Die Vierzylinder-Boxer schreit wie am Spieß! Das inbrünstige metallische Sägen und Kreischen prallt von den pittoresken Häuserfassaden im Herzen Salzburgs. Dort, wo sich die Schönen, Reichen, noch Reicheren und Kulturbeflissenen treffen, um den "Jedermann" zu sehen, ballert der Leichtbau-Bolide beim Stadt-Grand-Prix durch die Häuserschluchten. Unter 3.500 Umdrehungen tut sich nichts. Drehen, drehen und nochmals drehen, lautet die Devise. Der Vierzylinder sprotzelt, verschluckt sich, nur um dann kehlig-heißer weiter zu röhren.
Als wenn die Hitze des Triebwerks im Rücken des Fahrers, die den Innenraum grillt, nicht genug wäre, muss an dem großen Lenkrad noch richtig gearbeitet werden. Dafür belohnt einen der Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth mit kaum zu überbietender Fahrfreude. Trotz seines hohen Alters von rund 59 Jahren wieselt der Veteran fast leichtfüßig um die Ecken und der lange Schaltstelzen sorgt für die passenden Drehzahlen. Wir sitzen im Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth, bei dem der 1,6-Liter-Motor auf zwei Liter Hubraum aufgebohrt wurde und so rund 99 kW / 135 PS leistet. Eine optimierte Abgasanlage sorgt für eine bessere Durchblutung und Königswellen für die konstante Drehzahlfestigkeit. So jubelt der Vierzylinder-Boxer locker bis 8.500 U/min und feuerte den Porsche 356 an der Konkurrenz vorbei. Neben dem Antrieb spielte natürlich auch Carlo Abarths Expertise eine wichtige Rolle bei den Erfolgen des in die Jahre gekommen Sportwagens (immerhin wurde der Porsche 356 seit 1948 gebaut).
Allerdings hat diese Rennversion fast nichts mehr mit dem ursprünglichen Fahrzeug gemein. Der österreichisch-italienische Leichtbau-Experte schmiss alles aus dem Auto, was in den Verdacht stand, Gewicht zu verursachen: Die Dämmung flog raus (deswegen wandelt man immer am Hörsturz, wenn man den 356er Abarth ausdreht), im Cockpit befindet sich nur das Nötigste und die Insassen zwängen sich in einfache Plastik-Sitzschalen. Die Hülle besteht aus Aluminium und wurde von Hand bei den Karosseriespezialisten von Zagato zusammengebaut. Also wiegt der Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL nur noch 778 Kilogramm, war damit circa 120 Kilogramm leichter als der Normalo-Carrera und bis zu 220 km/h schnell. Die Abmessungen unterscheiden sich ebenfalls deutlich: Der Abart 356er ist 13 Zentimeter niedriger und kürzer sowie zwölf Zentimeter schmaler.
Eifersüchteleien
Auf dem Beifahrersitz freut sich Eberhard "Ebbs" Mahle über jeden Meter, den "sein" 356er zurücklegt. Der freundliche ältere Herr (86 Jahre!) mit den wachen Augen und dem verschmitzten Lächeln holte mit einem solchen Wagen etliche Siege. Trotzdem ärgert sich der Europa-Bergmeister von 1966 heute noch über das 1.000-Kilometer-Rennen auf der Nordschleife des Jahres 1961. Mahle fuhr mit dem grandios wirbelnden Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth nach über zwei Stunden eine Minute Vorsprung auf den Rest des Feldes heraus und übergab das Steuer an den Besitzer des Wagens. Nur hatte der am Vorabend des Rennens deutlich zu tief ins Glas geschaut, vertrödelte innerhalb kurzer Zeit den Vorsprung und hatte nach zwei von ihm gefahrenen Runden eine Minute Rückstand. Das Team reagierte sofort, holte das Auto zurück an die Box und zog den sichtlich angeschlagenen Piloten aus dem Fahrzeug. Leider eine Runde zu spät, Ebbs Mahle fuhr den Rest des Rennens wie der Teufel, schaffte aber nur noch den zweiten Platz. Auch im Jahr darauf war ein anderes Auto schneller. Dafür triumphierte die Zweiliter-Version 1961 bei der legendären Targa Florio und holte Klassensiege in Le Mans sowie die Europa-Bergmeisterschaften 1960 und 1961.
So strahlend die Siege des Porsche 356 B 2000 GS Carrera GTL Abarth auch heute noch klingen, die Geburt dieses legendären Sportwagens war von heftigen Wehen begleitet. Zunächst ging alles ganz reibungslos: Während der IAA 1959 trafen sich Ferry Porsche und sein Chef-Ingenieur Klaus von Rücker im Hotel "Frankfurter Hof", um mit Carlo Abarth die Zusammenarbeit zu besiegeln. Der gebürtige Wiener hatte damals schon einen exzellenten Ruf, wenn es darum ging, Automobilen ein paar Extra-Vitamine zu verpassen. Eigentlich war der Tuner auf Fiat und Simca spezialisiert, nahm den Auftrag aus Zuffenhausen jedoch freudestrahlend an.
Karl Abarth (so sein Geburtsname) war es gewohnt, autokratisch zu agieren und tat seine Meinung bisweilen auch lautstark kund. Es entwickelte sich eine Geschäftsposse mit Eifersüchteleien und Lieferproblemen. Aus der Hochzeit in Hessen wurde schnell eine Seifenoper voller Eifersüchteleien und Kompetenzgerangel, die auch als Skript für eine Vorabendserie herhalten könnte. Dennoch wurden 21 Modelle des Leichtbau-Renners gebaut, der sich seinen Platz in der Porsche-Walhalla verdiente.