BMW iX5 Hydrogen

Das Comeback der Brennstoffzelle

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Der BMW iX5 Hydrogen steht vor einer Wasserstoff-Tankstelle. Das Pilotfahrzeug mit Brennstoffzelle könnte der Technologie einen Schub verleihen.
Die Anzahl der Wasserstoff-Tankstellen ist noch überschaubar. Der BMW iX5 Hydrogen könnte der Technologie jedoch einen Schub verleihen.

Totgesagte leben länger. Nur wenige Autohersteller haben den Glauben an die Brennstoffzelle bewahrt. Der BMW iX5 Hydrogen stellt diesen Umstand in Frage und könnte der Ausgangspunkt für eine neue Technologieoffenheit in Deutschland sein.

Die Brennstoffzelle sorgt in der Autoindustrie seit Jahren für ein Wechselbad der Gefühle. Auf euphorische Visionen folgte rasch die Ernüchterung. Die Nachteile schienen den Nutzen zu überschatten. Die emissionsfreie Alternative zum Verbrenner verkam zu einer Nischentechnologie für den Schwerlastverkehr. Abgeschrieben ist sie jedoch nicht. Im Gegenteil: BMW vernimmt eine neuerliche Aufbruchstimmung, die sich laut Entwicklungsvorstand Frank Weber mit den Impulsen bei der Elektromobilität vor über zehn Jahren vergleichen lässt.

Es stünde BMW gut zu Gesicht, das technologisch Mögliche im Blick zu behalten und systemische Veränderungen zu antizipieren, so Weber. Anstatt ein Nachzügler zu werden, will der Premiumhersteller den Wandel aktiv gestalten – als wären die Herausforderungen der Elektromobilität nicht genug. „Wir wollen damit keineswegs von unserem BEV-Commitment ablenken“, betont Weber den komplementären Aspekt. Elektro- und Wasserstoffautos müssen sich künftig ergänzen. Davon scheinen die Münchener im Gegensatz zu vielen Konkurrenten überzeugt.

Knapp acht Jahre ist es her, dass BMW einen 5er-Versuchsträger mit Brennstoffzelle präsentierte. Seither wurden lediglich Konzeptideen sowie Prototypen auf der IAA gezeigt. Der Fahrtermin mit dem neuen BMW iX5 Hydrogen fühlt sich gerade deshalb wie ein Durchbruch an. „Wir haben die volle Alltagstauglichkeit dieses Autos und speziell dieses Antriebes unter allen extremen Witterungsbedingungen in Europa nachgewiesen“, erklärt Robert Halas, Project Manager BMW iX5 Hydrogen. Im Prinzip wurde in den vier Jahren Entwicklungszeit ein kompletter Serienerprobungsprozess durchlaufen, so Halas weiter. Eine weltweite Pilotflotte von unter hundert Einheiten soll nun weitere Erkenntnisse für die Serie bringen.

Der BMW iX5 Hydrogen steht vor dem Hafenhaus in Antwerpen. Die Stadt will zum bedeutenden Zentrum für Wasserstoff werden.
In Antwerpen fanden die ersten Pressetestfahrten mit dem BMW iX5 Hydrogen statt.
Der Frontansicht des BMW iX5 Hydrogen vor Windrädern. Grünstrom ist essenziell für den Nutzen der Brennstoffzelle.
Das Umland der belgischen Stadt untermauert, dass Grünstrom essenziell für den Nutzen der Brennstoffzelle ist.
Die Heckansicht des BMW iX5 Hydrogen vor Windrädern. Grünstrom ist essenziell für den Nutzen der Brennstoffzelle.
Zugleich soll der Hafen von Antwerpen eine bedeutende Rolle beim Wasserstoffimport spielen.
Die Seitenansicht des BMW iX5 Hydrogen vor Windrädern. Grünstrom ist essenziell für den Nutzen der Brennstoffzelle.
Nur wenn ein ausreichendes Angebot an grünem Wasserstoff vorherrscht, hat das Brennstoffzellenauto eine Chance.
Der Innenraum des BMW iX5 Hydrogen. Das Interieur gleicht dem des X5.
Das Interieur, das größtenteils einem BMW X5 entspricht, stand bei der Präsentation somit eher im Hintergrund.

Wasserstoff ist die Alternative für Vielfahrer

Der BMW iX5 Hydrogen vermittelt schon jetzt einen reifen Ersteindruck, auch wenn seine Markteinführung frühestens in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts vorgesehen ist. Die Basis bildet der aktuelle BMW X5 aus dem US-Werk in Spartanburg. Im Münchener Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) erhält er eine neue Bodengruppe für zwei 700-bar-Tanks aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK). Der größere Tank im Mitteltunnel und der kleinere unter der Rücksitzbank fassen gemeinsam sechs Kilogramm an gasförmigem Wasserstoff – genug für eine Reichweite von rund 500 Kilometern nach WLTP.

Die Vorteile für Vielfahrer werden damit vor allem an der Tankstelle offensichtlich. Auch bei Minustemperaturen soll die Reichweite konstant und der Tankvorgang gleich schnell bleiben. In drei bis vier Minuten ist die Druckbetankung abgeschlossen. Und selbst der Preis lässt sich bereits grob mit dem von Benzin vergleichen. Es ist ein Fahrzeug für Kunden, die „nicht das Leben um die Steckdose planen wollen“ oder schlichtweg keine Lademöglichkeit zu Hause haben, beschreibt es Jürgen Guldner, General Program Manager Hydrogen Technology bei BMW, treffend.

Fabian Pertschy betankt einen BMW iX5 Hydrogen während seiner Testfahrt in Antwerpen.
Das Betanken des BMW iX5 Hydrogen gelingt unserem Reporter mühelos.

„Die leistungsstärkste Brennstoffzelle der Welt“

Das Kernstück des neuen Pilotfahrzeugs ist logischerweise die Brennstoffzelle. Im Vergleich zur ersten Generation wurden unter anderem Leistungsdichte und Dauerhaltbarkeit verbessert. Für ihre kontinuierliche Leistung von 125 kW/170 PS wird die Membran in der Zelle gleichmäßig mit dem gasförmigen Wasserstoff sowie dem komprimierten, gekühlten und entfeuchteten Sauerstoff aus der Umgebungsluft versorgt. Die beiden Elemente reagieren innerhalb der 400 Zellen des Stacks und produzieren dadurch elektrischen Strom, der anschließend umgewandelt und über Hochvoltleitungen an den Heckantrieb weitergeleitet wird. Als Ausstoß kommt Wasserdampf hervor.

„Es handelt sich um die derzeit leistungsstärkste Brennstoffzelle der Welt“, verkündet Projektmanager Robert Halas. Er hebt einerseits die technologischen Analogien zum Verbrennungsmotor wie Ladeluftkühler, Luftfilter, Steuergeräte und Sensorik hervor, erläutert aber auch, welche Komponenten eigens entwickelt wurden. So kommen etwa ein neuer, hochdrehender Kompressor mit Turbine sowie eine Hochvolt-Kühlmittelpumpe zum Einsatz.

Die Zellen stellt BMW jedoch nicht selbst her. „Die eigentliche Zelle kommt von Toyota, das ganze System von uns“, erläutert Entwicklungsvorstand Weber. Die Zusammenarbeit mit den Japanern reicht bei dieser Antriebsform bis in das Jahr 2013 zurück. Im Kompetenzzentrum für Wasserstoff in Garching werden die einzelnen Zellen schließlich zu einem Stack gestapelt und alle weiteren Komponenten montiert. Das Gehäuse wird mittels Sandgussverfahren in der Leichtmetallgießerei des Werks Landshut gefertigt. Die Mediendruckplatte, die das Gehäuse abschließt sowie dem Stack den notwendigen Wasserstoff und Sauerstoff zuführt, besteht ebenfalls aus Kunststoff- und Leichtmetallgussteilen des Standorts.

Eine Darstellung des Antriebskonzepts beim BMW iX5 Hydrogen. Vorne die Brennstoffzelle, in der Mitte die Wasserstofftanks, hinten der Elektromotor.
Die Brennstoffzelle leitet die Energie über Hochvoltleitungen an den Elektromotor am Heck weiter. Dazwischen befinden sich die Wasserstofftanks.
Beim BMW iX5 Hydrogen werden eine Bodengruppe und zwei Wasserstofftanks verbaut.
Beim BMW iX5 Hydrogen werden eine Bodengruppe und zwei Wasserstofftanks verbaut.
Die Wasserstofftanks liegen beim BMW iX5 Hydrogen im Mitteltunnel und unter der Rücksitzbank.
Durch die neuen Tanks entstehen keine Einschränkungen im Innen- oder Kofferraum.
Ein BMW-Mitarbeiter integriert das Brennstoffzellensystem unter der Motorhaube des BMW iX5 Hydrogen.
Das Brennstoffzellensystem nimmt den Platz des klassischen Verbrenners unter der Motorhaube ein.
Der BMW iX5 hat einen Elektromotor der fünften Generation am Heck.
Der Elektromotor am Heck ist ein Übernahmeteil von Elektroautos, die sich bereits in Serie befinden.
Auch im Motorraum ist durch Farben und Design ersichtlich, dass der BMW iX5 Hydrogen von einer Brennstoffzelle angetrieben wird.
Passend zu den blauen Designaspekten im Ex- und Interieur wird auch der Motorraum gestaltet.

Brennstoffzelle vereint das Beste aus zwei Welten

In der Montage vereint der BMW iX5 Hydrogen das Beste aus zwei Welten. Die Architektur ähnelt einem E-Auto, die Brennstoffzelle ersetzt den tradierten Verbrenner unter der Motorhaube. Der Elektromotor an der Hinterachse ist ein komplettes Übernahmeteil. Er basiert auf der fünften eDrive-Generation, vereint E-Maschine, Getriebe sowie Leistungselektronik und bringt maximal 295 kW / 401 PS auf die Straße.

Über ihm sitzt die eigens entwickelte Lithium-Ionen-Batterie, die nur ein Zehntel so groß ist wie bei einem entsprechenden BEV. Sie kommt auf eine Maximalleistung von 170 kW / 231 PS und wird von der Brennstoffzelle oder durch Rekuperation aufgeladen. Mit ihrer Unterstützung lässt sich die Maximalgeschwindigkeit kurzzeitig von 180 auf 205 km/h erhöhen. Gewicht und Beschleunigung entsprechen zirka dem eines X5 Plug-in-Hybrid, sodass die Marke von 100 km/h in sechs Sekunden erreicht wird. Dabei fährt sich der BMW iX5 Hydrogen wie ein rein elektrisches Pendant – ruhig aber dynamisch. Das Fahrgefühl wirkt vertraut, Überraschungen bleiben aus. BMW erfindet eben nicht das Rad, sondern den Antrieb neu.

Ein BMW-Mitarbeiter kontrolliert eine Brennstoffzelle von Toyota.
Die einzelnen Brennstoffzellen stammen von Toyota.
Ein BMW-Mitarbeiter bringt den Brennstoffzellen-Stack im Gehäuse unter.
Die Zellen werden zu einem Stack gestapelt, maschinell verpresst und mit einem Gehäuse versehen.
Ein BMW-Mitarbeiter fertigt das Gehäuse für ein Brennstoffzellensystem im Sandgussverfahren.
Für das Gehäuse wird flüssiges Aluminium in eine Form aus verdichtetem, mit Harz geformtem Sand gegossen.
Ein BMW-Mitarbeiter präsentiert das fertige Gehäuse für ein Brennstoffzellensystem.
Diesen Vorgang übernimmt die Leichtmetallgießerei im BMW-Werk Landshut.