BMW: Neue Klasse aus den 60ern (im Hintergrund) und Neue Klasse ab 2026

München wird zu einer Heimat der Neuen Klasse. Bereits in den 60er-Jahren war sie hier beheimatet (Fahrzeug im Hintergrund), die neue Neue Klasse (vorn) geht ab 2026 an den Start (Bild: BMW Group)

Die Zahl beeindruckt: Exakt 2.555.341 Fahrzeuge konnte BMW im Jahr 2023 ausliefern. Einen Gutteil dieses Erfolgs steuerte der Stammsitz in München bei, an dem täglich rund 1.000 Automobile von den Bändern rollen. Neben den beliebten Modellen der 3er-Baureihe sind dies seit 2021 auch die vollelektrischen i4. Dass BMW Verbrenner, Hybride und reine BEV auf einer Linie beherrscht, ist nicht nur Strategie, sondern auch Philosophie. Denn schwarz-weiß will man beim OEM nicht denken: Beide Technologien sollen nicht separiert produziert werden, eine hohe sogenannte Abtauschflexibilität ist BMW wichtig.

Viele Märkte werden noch lange auf den fossilen Antrieb setzen, Antriebe sollen passend zum Bedarf umgesetzt werden. Diesem Credo des BMW-Chefs Oliver Zipse folgt auch das weltweite Produktionsnetzwerk des Herstellers, das Vorstand Milan Nedeljkovic verantwortet. „Allein im letzten Jahr sind sechs vollelektrische Modelle angelaufen, gleichzeitig haben wir einen Produktionsrekord erzielt. Damit zeigen wir in unserem Produktionsnetzwerk, dass wir liefern und gleichzeitig die Zukunft gestalten“, sagt der Produktionschef anlässlich eines Presse-Events im Stammwerk.

Flexibilität und Historie treffen in München aufeinander

Trotz dieser Abtauschflexibilität in den Werken, die alle Antriebsarten auf einem Band zulässt, wird München ab 2027 keine Verbrenner mehr herstellen. Ein Grund dafür ist der Launch der Neuen Klasse, die mit zahlreichen Derivaten eine neue Ära einläuten soll - wie bereits in den 60ern die neuen Mittelklassefahrzeuge. Diese hörten bald nach ihrer Präsentation im Jahre 1962 auf diese Bezeichnung. Die urbane Lage der Fertigung lässt zudem keine nennenswerte Ausdehnung in der Fläche zu. München bedarf der cleveren Nutzung des relativ knappen Raums, vor allem mit Konzepten, die Fläche über mehrere Stockwerke schaffen – dies aber in einer Art, die der modernen städtischen Architektur entspricht und sich einpasst.

Solche Metamorphosen hat München in seiner über hundertjährigen Geschichte schon mehrfach erlebt. Die Motoren mit fossilem Footprint, die hier eine 70 Jahre währende Tradition haben, werden fortan in Hams-Hall in Großbritannien sowie in Steyr, Österreich, produziert. Derweil wird hier in München parallel zur laufenden Fertigung die komplette Infrastruktur für die neuen elektrischen Automobile der Neuen Klasse gelegt, die zunächst in einer Limousinen-Version ab 2026 startet und auch aus dem neuen Werk Debrecen in Ungarn kommen wird.

Das BMW Stammwerk folgt den Grundsätzen der iFactory

Für diese Metamorphose nimmt der OEM 650 Millionen Euro in die Hand und schafft in München die Infrastruktur für die Kernwertschöpfung der Autos. So werden in der bayerischen Landeshauptstadt etwa ein komplett neuer Karosseriebau wie auch eine neue Montagehalle aufgestellt. Diese Botschaft verkündet Produktionsvorstand Milan Nedeljkovic gemeinsam mit Werkleiter Peter Weber gegenüber der Presse nicht ohne Grund in der Halle 140. Am Standort steht diese Ziffer nämlich für den Motorenbau. Der Komplex wird nun zügig rückgebaut und weicht einer neuen Montage, die man nach modernsten Kriterien hochzieht.

Die Produktion der Fahrzeuge wird den Grundsätzen der iFactory folgen, die kein Musterwerk, sondern eher ein Masterplan für allen Fabriken im Produktionsnetzwerk ist. Als wichtiger Baustein zählt hierzu eine umfassende Digitalisierung. Dieser folgt dem OEM zufolge einem ganzheitlichen Ansatz im Zusammenspiel von Menschen, Prozessen und Systemen im Rahmen dreier technologischer Stoßrichtungen: Data Science, Künstliche Intelligenz und Virtualisierung. Bereits heute verfüge man über 70 KI-Anwendungen, etwa im Rahmen sogenannter Quality Gates, wobei man auf Standardsysteme zurückgreife, sagt Peter Weber.

BMW will alle Mitarbeiter mitnehmen

Die gesamte Belegschaft, die hier nicht nur auf die Modelle der Baureihe 3er und i4, sondern auch auf die prestigeträchtigen Reihen-Sechszylinder oder V8-Motoren stolz ist, habe man intensiv informiert, geschult und ihnen Perspektiven für Aufgaben gegeben – entweder weiterhin im Werk oder in nahe gelegenen Standorten, sagt Vorstand Nedeljkovic. Werkleiter Weber ergänzt: „Wie schon in den 1960er Jahren legt wieder eine Neue Klasse den Grundstein dafür, dass sich unser Werk neu erfindet. Dass diese umfassende Transformation im laufenden Betrieb parallel zur aktuellen Produktion von rund 1.000 Fahrzeugen pro Tag geschieht, ist in München gelebte Praxis und basiert auf der herausragenden Leistung aller Mitarbeitenden.

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