Wir waren mit ihm in den USA unterwegs.

Ja, es ist tatsächlich schon vierzehn Jahre her, dass Fox Mulder und Dana Scully die legendären X-Akten ad acta legten. Doch so wie schon viele vor ihnen, versuchen die beiden Spezialagenten des FBI eine Neuauflage der einst so erfolgreichen Fernsehserie – und mit von der Partie ist erneut eine bekannte Automarke: Ford. Schon beim Debüt des Serienhits im Jahr 1993 rollte Schauspieler David Duchovny im Ford Taurus durchs Bild. Da wundert es nicht, dass der amerikanische Hersteller auch jetzt seine Fahrzeugflotte prominent platziert. Einer von ihnen ist der in Europa nahezu unbekannte Ford Explorer. Soll ihm ein deutscher Konkurrent zur Seite gestellt werden, wäre dies unter anderem ein 5,05 Meter langer Siebensitzer-Audi Q7. Ein ihm oft ins Jagdrevier gestellter VW Touareg misst 25 Zentimeter weniger in der Länge und verfügt auch nur über fünf Sitze. Der 5,04 Meter lange und zwei Meter breite Ford bietet derer sieben. Ohne weiter auf einen Vergleich zwischen Audi Q7 und Ford Explorer eingehen zu wollen, sollte aber eines klar sein: Der Deutsche Premium-SUV beginnt als Benziner bei 62.900 Euro, der Amerikaner bei rund der Hälfte.

Platz ohne Ende

Natürlich werden bei solchen Summen schnell die Karten der über die Grenzen hinaus bekannten Qualitätsanmutungen und Fahrdynamikvorteilen der deutschen Premiummarken auf den Tisch gelegt. Befindet sich dieser Tisch allerdings in den USA, werden diese Joker auf dem nächsten Grill vernichtet. Denn in puncto Verarbeitungs- oder Materialqualität braucht sich Ford seit einigen Jahren nicht mehr vor der deutschen Konkurrenz zu verstecken. Und die Fahrdynamik geht den Amerikanern schlicht am etwas zu hart gefederten Popometer vorbei. Was bringt eine Höchstgeschwindigkeit von über 130 Kilometern pro Stunde in einem Tempolimit-Land? Genau: nichts. Dabei würde sich dort niemand darüber beklagen, dass der 2,2 Tonnen-Gigant zu schnell den nur 71 Liter großen Tank leersaugt – solange im farbenfrohen Prospekt in diesem Punkt nicht allzu utopische Verbrauchswerte stehen. Bei 40 Euro-Cent pro Liter spielt das gute Liter-Dutzend auf 100 Kilometer also auch keine Rolle mehr. Was nicht heißen soll, dass diese Umwelteinstellung zu begrüßen ist. Für die meisten Autokäufer erweitert diese Tatsache aber schlicht weg die Fahrzeug-Auswahl.

Fällt die Wahl auf den Explorer mit 20 Zoll großen und 255 Millimeter breiten Reifen darf es auch gern der 370 PS starke und 3,5 Liter große V6-Ecoboost-Benzinmotor sein. Seine 475 Newtonmeter bringt er bei Bedarf über alle vier Räder auf die Straße. Was erstaunt ist, dass er das mit einer überraschen frischen Leichtigkeit gepaart mit einem angemessenen Sechszylinder-Klang macht. Wird er zudem noch bis unters Dach beladen, fällt die Federung auch gar nicht mehr ganz so hart aus. Faszinierend an dem in Chicago gefertigten Ford ist aber auch genau diese Lademöglichkeit. In nüchternen Zahlen ausgedrückt bedeutet dies ab der ersten Reihe 2.313 Liter, aber der zweiten Reihe 1.243 Liter und hinter der dritten Sitzreihe 595 Liter. An dieser Stelle sei nochmals ein Vergleich erlaubt. Ein nur zehn Zentimeter kürzerer Audi A6 Avant oder auch ein BMW 5er Touring verfügen über rund 560 Liter im normalen Zustand. Die Frage, warum die Amis nicht auf Kombis, sondern auf SUV stehen, dürfte damit klar sein.

Ein hohes Ladevolumen, was nicht ohne eine gewisse Größe einhergeht und die SUV-typisch hohe und dadurch angenehm zu erreichende Sitzposition bieten natürlich weitere Angriffspunkte. “In Deutschland machen so große Karren doch überhaupt keinen Sinn. So ein Dickschiff einzuparken schafft doch keiner”, sind noch die harmlosesten Vorurteile von Personen, die sich entweder kein solches Dickschiff leisten können oder sich nicht einmal die Mühe machen, sich über dieses Einparkmonster genauer zu informieren. Denn wer auf der Brücke der MS Explorer die Befehlsgewalt innehat, lässt einfach ein- und auch wieder ausparken. Dass er durch die pure Masse und die nicht gerade parkhauskompatiblen Abmessungen mehr für die amerikanischen Straßen- und Parkplatzverhältnisse ausgelegt ist, geschenkt. Aber nicht jeder muss mit seinem Erstwagen zum Shoppen in die City schippern. Bei Überlandfahrten und langen Reisen wird sich aber niemand in ein anderes Fahrzeug wünschen. Und wer wirklich mal in die Stadt muss, für solche Fälle kommt in Deutschland in Kürze der Edge auf den Markt. Doch auch an seinem großen Stahlkleid werden noch genug Stammtisch-Thesen einschlagen. Warum? Diesen Fall können wahrscheinlich nicht einmal Mulder und Scully lösen.

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