Christian Infanger, Komax
„Die heutige Endmontage ist arbeitsintensiv und fehleranfällig“
Christian Infanger hat einen Master of Advanced Studies in Betriebswirtschaft, er studierte an der Hochschule Luzern.
(Bild: Komax)
Die Bordnetzfertigung verlagert sich mehr und mehr von manueller Endmontage hin zur automatisierten Vormontage. Christian Infanger von Komax erklärt, wie One-Piece-Flow, modulare Systeme und fortschrittliche Prozesse die Produktion optimieren sollen.
Christian Infanger, Director Product Group Harness Assembly bei Komax, ist ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Bordnetzproduktion. Vor seinem Wechsel zu Komax arbeitete er für Siemens, wo sich der studierte Betriebswirt auf Marktanalysen und Technologiebewertungen fokussierte.
Auf der Automotive Wire Harness & EDS Conference 2025 in Detroit wird Infanger erläutern, wie Automatisierung und One-Piece-Flow-Konzepte die Bordnetzbranche verändern und Herstellern helfen können, auf steigende Produktkomplexität und zunehmenden Marktdruck zu reagieren. Vorab haben wir mit ihm über Herausforderungen und Chancen bei der Transformation der Bordnetzfertigung gesprochen.
Herr Infanger, wir befinden uns inmitten eines dynamischen und disruptiven Jahrzehnts für die Automobilindustrie. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für den Bordnetzsektor in den nächsten fünf Jahren?
Kosten sind definitiv ein Thema, das Sorgfalt erfordert. Rohstoffpreise, Lohninflation, Eillieferungen, aber auch versteckte Qualitätskosten und Produktionsineffizienzen summieren sich sehr schnell. Zudem besteht dringender Handlungsbedarf, Produktionsprozesse neu zu denken, da die manuelle Arbeit an ihre Grenzen stößt. Der Funktionsumfang nimmt kontinuierlich zu und erhöht die Komplexität des Bordnetzes – was wiederum mit engen Bauraumvorgaben kollidiert und die Miniaturisierung von Komponenten vorantreibt. Unser Ziel ist es, durch Automatisierung Resilienz in der Lieferkette aufzubauen und einen durchgängigen Produktionsfluss zu etablieren, der deutliche Effizienzgewinne ermöglicht.
Komax gilt seit Langem als treibende Kraft hinsichtlich der Automatisierung in der Bordnetzfertigung. Wie unterstützt Ihr Team aktuell Kunden beim Übergang von manuellen zu automatisierten Prozessen – insbesondere angesichts wachsender Produktkomplexität und veränderter Markterwartungen?
Wir pflegen enge Partnerschaften mit führenden Akteuren der Branche. Know-how aus verschiedenen Disziplinen zusammenzuführen, ist entscheidend, um Produktkomplexität und Automatisierungsherausforderungen zu meistern. So begleiten wir unsere Kunden entlang des gesamten Prozesses – von der Komponentenentwicklung über das Bordnetzdesign und die Produktionsplanung bis hin zu Hochlauf, Serienstart und Aftermarket. Die Komax-Group versteht sich nicht nur als reiner Maschinenhersteller, sondern als ganzheitlicher Partner entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese gesamtheitliche Sichtweise ist essenziell, um sich in einem schnelllebigen Produktionsumfeld erfolgreich zu behaupten.
Ihr Vortrag auf der Automotive Wire Harness & EDS Conference 2025 stellt einen Paradigmenwechsel in der Bordnetzfertigung vor – weg von der manuellen Endmontage, hin zur automatisierten Vormontage. Was sind die entscheidenden Vorteile dieses modularen Ansatzes? Und wie lässt sich Skalierbarkeit über Plattformen und Stückzahlen hinweg sicherstellen?
Die heutige Endmontage ist arbeitsintensiv und fehleranfällig. Bei der Komplexität eines vollständigen Fahrzeugbordnetzes liegt der Automatisierungsgrad nahezu bei null. Unser Ansatz ist, modernste Technologien in der Vormontage zu nutzen, um autonome Bordnetze und Submodule – beispielsweise Body-Bordnetze – hochautomatisiert zu fertigen. Dazu gehören Prozesse wie Schneiden, Crimpen, Verdrillen, Bestücken… bis hin zum Taping und zur Clipmontage. Ein durchgängiger One-Piece-Flow und automatisiertes Routing sind dabei zentrale Erfolgsfaktoren. Sie reduzieren den Handlingsaufwand, benötigen weniger Zwischenlagerung, erlauben deutlich schnellere Reaktionen auf Designänderungen, erhöhen den Durchsatz und senken den Aufwand für End-of-Line-Tests. Das gesamte Produktionssystem besteht aus wenigen, hochflexiblen und skalierbaren Kernelementen, sodass unsere Kunden ihre Fertigungskonzepte an Nachfrageschwankungen anpassen oder Anlagen in anderen Projekten wiederverwenden können.
Dieses Interview erschien zuerst auf unserem englischsprachigen Portal Automotive Digital Transformation