Hypersportler - wie das schon klingt. Als ob Supersportwagen nicht schon beeindruckend genug wäre. Doch wenn ein Autohersteller erstmals derart imposant Formel-1-Technik auf die Straße bringt, müssen Bezeichnungen eben neu erdacht werden. So ganz neu ist die Idee, Formel-1-Hightech in ein Straßenauto zu implementieren, nicht. Immer wieder liefen Klein- und Kleinstentwicklungen nach Jahren harter Rennerprobung Schritt für Schritt in die Serie über. Motor, Getriebe, Fahrwerk und Fertigungsverfahren - viele Module, die heute in Serienautos arbeiten, stammen aus Boliden, die in der Formel-1 oder in der Le-Mans-Serie zunächst Motorsportfans begeistern konnten. Mercedes und sein sportlicher Markenableger AMG gehen in diesem Jahr jedoch einen Schritt weiter. Denn große Teil der Antriebstechnik des 2015er Formel-1-Rennwagens ihres Mercedes-AMG-Petronas Formel-1-Teams finden sich in dem Project One wieder; einem Straßenrennwagen, mit dem die Schwaben ihren 50. Geburtstag offiziell krönen.
Offiziell enthüllt wird der spektakuläre Hypersportler auf der Frankfurter IAA Mitte September. Potenzielle Kunden bekamen die Hülle des Fahrzeugs jedoch bereits rund um den Genfer Salon im März 2017 gezeigt. Uns ließen einen die Affalterbacher bereits jetzt einmal unter die nach wie vor geheime Karosserie spicken, die sich unter dem markten Lufteinlass aus Kohlefaser bis knapp über die Fahrbahn spannt. Angetrieben wird der teuerste Serien-Mercedes aller Zeiten von einem 1,6 Liter großen V6-Turbobenziner, der von vier Elektromotoren kraftvoll unterstützt wird. Ein einzelner Turbo mit 80 Kilowatt treibt dabei das Verdichterrad an, dass Turbolöcher stopft, bevor diese aufreißen können. Zusätzlich zu aufgeladenem V6-Motor und hier zusätzlich angehängtem 80-kW-Turbo als Verdichter wird das Project One durch zwei zusätzliche Elektromotoren an der Vorderachse zum agilen Allradler. Pro Rad leisten die Elektromodule jeweils weitere 120 kW / 163 PS, die aus dem Stand verfügbar sind. Die Gesamtleistung des Mercedes AMG Project One dürfte somit bei rund 1.200 PS liegen. Die zu erwartende Höchstgeschwindigkeit: über 370 km/h.
Völlig unüblich für ein Straßenauto ist die gigantische Maximaldrehzahl, die den digitalen Drehzahlmesser hinter dem Alcantara-Steuer auf bis zu 11.000 U/min klettern lässt. Heißt, dass auch die Leerlaufdrehzahl deutlich über den gewohnten 600 bis 1.200 U/min (je nach Betriebszustand) liegen dürfte. Wer seine Nachbarn zu früher oder später Stunde nicht mit dem brüllenden Klang des Boliden aus dem Schlaf reißen möchte, dem muss nicht bange sein. Eine Strecke von bis zu 25 Kilometern kann der Schwabe auf Knopfdruck rein elektrisch zurücklegen. Weitere Fahrprogramme lassen den Sportler nur mit dem Verbrenner oder mit allen Triebwerken bewegen. Das Hochleistungsbatteriepaket liegt flach verbaut hinter der der Vorderachse. Leicht erhöht darüber ein Quader für die hoch komplexe Leistungselektronik. Schalten kann der Pilot mit einem automatisierten Getriebe, das über acht Schaltstufen verfügt. Für eine entsprechende Doppelkupplung wären Motordrehzahl und Drehmoment deutlich zu hoch gewesen.
Marktstart für den Hypersportler Mercedes AMG Project One soll Ende 2018 / Anfang 2019 sein. Doch selbst zu einem erwarteten Verkaufspreis von 2,8 Millionen Euro heißt es schneller als schnell sein. Es sind nur 275 Fahrzeuge geplant. Geld verdienen lässt sich mit dem Sternenkreuzer für Daimler sicher nicht, doch AMG positioniert sich mehr denn je als echte Sportwagenmarke im Kreise von Porsche, Ferrari, Königsegg, Aston Martin, Bugatti und McLaren.