Wie kann man seinen 50. Geburtstag besser feiern, als mit einem spektakulären Sportwagen? Und wenn Daimlers Submarke AMG feiert, dann ist es mit einem normalen Boliden kaum getan. Und Tatatata – das steht er: der Project One. So ganz neu ist die Idee, Formel-1-Hightech in ein Straßenauto zu implementieren, nicht. Immer wieder liefen Klein- und Kleinstentwicklungen nach Jahren harter Rennerprobung Schritt für Schritt in die Serie über. Motor, Getriebe, Fahrwerk und Fertigungsverfahren – viele Module, die heute in Serienautos arbeiten, stammen aus Boliden, die in der Formel-1 oder in der Le-Mans-Serie zunächst Motorsportfans begeistern konnten. Mercedes und sein sportlicher Markenableger AMG gehen anlässlich des 50. Geburtstags einen Schritt weiter. Denn große Teile der Antriebstechnik des 2015er Formel-1-Rennwagens ihres Mercedes-AMG-Petronas Formel-1-Teams finden sich in dem Project One wieder; einem Straßenrennwagen, mit dem die Schwaben ihren 50. Geburtstag offiziell krönen. Die Weltpremiere der mehr als seriennahen Studie findet auf der Frankfurter IAA statt.

„Motorsport ist für uns kein Selbstzweck. Unter maximalem Wettbewerb entwickeln wir Technologien, von denen später auch unsere Serienfahrzeuge profitieren“, sagt Daimler-Chef Dieter Zetsche, „Erfahrungen und Erfolge aus drei Konstrukteurs- und Fahrer-Weltmeisterschaften nutzen wir jetzt, um Formel 1-Technologie erstmals auf die Straße zu bringen: im Mercedes AMG Project One.“ Potenzielle Kunden bekamen Hülle und Technik des Fahrzeugs jedoch bereits rund um den Genfer Salon im März 2017 gezeigt. Alle 275 Fahrzeuge sollen bereits verkauft sein.

Angetrieben wird der teuerste Serien-Mercedes aller Zeiten von einem 1,6 Liter großen V6-Turbobenziner, der von vier Elektromotoren kraftvoll unterstützt wird. Ein einzelner Turbo mit rund 90 Kilowatt treibt dabei das Verdichterrad an, dass Turbolöcher beim Anfahren oder Lastwechseln stopft, bevor diese aufreißen können.

Gewamtleistung von rund 1200 PS

Er nutzt einen Teil der überschüssigen Energie aus dem Abgasstrom, um als Generator elektrische Energie zu erzeugen und diese entweder per Rekuperation in der Hochvolt-Lithium-Ionen-Batterie zu speichern oder als zusätzlichen Vortrieb einem weiteren Elektromotor zuzuführen. Dieser leistet 120 kW, ist direkt am Verbrennungsmotor positioniert und über einen Stirnradantrieb mit der Kurbelwelle verbunden. Zusätzlich wird das Project One durch zwei zusätzliche Elektromotoren an der Vorderachse zum agilen Allradler. Pro Rad leisten die Elektromodule jeweils weitere 120 kW / 163 PS, die aus dem Stand verfügbar sind. Sie sind mit je einem Untersetzungsgetriebe mit den Vorderrädern verbunden. Die rein elektrisch angetriebene Vorderachse wird das individuelle Beschleunigen und Abbremsen jeweils radselektiv und damit eine individuelle Drehmomentverteilung für besonders hohe Fahrdynamik per „Torque Vectoring“ ermöglichen. Die Gesamtleistung des Mercedes AMG Project One dürfte somit bei rund 1.200 PS liegen. Die zu erwartende Höchstgeschwindigkeit: rund 370 km/h.

„Das Mercedes-AMG Project ONE ist das erste Formel 1-Auto mit Straßenzulassung. Unser hocheffizientes Hybrid-Aggregat aus dem Motorsport und die elektrifizierte Vorderachse sorgen für eine faszinierende Mischung aus Performance und Effizienz. Mit über 1.000 PS Systemleistung und mehr als 350 km/h Höchstgeschwindigkeit fährt dieses Hypercar genau so, wie es aussieht: atemberaubend“, sagt Daimler-Entwicklungsvorstand Ola Källenius. Völlig unüblich für ein Straßenauto ist die gigantische Maximaldrehzahl, die den digitalen Drehzahlmesser hinter dem Alcantara-Steuer auf bis zu 11.000 U/min klettern lässt. Heißt, dass auch die Leerlaufdrehzahl deutlich über den gewohnten 600 bis 1.200 U/min (je nach Betriebszustand) liegen dürfte. Wer seine Nachbarn zu früher oder später Stunde nicht mit dem brüllenden Klang des Boliden aus dem Schlaf reißen möchte, dem muss nicht bange sein. Eine Strecke von bis zu 25 Kilometern kann der Schwabe auf Knopfdruck rein elektrisch zurücklegen. Weitere Fahrprogramme lassen den Sportler nur mit dem Verbrenner oder mit allen Triebwerken bewegen. Das Hochleistungsbatteriepaket liegt flach verbaut hinter der der Vorderachse. Leicht erhöht darüber ein Quader für die hoch komplexe Leistungselektronik. Eine weitere Innovation ist die Hochspannung des Antriebssystems, die mit 800 Volt statt der üblichen 400 Volt arbeitet. Durch die höhere Spannungslage lassen sich Leitungsquerschnitte deutlich reduzieren und entsprechend Bauraum und Gewicht einsparen. Schalten kann der Pilot mit einem automatisierten Getriebe, das über acht Schaltstufen verfügt. Für eine entsprechende Doppelkupplung wären Motordrehzahl und Drehmoment deutlich zu hoch gewesen.

Marktstart für den Hypersportler Mercedes AMG Project One soll Ende 2018 / Anfang 2019 sein. Doch selbst zu einem erwarteten Verkaufspreis von 2,8 Millionen Euro heißt es schneller als schnell sein. Es sind nur 275 Fahrzeuge geplant. Geld verdienen lässt sich mit dem Sternenkreuzer für Daimler sicher nicht, doch AMG positioniert sich mehr denn je als echte Sportwagenmarke im Kreise von Porsche, Ferrari, Königsegg, Aston Martin, Bugatti und McLaren.

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