Audi in China

In China möchte Audi mit zwei neuen Gesellschaft und einer zusätzlichen Marke aufholen. (Bild: Audi)

Um die neue Chinastrategie zu verstehen ist ein Blick auf die Unternehmensgeschichte und die Unternehmensstruktur von Audi China hilfreich. Das Reich der Mitte war für Audi 2023 mit 730.000 verkauften Fahrzeugen und einem Plus von 13,5 Prozent weit vor Deutschland mit 215.000 Einheiten größter Absatzmarkt. Audi hat dort gleich zwei Partner: den Automobilgiganten China FAW Group aus Nordchina und die SAIC Motor Corporation (SAIC) aus Shanghai. Diese gleichzeitige Kooperation mit Wettbewerbern ist in Chinas Autobranche nichts Ungewöhnliches und eines der Erfolgsgeheimnisse, welche der chinesischen Marktwirtschaft ihre Dynamik verleihen.

China ist nicht nur der größte Einzelmarkt für Audi, sondern auch die Region, in der die Transformation zur Elektromobilität und Digitalisierung weltweit am dynamischsten voranschreitet, erklärt Audis Vorstandsvorsitzender Gernot Döllner. „Unsere Aufstellung in China ist ein zentrales Handlungsfeld unserer ‚Audi Agenda‘, mit der wir das Unternehmen im verschärften globalen Wettbewerb zukunftsfest machen. Unser Ziel ist es, auch künftig eine führende Rolle im Premiummarkt in China zu spielen. Gemeinsam mit unseren beiden Partnern erweitern wir dafür mit einer großen Modellinitiative unser Produktportfolio. Mit FAW bringen wir unser globales Portfolio mit spezifischen Anpassungen nach China. Gleichzeitig entwickeln wir mit SAIC völlig neue, China-spezifische Modelle“, erklärte der Audi-Chef.

Audis ist ein Urgestein des chinesischen Marktes

Bei seinem Chinageschäft bringt Audi seine langjährige Erfahrung ein und weiß bei seinen neuen Projekten, wie Kooperationen in China funktionieren. Die Ingolstädter gründeten bereits 1988 mit FAW aus Changchun ein Joint Venture, das erste Werk eines ausländischen Produzenten in China für Oberklassefahrzeuge. Abnehmer waren damals hauptsächlich staatliche Institutionen. Audi war das typische Funktionärsauto für ältere männliche Nutzer. Jetzt sind die Autokäufer in China überwiegend private Kunden, im Schnitt etwa 20 Jahre jünger als in Deutschland, darunter viele Frauen.

2021 gründete Audi mit SAIC ein weiteres Joint Venture, was seinem Partner FAW zunächst nicht behagte. Doch Audi schärft edie unterschiedlichen Profile beider Unternehmen. Jetzt setzt Audi mit zwei neuen Gesellschaften auf smarte elektrische Fahrzeuge und verpasste sich in China ein frisches Image. Audi FAW hat dabei eher ein solides, etabliertes Flair und könnte auch für Exporte produzieren. Audi SAIC dürfte sich auf jüngere, technikaffine Erstkäufer in China konzentrieren. So gibt es Audi mit zwei Partnern jetzt viermal in China. Welche Rolle die beiden etablierten Gesellschaften zukünftig spielen, scheint noch nicht klar zu sein. Genau genommen ist allerdings nicht einmal die Zahl von vier Audi-Gesellschaften in China korrekt: Seit 2009 ist die Audi AG in Peking mit einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft, Audi China, vertreten. Das Unternehmen hat rund 600 Mitarbeiter und koordiniert die Kooperationen im Reich der Mitte, um wo möglich Synergien zu nutzen.

Audi und FAW setzen auf Elektrofahrzeuge

Mit den neuen Gesellschaften nimmt Audi den Wettlauf mit der erstarkten chinesischen Konkurrenz auf. „Die Audi FAW NEV Company übernimmt eine zentrale Rolle in der Elektrifizierungsstrategie von Audi für China. Es ist das erste Audi-Werk in China, das ausschließlich reine Elektroautos produziert“, so Helmut Stettner, CEO der Audi FAW NEV Company Ltd. bei der Unternehmensgründung im vergangenen November. Die Audi FAW NEV Company in Changchun ist das erste gemeinsame Unternehmen in China mit mehrheitlicher Audi-Beteiligung.

Bei der Messe Auto Guangzhou werden bereits erste Fahrzeuge präsentiert. FAW Audi verkündet dort, dass die „rein elektrischen vier Ringe“ zum Leuchten kommen. Bereits ab Mitte 2025 soll ein rein elektrisches Modell auf Basis der speziell für den chinesischen Markt entwickelten Premium Platform Electric (PPE) auf den Markt kommen. Das erste Modell ist der Audi Q6L E-Tron. Darüber hinaus wurde auf der Guangzhou Motor Show eine neue Generation lokaler Modelle auf Basis der Luxusfahrzeugplattform PPC (Premium Platform Combustion) vorgestellt, darunter die neue Audi A5-Familie.

Audi und SAIC müssen umlenken

Mit seinem zweiten Partner in Shanghai kann Audi die Kompetenzen von Chinas größtem Automobilcluster nutzen. Doch gingen die Absatzzahlen von SAIC Audi dieses Jahr stark zurück. Da in China bereits mehr als die Hälfte aller verkauften Fahrzeuge über alternative Antriebe verfügen und dort dieses Jahr bereits über zehn Millionen abgesetzt wurden, ist eine schnelle Modellanpassung dringend notwendig. Auch in Shanghai soll eine neue Gesellschaft das Steuer umlenken.

SAIC und Audi haben im April einen Kooperationsvertrag für eine neue Elektroauto-Gesellschaft unterzeichnet. Getreu des berühmten "Chinaspeed" waren die Konzeptfahrzeuge in Shanghai und Guangzhou bereits zu sehen. Nächstes Jahr sollen erste Fahrzeuge auf den Markt kommen. Mit der gemeinsam entwickelten Advanced Digitized Platform und dem Bau einer neuen Generation intelligenter, vernetzter High-End-Modelle entstehen speziell für den chinesischen Markt entworfene smarte Elektrofahrzeuge. Und speziell für China wird dies eine neue Marke - ohne die vier Ringe.

Audi E Concept gibt ersten Ausblick

Audi und SAIC stellten im November wenige Tage vor der Auto Guangzhou gemeinsam in Shanghai das Audi E Concept vor. Von Audi kommen das Design und die Mechanik, während SAIC die Elektrifizierung und digitale Funktionen beiträgt.

„Die gemeinsam entwickelte intelligente digitale Plattform hat den Grundstein für unsere neue Marke Audi gelegt, um eine neue Generation fortschrittlicher intelligenter, vernetzter Autos für chinesische Nutzer zu schaffen. Mit den kommenden Modellen werden wir eine neue Kundengruppe mit breiteren Perspektiven und höheren Ansprüchen ansprechen. Wir werden die Produktpalette von Audi in China weiter ausbauen und unsere Transformation im größten Markt der Welt beschleunigen", so Döllner.

Johannes Roscheck, Präsident von Audi China, erläutert, wie dies für eine beschleunigte Entwicklung gemanagt wird: „Für unsere neue Kooperation mit SAIC wurde in Shanghai ein Projekthaus eingerichtet." Zu dieser Einrichtung gehören Mitglieder von Audi, SAIC und SAIC VW, die über alle Zeitzonen in China und Deutschland hinweg tätig sind, um effiziente Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse zu gewährleisten. „Indem wir 24 Stunden am Tag voll ausnutzen, steigern wir die Effizienz unserer Prozesse und verbessern sowohl Geschwindigkeit als auch Qualität“, so Roscheck.

Mit der neuen Strategie möchte Audi auch zukünftig in China erfolgreich und profitabel sein. Chinesische Konzerne haben stark aufgeholt und nutzen Netzwerke in unterschiedlichen Kooperationen sowie eine Mehrmarken-Strategie. Dies macht jetzt auch Audi.

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