Wenige Tage nach der Weltpremiere der Elektro-Limousine EQS startet Mercedes-Benz nun mit der Produktion der Fahrzeuge in der Factory 56 am Standort Sindelfingen, wo im letztem Sommer die aktuelle S-Klasse an den Start ging. Mit dem Stromer hole man sich ein weiteres Highlight an den Standort und sende ein positives Signal für die Elektrofahrzeugfertigung in Deutschland, sagte der Standortverantwortliche und Leiter der Produktion im Mercedes-Benz Werk Sindelfingen, Michael Bauer, im Vorfeld der Produktionsstarts im Rahmen einer Journalistenrunde. "Der Anlauf des EQS markiert einen Höhepunkt unserer beispiellosen Elektro-Offensive in der Produktion. Im Jahr 2022 werden insgesamt acht Mercedes-EQ Elektrofahrzeuge an sieben Standorten auf drei Kontinenten produziert", ergänzt Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz AG, verantwortlich für Produktion und Supply Chain Management.

Die Produktion des EQS erfolgt vollflexibel auf einer Linie mit der S-Klasse als Limousine und Langversion sowie der Mercedes-Maybach S-Klasse. Die Fahrzeuge aus Sindelfingen sind dabei quasi Monolithen in der Produktpalette, denn sie werden hier für alle Weltmärkte produziert.

Alle Prozesse im Sindelfinger Werk basieren auf einer neuen, digitalen Infrastruktur. Herzstück der digitalisierten EQS-Produktion ist das Ökosystem MO360 - eine Familie von Softwareapplikationen, die durch gemeinsame Schnittstellen und einheitliche Benutzeroberflächen verbunden sind. Das System integriert Informationen aus rund 30 Mercedes-Benz Pkw-Werken weltweit. Maschinen und Anlagen in der Factory 56 sind miteinander und über das Werk hinaus vernetzt, der größte Teil ist Internet-of-Things (IoT)-fähig. Ein leistungsfähiges WLAN- und 5G-Mobilfunknetz ermöglicht Daimler zufolge die vollständige Digitalisierung der Fertigung.

Zwei TecLines vermeiden Fixpunkte in der Montage

Wie Produktionsvorstand Jörg Burzer betont, steigere das Ökosystem MO360 deutlich die Flexibilität in der Produktion. Diese Varianz-Möglichkeit sei ein Ziel bei der Integration des neuen Modells gewesen. Verfahren und Anlagen lassen sich in kürzester Zeit an unterschiedliche Antriebssysteme, Fahrzeugmodelle sowie den aktuellen Marktbedarf anpassen. Zwei so genannte TecLines erhöhen die Flexibilität, indem sie Fixpunkte in der Montage vermeiden. Einen neuen Standard habe man in Form der sogenannten Fullflex Marriage eingeführt. Die Fahrzeug-Hochzeit findet beim EQS respektive bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor an unterschiedlichen Stationen statt. Der modulare Aufbau helfe, große Umbauten und Produktionsunterbrechungen zu vermeiden, heißt es bei Daimler. Die Batteriesysteme für den EQS werden am nahegelegenen Mercedes-Benz Standort Stuttgart-Untertürkheim im Werksteil Hedelfingen gefertigt und in der Aggregate-Aufrüstung der Factory 56 für die Montage vorbereitet.

Der Standort bietet Vorstand Burzer zufolge größtmögliche Flexibilität für die Zukunft. Das Thema Elektroantrieb könne man mit dieser Aufstellung auch mit wenig Aufwand am Ende bis hin zu 100 Prozent EV spielen. Man sei letztlich nicht von hohen Volumina im konventionellen Antrieb abhängig. Burzer hob in mit Blick auf die Eröffnung der EQS-Fertigung zudem hervor, dass Automobilfertigung für Daimler nach wie vor ein "People Business" sei. Man wolle nicht, dass Maschinen Autos bauen, sondern dies durch Menschen erfolge, so Burzer. Wenn man über Digitalisierung rede, gehe es nicht in erster Linie um Automatisierung. So habe Daimler gerade mit Blick auf die Belegschaft darauf geachtet, die bisherige Mannschaft zu qualifizieren. In der Factory 56 arbeiten mehr als 1.500 Menschen an der Produktion des EQS sowie weiterer Modelle. Die Beschäftigten wurden Daimler zufolge vor dem Anlauf des EQS unter anderem im Umgang mit Hochvolttechnologie geschult. Die Tätigkeiten am Band seien so gestaltet, dass eine ausgewogene Life-Balance möglich sei. Alle Arbeitsschritte sind ergonomisch optimiert.

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