Die Zeit rennt - das ist beileibe nichts Neues. Nirgendwo wird das deutlicher als bei der Technik. Die S-Klasse war beim Hybridantrieb der Pionier im Hause Mercedes: 2009 debütierte der S 400 mit einem 15 kW / 20 PS starken Elektromotor, der direkt am Sechszylinder-Verbrenner mit 205 kW / 279 PS ohne Trennkupplung angebracht war. Damals betrug der Normverbrauch 7,9 l/100 km und die rein elektrische Reichweite null Kilometer. Der Elektromotor sprang nur unterstützend ein und war nicht dazu auserkoren, die ganze Last des gut zwei Tonnen schweren Luxuskreuzers zu bewegen. Aus heutiger Sicht war der Hybridantrieb damals nicht mehr als ein ökologisches Feigenblatt, etwa so, als man mit dem großen Zeh in unbekanntes Gewässer vorfühlt.

Neun Jahre später sieht die Sache schon ganz anders aus. Der Mercedes S 560 e hat sich freigeschwommen. Statt einer Hybridlösung gibt es nun einen Plug-in-Hybriden, bei dem ein 270 kW / 367 PS starker Sechszylinder-Benziner mit einer 90 kW / 122 kW starken Elektromaschine kombiniert ist, was zu einer Systemleistung von 350 kW / 476 PS führt. Die elektrische Reichweite? Maximal 50 Kilometer. Den Verbrauch gibt Mercedes mit 2,6 l/100 km an beziehungsweise 20,2 Kilowattstunden beim Elektromotor. Bei den ersten Testfahrten waren es 4,1 l/100 km und 18,9 Kilowattstunden, die elektrische Antriebskraft reichte rund 37 Kilometer weit.

Auch wenn die Daten bereits den Fortschritt dokumentieren, zeigt sich die Stärke der elektrifizierten S-Klasse auf der Straße. Da der Elektromotor bis mehr als 130 km/h alleine den Dienst verrichtet, schwimmt man im Stadtverkehr mühelos im Verkehr mit. Dank der aufwendigen Dämmung ist es im Fahrzeug unglaublich leise, kein Motorengeräusch stört die Ruhe, lediglich das Abrollgeräusch der Reifen (leiser) und die hupende Ungeduld der anderen Autofahrer (lauter) dringen in den Innenraum. Dazu passt der Komfort durch die Luftfederung, mit der sich der Mercedes über den Asphalt bewegt. Immerhin bringt der elektrifizierte Antriebsstrang inklusive Nebenaggregate, wie etwa den Zuheizer, rund 300 Kilogramm auf die Waage und schraubt das Gesamtgewicht des Mercedes Flaggschiffs auf etwa 2,3 Tonnen. Nach rund fünf Stunden sind die 13,5-Kilowattstunden-Akkus wieder gefüllt, wenn sie an eine Haushaltssteckdose angeschlossen sind.

Sensorfusion

Auf Landstraßen und Autobahnen setzt sich das entspannte Vorankommen fort. Daran ist das maximale Systemdrehmoment von 700 Newtonmetern natürlich nicht ganz unbeteiligt. "Beim Benziner setzen wir den Elektromotor hauptsächlich zum Boosten, also zur Unterstützung ein", erklärt Torsten Eder, Leiter Powertrain. Innerhalb von fünf Sekunden wuchtet die Kraft der zwei Herzen die S-Klasse auf 100 km/h und schafft es weiter bis maximal 250 km/h. Auch wenn man sportlicher unterwegs ist, spürt man die Leistung des Mercedes S 560e nicht so unmittelbar wie bei anderen Fahrzeugen, die mit einem Benzinmotor an der 500 PS-Marke kratzen. Das Ganze geht geschmeidig vonstatten. Wenn man Gas gibt, meldet sich der Sechszylinder-Verbrenner zu Wort, lediglich beim Bremsen ist der Übergang bei langsameren Geschwindigkeiten von der rekuperierenden Verzögerung hin zur hydraulischen Bremsung nicht immer unmerklich.

Die Technik hat sich deutlich weiterentwickelt und nutzt die Vernetzung der Sensoren bestmöglich aus. Am besten, man schaltet auf "Hybrid" und überlässt dem System die Auswahl, welcher Betriebsmodus der geeignete ist. Dann entscheidet die Software, wann gesegelt, rekuperiert oder beschleunigt werden soll. Die Reaktion wird aufgrund der Daten gesteuert, die vom Navigationssystem (Streckenverlauf, Tempolimit), der Stereokamera oder auch dem Radar (Verkehrsfluss) kommen. "Eco Assistent" nennt sich der unsichtbare Chauffeur. Zum Beispiel wird dann so viel rekuperiert, dass der Fahrer nicht mehr bremsen muss, wenn das System langsamere Fahrzeuge voraus erkennt. Geht es zum Beispiel bergab, wird gesegelt und dann per Rekuperation auf die gesetzlich vorgegebene Höchstgeschwindigkeit verzögert. Will der Fahrer selbst bestimmen, wie das Auto agiert, steht ihm der Eco Assistent ebenfalls zur Seite. Dabei ist das Gaspedal ein wichtiges Medium: Ein spürbarer Druckpunkt signalisiert, wenn der Verbrenner zugeschaltet wird, genauso initiiert das System einen Gegendruck, wenn es am besten ist, vom Gas zu gehen, damit der Elektromotor das Kommando übernehmen kann.

Ansonsten fühlt man sich in der S-Klasse gewohnt wohl. Die Sitze sind bequem und Platz ist genug vorhanden. Nur beim Kofferraum müssen die Passagiere der Lithium-Ionen-Batterie Tribut zollen, dann das Volumen schrumpft auf 375 Liter. So viel Technik hat natürlich ihren Preis: Der Mercedes S 560e kostet mindestens 114.317,35 Euro. Zum Vergleich: Der Mercedes S 560 mit einem 345 kW / 469 PS Achtzylinder kostet 115.090,85 Euro.

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