Power statt Sport
Dabei krallt der britische Koloss aus Crewe seine 21 Zoll großen Winterreifen in den Tiroler Schnee, als wäre es griffiger Asphalt. Geht es schneller voran, sorgen in Millisekunden ansprechende 48-Volt-Stacks dafür, dass sich die Wankbewegungen bei flotter Fahrt auf ein erträgliches Maß reduzieren. “Das klappt dreimal so schnell, wie bei hydraulischen Systemen”, freut sich Entwicklungs-Chef Rolf Frech. So können die Insassen den beeindruckenden Luxus des Bentayga in gewohnter Manier genießen. Das geschieht mit dem Radstand von 2,99 Metern am besten zu viert, denn die vollelektrische 2+2-Konfiguration nebst Sitzklimatisierung erscheint in dieser Liga weit standesgemäßer, als die Alternative mit fünf oder gar sieben Insassen im britischen Allradungetüm zu reisen. Die optionale dritte Sitzreihe ist ein Entgegenkommen an den amerikanischen Markt mit seinen kaufkräftigen Soccermums, die sich nicht ausschließlich in Mercedes GLS oder Cadillac Escalade wiederfinden sollen.
Trotz allen Tatendrangs, gespenstischer Fahrleistungen und dem mächtigen W12-Triebwerk ist der Bentley kein echter Sportler. Das spürt man schon beim Beschleunigen, denn die unsichtbare Macht in die bequem konturierten Langstreckensitze gepresst zu werden, wird von keinem sonoren Brüllen untermalt. Das Triebwerk hält sich akustisch für die umgeschlagenen 608 PS und 900 Nm maximales Drehmoment etwas zu sehr zurück und selbst im Sportmodus ist trotz Klappensteuerung kaum mehr als ambitioniertes Brabbeln zu vernehmen. Hier soll wohl noch Luft bleiben für weitere Versionen zu denen neben einem leistungsstarken Achtzylinder-Diesel zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Bentayga-Speed-Version mit bis zu 700 PS gehören dürfte. Dann dürfte der Normverbrauch von 13,1 Litern Super auf 100 Kilometern jedoch noch schwerer zu realisieren sein, als beim Standard-W12.
Dabei gelingt es dem 5,15 Meter langen Bentayga auch auf Eis und rutschigem Schnee sein gefühltes Gewicht im Fahrbetrieb gekonnt zu reduzieren. Ähnlichkeiten zum noch sportlicheren Porsche Cayenne scheinen dabei alles andere als zufällig; auch wenn die Lenkung des W12 zwar präzise, jedoch deutlich leichtgängiger ist, als man es bei dem sportlichen Anspruch erwartet. Die einzelnen Fahrprogramme steuert der Fahrer über einen Drehregler auf dem breiten Mitteltunnel an. “Im Gegensatz zu einigen anderen Fahrzeugen auch von Bentley ist der Bentayga ein Selbstfahrerauto”, so Rolf Frech, “das haben wir berücksichtigt.”
Kommoder als mit dem im Innenraum edelst verarbeiteten Luxus-SUV kann man kaum reisen, wenn man nicht in einer reinen Luxuslimousine unterwegs sein möchte. So viel Exklusivität und die Neudefinition einer Fahrzeugklasse hat seinen Preis. Der liegt nicht nur beim Einstand von 208.500 Euro, sondern in den zahllosen möglichen Individualisierungen – das hauseigene Kreativprogramm Mulliner lässt grüßen.
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