Ein Ford Ranger fährt durchs Gelände.

Ford präsentiert seine Fahrzeuge immer mehr abseits der Straße. (Bild: Ford)

Politisch korrekt ist diese Referenz natürlich nicht mehr und sozial akzeptiert erst recht nicht. Doch wenn man Christian Weingärtner über die Zukunft von Ford in Europa sprechen hört, dann kommt einem als erstes der Marlboro-Mann in den Sinn. Denn der geschäftsführende Direktor für Ford Deutschland, Österreich und Schweiz schwärmt von Freiheit und Abenteuer, von John Wayne und Steve McQueen und von ikonischen US-Marken, die bei uns allen politischen Verwerfungen der letzten Trump-Jahre zum Trotz noch immer einen guten Klang haben: Coca-Cola, Levis Jeans, Burger von In’N’Out, McDonald’s & Co oder Sportmode von Patagonia und Peak Performance. „Wer an Amerika denkt, der hat sofort Bilder im Kopf von Roadtrips auf der Route 66 oder dem Highway Number One, von Bergtouren in den Rocky Mountains oder vom Surfen am Pazifik-Strand.“

Das Land hat für Weingärtner einen „Adventurous Spirit “, den sich auch Ford in Europa jetzt mehr zu Eigen machen will: Natürlich weiß auch der Chef am Rhein, dass die Amerikaner seit 1925 in Deutschland produzieren und in Köln & Co mittlerweile über 47 Millionen Fahrzeuge von den Bändern gerollt sind. „Wir haben also eine lange und erfolgreiche Tradition in Deutschland“, sagt der Managing Director. „Aber unsere Wurzeln liegen ganz klar in den USA und wir sind heute der größte verbliebene amerikanische Hersteller auf europäischem Boden“.  Das sei ein Pfund, mit dem Fords Konkurrenten nicht wuchern können, sagt Weingärnter und macht diesen American Way of Drive zum neuen Leitmotiv: „Wir wollen uns mit genau solchen Produkten platzieren, die positive Emotionen hervorrufen und die eben keine mehr oder weniger beliebig austauschbaren Allerweltautos sind“, sagt er im Marketingsprech, was man auch in drei Worten zusammenfassen könnte: Schluss mit der Langeweile.

Ford kann beim Volumen nicht mithalten

Mit dramatischen Konsequenzen. Denn um die neue Ausrichtung zu unterstreichen, setzt Weingärtner nicht nur auf den ewig jungen Mustang, der wie kein anderes Auto für diesen US-Spirit steht, stellt dem erfolgreichsten Sportwagen aller Zeiten mit dem rustikalen Geländewagen Bronco gleich noch einen Outdoor-Extremisten „Made in America“ zur Seite und schickt den neuen Ranger erst einmal als Raptor auf die Rallye-Piste, bevor der Pick-Up als schnödes Nutzfahrzeug an die Laderampen der Republik rollt. Sondern der 41 Jahre alte Österreicher streicht zugleich radikal die bisherige Modellpalette zusammen: Mehr als ein halbes Dutzend Autos hat Ford in den letzten Jahren bereits ohne Nachfolger aus dem Programm genommen und der Kahlschlag macht auch vor den Kernmodellen nicht Halt. Der Mondeo ist seit dem letzten Jahr Geschichte, der Fiesta läuft diesen Sommer ohne Nachfolger aus und im nächsten Jahr geht es sogar dem Focus an den Kragen.

So emotional die neue Strategie auch klingen mag, folgt sie natürlich ausgesprochen nüchternen Überlegungen und Weingärtner, der als Berater von Boston Consulting zu Ford kam, spricht sie erstaunlich offen aus. „Wir sehen sehr klar, dass wir uns mit den europäischen Volumenherstellern nicht messen können.“ Weder gegen die Marken des VW-Konzerns noch gegen die Stellantis-Familie habe Ford in den Kernsegmenten eine Chance auf nur ansatzweise ähnliche Stückzahlen und damit vergleichbare Renditen zu kommen. Und die Marktanteile geben ihm Recht: Während Ford in Europa im Pkw-Geschäft noch auf sechs Prozent kommt, hat Stellantis das letzte Jahr mit gut 20 und der VW-Konzern mit 25 Prozent abgeschlossen. „Auch wenn wir für unsere Autos die gleichen Preise erzielen, haben wir geringere Erträge, weil wir für unsere kleineren Volumina teurer einkaufen müssen.“

Das sei ein Spiel, bei dem Ford nur verlieren könne. Und weil sich Ford keine Verluste leisten kann, will sich Weingärnter nicht weiter mit der Konkurrenz messen, ausscheren aus dem Mainstream und sein Heil mit imageträchtigen Modellen in der Nische suchen: „Für mehr Charakter sind die Kunden auch bereit, ein wenig mehr zu zahlen. So erlösen wir höhere Preise und erreichen am Ende mehr Rendite“, rechnet er vor. Aber natürlich weiß auch Weingärtner, dass er mit einem breiten und erfolgreichen Nutzfahrzeugprogramm auf der einen und ein paar Nischenmodellen auf der Pkw-Seite allein nicht überleben und seine Händler bei Laune halten kann. Deshalb wird es auch bei Ford weiterhin Modelle für größere Volumen geben – die sich künftig allerdings dem Adventurous Sprit unterordnen müssen.

Erobern Pick-Ups den deutschen Markt?

Dafür wollen die Kölner ihr Modellprogramm auf vier Säulen stellen: Für die Extreme und damit eher fürs Image als für die Stückzahlen gibt es „Wild Performance“ mit dem konventionellen und dem elektrischen Mustang auf der einen und „Ultimate Outdoor“ mit Autos wie dem Bronco oder dem Raptor auf der anderen Seite. Und dazwischen will Weingärtner die massentauglichen Modelle in die Kategorien „Urban Escape“ und „Active Adventure“ sortieren, die dann natürlich alle elektrifiziert werden und spätestens ab 2030 nur noch vollelektrisch fahren. In die urbane Kategorie fallen Modelle wie der Puma, der Kuga oder der erste Stromer aus der MEB-Kooperation mit VW, in die zweite zum Beispiel der Explorer und das zweite, etwas größere MEB-Modell.

Zwar gilt die Neupositionierung vor allem dem Pkw-Geschäft. Doch so ein bisschen Adventurous Spirit hält womöglich bald auch bei den Nutzfahrzeugen Einzug. Auch wenn es offiziell noch immer niemand bestätigen mag, verdichten sich die Anzeichen, dass Ford die F-Serie, die seit über 40 Jahren den amerikanischen Pick-Up-Markt dominiert, bald auch zu uns bringt. Denn spätestens mit dem Debüt des elektrischen F-150 Lightning ist selbst ein Pritschenwagen politisch korrekt - und obendrein bis dato konkurrenzlos. Spätestens dann kann sogar der Marlboro-Mann von seinem Pferd steigen und sozial akzeptiert im Pick-Up durch die Prärie oder eben durch Paderborn kreuzen. Zur Not auch mit einer E-Zigarette.

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