AUTOMOBIL PRODUKTION: Herr Hendriks, es müssten nun goldene Zeiten für Interieur-Unternehmen anbrechen. Im Designbereich war der Innenraum bislang eher ein bisschen das Stiefkind. Mit dem Aufkommen des autonomen Fahrens werden die Karten jetzt neu gemischt…
Das sehen wir auch so. Wir erleben gerade den Beginn eines Jahrzehnts, wo es im Automobil-Innenraum mehr Veränderungen geben wird als in den letzten 100 Jahren zusammen. Am Ende dieses begonnenen 10-Jahres-Zeitraums wird der Innenraum Nummer-1-Faktor bei der Kaufentscheidung sein.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Also wird das Prestige nicht mehr von außen definiert, was wichtiger wird, sind quasi die „inneren Werte“ eines Wagens?
Absolut. Natürlich wird das Außendesign weiterhin eine Rolle spielen. Aber der sichtbare Design-Unterschied, die Differenzierung wird über den Innenraum entstehen. Damit meine ich nicht nur die Formensprache im Innenraum, klassische Themen wie Material, Farben, Komfort, Bedien-elemente, sondern das komplette Innenraum-System, also auch die Einbindung digitaler Systeme, deren Bedienung und deren Funktionalität.
AUTOMOBIL PRODUKTION: Das bedeutet auch eine Erweiterung des Themas Innenraum weit über die Gestaltung hinaus. Wo sehen Sie die Herausforderungen auf dem Weg zur Zukunft des Innenraums?
Wir haben die Ziele unserer Zukunftsstrategie unter dem Statement „Better Life on Board“ zusammengefasst. Lassen Sie mich anhand von produktbezogenen Themen erläutern, was wir darunter verstehen. Zum einen ist da „Adaptive Interieurs“. Bislang ist es ja so, dass die Innenräume sehr statisch sind. Die Position der Sitze ist fixiert, die Mittelkonsole ist da, der Fahrer sitzt in dieser Position, der Beifahrer immer daneben. Mit „Adaptive Interieurs“ wird das neue Verhalten im Innenraum flexibler sein. Der Innenraum muss sich mitbewegen, der Fahrer sitzt nicht nur vorne, die Insassen wenden sich einander zu. Die Nutzer des Fahrzeugs nehmen mehr Sachen mit an Bord. Zum relaxen, lesen, arbeiten, spielen, essen. Das stellt ganz neue Anforderungen an den Innenraum auch im Hinblick auf das Raumgefühl, das Ambiente im Fahrzeug und die Beleuchtung. Ein zweiter, ganz wichtiger Bereich ist, was wir „Functional Surfaces (funktionale Oberflächen)“ nennen. Bis jetzt haben wir immer Oberflächen entwickelt, die sich gut anfühlen, schön aussehen, aber eben nicht gerade intelligent sind...
AUTOMOBIL PRODUKTION: Jetzt bin ich gespannt, was eine weniger intelligente von einer intelligenten Oberfläche unterscheidet…
Wenn wir über „Functional Surfaces“ reden, dann meint das die nahtlose Integration von Funktionalitäten in unsere Oberflächen. Das ist beispielsweise die Integration von Displays in die Oberfläche, wobei die Displays sichtbar sind, wenn sie gebraucht werden, aber unsichtbar, wenn sie nicht gebraucht werden. Es sind aber auch antimikrobielle Eigenschaften gemeint oder das Beleuchten, Heizen und Kühlen des Innenraums, je nachdem wie er genutzt wird. Also Look, Feel and Function. Das dritte Thema ist etwas klassischer, das ist der Leichtbau. Das war schon in der Vergangenheit wichtig, wird aber mit der Elektromobilität noch wichtiger.