dazu werden elektronisch gesteuerte Räder mit Antrieb anstelle der Standardräder montiert. Dem Startup zufolge lassen sie sich in kürzester Zeit montieren und erschaffen aus den Wagen automatisierte Systeme, ohne dass die Abläufe im Betrieb merklich gestört wird. Mit vier solcher Rollen soll eine Nutzlast von bis zu 400 Kilogramm möglich sein. Stellantis plant den Einsatz der Systeme nun auf weitere Werke auszudehnen.

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