Es gibt sie seit jeher, die Rennwagen mit Straßenzulassung. Ob aus Italien, den USA oder Deutschland - Autos, die ohne extra Umrüstung bei einem Rennen nicht nur teilnehmen, sondern es auch gewinnen könnten sind zwar teure Exoten, doch es gibt sie schon lange. Dies gilt auch für die RS-Familie aus dem Hause Porsche. Allerdings war noch nie zuvor ein straßenzugelassenes Fahrzeug in puncto Fahrleistung und Fahrwerksabstimmung so nah an einem Rennwagen positioniert wie nun die neue Heckantriebs-Rakete 911 GT3 RS. Für mindestens 195.137 Euro rollt ab sofort ein 520 PS starker Sportwagen auf die Straßen, der selbst bei gutem Wetter einer ruhigen und kompetenten Führung bedarf. Nur gut, dass Porsche das hauseigene PSM an Bord hat. Drei Buchstaben, die in der korrekten Reihenfolge für stets gute Laune sorgen. Denn das Porsche Stability Management bietet ein imaginäres, stetig vorhandenes Sicherungsnetz. Nach der Kurve zu früh am Gas? PSM! Beim Schaltvorgang ins Schwänzeln gekommen? PSM!

Schon der erste Kontakt mit dem auch in giftgrün erhältlichen Porsche 911 GT3 RS bietet Gänsehautmomente. Vor allem technikaffine Sportwagenfahrer werden sich kaum sattsehen können an dem aus 10.600 Einzelteilen bestehenden Zuffenhäuser. Da wären zum Beispiel die beiden großen Lufteinlässe auf der Motorhaube. "So ein vier Liter großer Sechszylinder-Boxer-Saugmotor braucht ja auch viel Luft", heißt es da gern mal neunmalklug. Das ist prinzipiell richtig, doch diese Löcher haben damit nichts zu tun. Denn die sogenannten NACAs führen die Luft nicht in den leistungsstärksten Sauger, der je einen Serien-Elfer angetrieben hat (und der immer noch im Heck sitzt), sondern zur Bremsanlage der Vorderräder ohne dabei den cw-Wert zu verschlechtern. Selbst die kleinste Sicke an der Außenhaut des über einen gewaltigen Heckflügel verfügenden Sportwagens dient entweder der Verbesserung der Belüftung oder der Aerodynamik. Lediglich die beiden Erhebungen im Dach bieten keinen wirklichen Mehrwert für Fahrer oder Beifahrer beziehungsweise der Luftführung. An dieser Stelle durften die Designer dem GT3 RS ihren Stempel aufdrücken.

Beim ersten Anlassen des 1.430 Kilogramm schweren 3,2 Sekunden-Sprinters wird klar: So laut und aggressiv wie der bellt, will der nicht nur Spielen. Auch, wenn die maximal erreichbare Geschwindigkeit von 312 Kilometern pro Stunde nur selten abgerufen werden kann, ist zu jedem Zeitpunkt offensichtlich, dass sie im Nu erreicht wäre. Was der GT3 RS allerdings noch besser kann, als stur geradeaus zu beschleunigen ist das Kurven-Fressen. Denn genau dann kommen die Vorteile eines Abtriebswagens erst so richtig zur Geltung. Kurvengeschwindigkeiten, die einen an allem, was er bislang über Traktion und die damit verbundene Physik gelernt hat, zweifeln lassen. Erst recht dann, wenn Profi-Rennfahrer wie Mark Webber oder Walter Röhrl einen auf eine Taxifahrt mitnehmen, wird auch aus dem stursten Atheisten ein Gläubiger. Während die 325 Millimeter breiten und 21 Zoll großen Hinterräder alles, was um sie herum gebaut wurde nach vorn peitschen möchte, versuchen die 265er-20 Zöller die Richtung vorzugeben.

Dass es nicht nur bei dem Versuch bleibt, liegt nicht zuletzt an der perfekt arbeitenden präzisen Lenkung. "Kugelgelenke - sogenannte Uniball-Lager - an allen Lenkern bieten eine nochmals höhere Präzision als übliche elastokinematische Lager. Vorn kommt eine McPherson-Federbeinachse mit Helper-Federn und einzeln an Längs- und Querlenkern aufgehängten Rädern zum Einsatz. Die Hinterachse ist als Mehrlenkerachse mit Helper-Federn ausgelegt. Die zusätzlichen Federn dienen zur Vorspannung und Sitzfixierung der Leichtbaufedern beim Ausfedern", verrät Porsche-Motorsportchef Frank-Steffen Walliser. Hinzu kommen deutlich höhere Federraten gegenüber dem Vorgängermodell. Sie entsprechen jetzt nahezu dem Nordschleifen-Set-up des Rennwagens Das Resultat ist deutlich erfahrbar. Der neue Porsche 911 GT3 RS will knallhart in Kurven hineingebremst und brachial aus ihnen herausbeschleunigt werden. Und dass die Schaltwippen angesichts des ebenfalls perfekt arbeitenden Siebengang-PDK fast schon Staub ansetzen, darf dem Piloten auch nur Recht sein. So macht Rennsport - oder besser Autofahren Spaß.

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